Reagans Satellit
das Bodenpersonal eilte hinaus. Der Etat reichte gerade für eine zweiköpfige Mannschaft – Pilot und Kopilot. Die Stewards blieben nicht an Bord. Unwichtiges Personal ständig mitzubefördern, wäre zu kostspielig gewesen.
Der Countdown lief. Regan wartete und schaukelte sich dabei in seinem Andruckpolster.
Der Start kam. Das Raumschiff dröhnte und taumelte empor.
Regan sah sich an seinen ersten Raumflug erinnert, eine Geschäftsreise zum Mond, die er an Bord eines alten Prunkstücks von Rakete getan hatte, die noch aus den 70er Jahren stammte. Damals hatte er jede Erschütterung bis ins Mark gespürt, und genauso war es jetzt. Nun, eine Fähre war kein Luxus-Raumer. Nicht für fünfzig Kröten je Ticket.
Der Andruck preßte ihn nieder. Fünf, sechs, sieben g. Sein Gesicht wurde plattgedrückt. Aber es dauerte nicht lange. Es wäre zu teuer gewesen und zu anstrengend für die Passagiere, würde man die Starts mit höheren Beschleunigungswerten durchführen. Schließlich handelte es sich bei den Passagieren nicht um trainierte Astronauten, sondern um normale Leute. Natürlich benötigten sie alle ärztliche Bescheinigungen, um eine Fähre benutzen zu können. Herzkranke und Menschen mit Herzschwächen würden die Weltausstellung nur aus der Ferne bewundern dürfen.
Als die Fähre die Kreisbahn erreichte, wurden die Triebwerke ausgeschaltet. Regan hatte sich an das Gefühl der Schwerelosigkeit schon gewöhnen können, aber beim Gedanken an die vielen Tausende, für die es eine völlig neue und verblüffende Erfahrung sein würde, lächelte er.
Sie trieben durch die Finsternis. Irgendwo in der Nähe hing der Satellit. Es gab kein Fenster – aus Sparsamkeitsgründen –, so daß Regan nichts anderes tun konnte, als sich zu entspannen und zu warten.
Der Flug währte wirklich nicht lange. Einen Satelliten in 50 000 Meilen Höhe zu erreichen, war heutzutage einfacher als von New York nach Boston zu fahren, eine Tatsache, die in der Werbung berücksichtigt werden mußte: daß es vom nächstgelegenen Raumhafen bis zur Weltausstellung bloß einen kurzen Flug erforderte.
Noch immer war keine Bewegung zu spüren. Schließlich kam sie – ein kurzer Ruck, als das Fährschiff seine Geschwindigkeit der des Satelliten anglich. Das Anlegemanöver beanspruchte die meiste Zeit. Die Luftschleuse der Fähre mußte mit der Schleuse des Satelliten hermetisch verbunden werden. Ein kniffliges Manöver, aber kein außergewöhnlich schwieriges. Und unter den gegebenen Umständen die einzige Methode, um den Besuchern Zutritt zur Weltausstellung zu gewähren. Aus eben den praktischen Gründen, die es unmöglich machten, alle Passagiere eines Düsenflugzeugs mit Fallschirmen zu versorgen, war es ausgeschlossen, daß man allen Ausstellungsbesuchern Raumanzüge zur Verfügung stellte und sie in ihrem Gebrauch ausbildete. Astronauten konnten sich in Raumanzüge hüllen und den Satelliten mittels einer Strickleiter betreten; alle anderen würden eine Schleusenverbindung benutzen müssen.
Endlich waren das Fährschiff und der Satellit aneinander gekoppelt. Die Schleusen öffneten sich. Erstmals setzte Claude Regan den Fuß in die Räume der 1992er Weltausstellung.
Sie beeindruckten ihn.
Er trat in ein hohes Gewölbe, dreieckig und hell erleuchtet. Weit entfernt, in der Mitte, sah er Arbeiter beim Schweißen; Funkenkaskaden sprühten. Noch weiter im Hintergrund schob man einen gigantischen Kran in Position.
Das Begrüßungskomitee eilte herbei.
Ein Brasilianer namens Castelanho schüttelte Regans Hand. »Sehr erfreut, Sie willkommen heißen zu dürfen, Senhor Faktorist. Hocherfreut!« Castelanho war der verantwortliche Chefkonstrukteur der Aero do Brasil. »Wir haben alles für Ihren Besuch vorbereitet«, erklärte er. »Ich weiß gar nicht, was ich Ihnen zuerst zeigen soll, Senhor Faktorist.«
Regan grinste freundlich. »Das spielt keine Rolle. Ich möchte alles sehen.«
*
Die Dinge, die es zu sehen gab, waren eine ausführliche Besichtigung wert. Selbst im halbfertigen oder noch weniger fortgeschrittenen Zustand der Anlagen ließ sich die endgültige Gestaltung der Weltausstellung bereits erahnen. Um eine größere Bodenfläche zu erhalten, hatte man den kugelförmigen Satelliten in mehrere Stockwerke unterteilt. Das Rufen und Schreien der Arbeiter verursachte in den riesigen Hohlräumen mächtige Echos. Überall hingen Kabel. Kräne glitten in majestätischer Behäbigkeit durch die Hallen.
Man spürte es nicht – oder
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