Raylan (German Edition)
Einsatz würde sie immer herunterspielen. Ich würde zu gerne wissen, wie viel sie aus Harrys Geld schon gemacht hat.«
»Ich kann sie fragen«, sagte Boyd, »aber dafür müssen Sie schwören, Otis Culpepper in meiner Anwesenheit nie wieder zu erwähnen.«
Carol nahm einen Schluck von ihrem Wein.
»Warum macht dich das eigentlich so nervös?«
»Weil alle denken, ich bin der, der ihn erschossen hat. Dabei besitze ich noch nicht mal eine Waffe.«
»Wir sagen doch allen, dass es eine registrierte Waffe war«, sagte Carol, »die ich dir gegeben habe, als wir merkten, dass Otis bewaffnet ist – nur für den Fall.«
Boyd starrte sie über den Tisch hinweg an.
»Wem genau sagen wir, dass die Waffe registriert war?«
»Den Marshals«, sagte Carol. »Einer von denen hat heute Morgen wieder angerufen.«
»Raylan?«
»Nein, ein gewisser Bill Nichols. Er schreibt einen Bericht und will sichergehen, dass alle Fakten stimmen.«
»Aber haben die Marshals denn nicht den Bericht vom Sheriff? Dem haben Sie doch bereits alles erzählt?«
»Die holen uns schon nicht. Nichols hatte mich gebeten, kurz bei ihm im Büro vorbeizuschauen, und ich hab’s vergessen«, sagte Carol. »Deswegen hat er heute Vormittag noch mal angerufen, und ich habe ihm gesagt, dass wir morgen kommen würden.«
»Da steckt dieser gottverdammte Raylan dahinter«, sagte Boyd.
Sechsundzwanzigstes Kapitel
A ls er zurück im Marshal-Büro von Lexington war, sagte Nichols Raylan, dass Jackie Nevada in der Bankraub-Sache keine Verdächtige mehr sei.
Raylan sagte: »Ist sie nie gewesen.«
»Hätte sie aber werden können. Fing ja schon damit an, dass sie bei einem Pokerspiel zwanzigtausend in den Sand gesetzt hat.«
»Und das soll ein Motiv sein? Wer beim Spielen Geld verliert, raubt Banken aus?«
»Die Polizei in Indianapolis hat angegeben, sie habe verzweifelt gewirkt.«
»Moment«, sagte Raylan. »Wer genau hat hier verzweifelt gewirkt?«
»Warum streiten wir uns eigentlich?«, sagte Nichols. »Wir haben ein fünfundzwanzigjähriges weißes Mädchen in Gewahrsam, das heute Vormittag mit einer Beute von etwas mehr als zweitausend Dollar und einer Farbbombe aus einer Bank auf der West Main Street gekommen ist. Sie öffnet die Tür, das Sicherheitspäckchen wird ausgelöst und markiert sie mit roter Farbe als Täterin.«
Raylan sagte: »Ist es eins der Mädchen von dem Überwachungsvideo?«
»Das, von dem die Polizei in Indianapolis felsenfest überzeugtwar, es sei Jackie Nevada. Sie sitzt in der Zelle und hat ausrichten lassen, sie sei nun bereit, mit uns zu reden. Klang, als hätte sie ihre Meinung geändert und wollte jetzt alles dem Typen anhängen, der sie dazu gebracht hat, Banken auszurauben.«
»Wissen wir schon, wer das ist?«
»Finden wir noch raus, oder?«
»Und wie heißt sie?«
»Laut Führerschein Jane Jones.«
»Habt ihr sie überprüft?«
»Zwei Fälle wegen Prostitution«, sagte Nichols. »Beide Male als Jane Jones. Ist von Beruf Stripperin.«
»Dann zieht sie sich also aus«, sagte Raylan, »wenn sie nicht gerade Banken überfällt.«
»Gut aussehendes junges Mädchen«, sagte Nichols. »Blond. Hätte nichts dagegen, sie mal auftreten zu sehen.«
Jane wurde hereingebracht und direkt gegenüber von Nichols platziert, der an seinem Schreibtisch saß, während Raylan sich auf einem Stuhl neben ihr niederließ. Er sagte: »Jane ...?« Mit ausdrucksloser Mine drehte sie sich zu ihm um, sie wirkte erschöpft. »Sie sehen gut aus, wenn man bedenkt, dass Sie eine Farbbombe abbekommen haben. Nur Ihr Gesicht ist noch ein bisschen rosa. Keine Farbe auf Jeans und T-Shirt.«
Sie sagte: »Sie sollten mal meine Regenjacke sehen. Die kann ich wegschmeißen. Ich hätte mir gern die Haare ausgebürstet, aber Sie hatten hier keine Bürste für mich.«
Raylan fragte sie, woher sie komme, und sie sagte, aus Kentucky.
»Aber nicht hier aus der Gegend«, sagte Raylan. »Ich glaube, ich höre bei Ihnen Letcher, vielleicht auch Perry County heraus. Habe ich recht?«
»Geboren bin ich in Hazard, wo ich gewohnt habe, bis ich endlich den Mut hatte zu gehen.«
Raylan grinste sie an: »Rauskommen. Raten Sie mal, wo ich herstamme. Aus Harlan County. Hab mich rausgearbeitet – und jetzt bin ich trotzdem wieder da gelandet, nur eben bei den Marshals.«
Jetzt kam auch von Jane der Anflug eines Lächelns. »Ausbrechen ist nicht einfach. Man muss sich gut überlegen, ob man wirklich wegwill. Und dann muss man’s durchziehen.«
»Ihr Vater«,
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