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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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sie. »Möchtest du ein Kaugummi?«
    Meine Klientin holte ein Päckchen Kaugummi aus ihrer Rocktasche und zog einen Streifen heraus. Ich wickelte ihn aus, kaute auf dem Pfefferminzding herum und steckte das Silberpapier in meine Hemdentasche. Kein Müll auf Nels Grab, obwohl Hanna es bestimmt zu gerne durcheinander gebracht hätte.
    Wir saßen kauend nebeneinander und dann sagte sie: »Ich bin froh, dass er tot ist.«
    »Aha.« Ich schwieg einen Moment. »Aber er war schließlich auch ein Mensch wie du und ich.«
    »Auch für ihn, meine ich«, fügte sie dann hinzu.
    »Aha.«
    Sie versuchte, es mir zu erklären. »Ich weiß jetzt, dass alles von Anfang an Teil seines Plans war. Aber in dem Moment, ich meine, als ich überfallen wurde, dachte ich nur daran, dass ich gleich sterben würde. Du kannst dir ja gar nicht vorstellen, wie das ist.«
    »O doch«, sagte ich.
    »Und wenn dann einer kommt …«
    »Du brauchst es mir nicht zu erklären«, sagte ich. Ich konnte ihre Verwirrung gut verstehen, diesen Zusammenprall entgegengesetzter Gefühle, für den man nicht einmal in der Pubertät sein musste und der mit dem eigenartigen Syndrom verwandt war, das ich bei Geiselnahmen erlebt hatte. Aber dennoch unterschied sich ihre Situation grundlegend von dem Stockholmsyndrom, denn für sie war es mehr gewesen als nur ein Tag voller Horror und Schmerzen und Dankbarkeit, weil der Geiselnehmer so barmherzig war, einen am Leben zu lassen. Dennis war ihr Retter gewesen, fürsorglich und hilfsbereit, er hatte Geschenke und neue Zukunftsperspektiven mitgebracht.
    Ich nahm das Kaugummi aus dem Mund und wickelte es in das Silberpapier. Meine Klientin hatte überlebt und würde erwachsen werden, ein bisschen früher als ihre Freundinnen vielleicht, weil sie noch eine Weile unter den Albträumen leiden würde, in denen ihr Retter und Feind sich vor ihren Augen das Gehirn rausschoss und anschließend zuckend vor ihren besudelten Füßen lag. Suzan hatte einen Nervenzusammenbruch erlitten und der Rest von uns war eifrig mit aufgeregtem Reden und Telefonieren und Protokollieren beschäftigt gewesen, nur Marcus hatte Rebecca sofort aufgeholfen und aus dem Chaos herausgebracht. Mitten auf der Weide musste sie sich übergeben und er hatte sie gestützt und zu einem Wasserhahn im Garten geführt.
    Lukas zwei hatte sich endlich hingelegt, den Kopf auf den Pfoten, den Schwanz an Nels Stein. Der Eichelhäher krächzte zweimal ungeduldig, doch er erhielt keine Antwort von dem verschwundenen Finken oder der Meise und flog selbst auch davon, ein rotgrauer Schatten, der aus der Zypresse huschte.
    Ich lächelte Nel zu, die Rebecca zu mir geführt hatte, weil sie wusste, dass wir uns gegenseitig helfen würden.
    Meine Klientin druckste eine Weile herum und fragte dann: »Hast du schon eine Rechnung geschrieben?«
    »Nein.«
    »Ich möchte dich aber gerne bezahlen.«
    »Das hast du schon getan.« Ich grinste. »Es geht mir nicht ums Geld. Der Weg ist das Ziel.«
    »Dann eben für unterwegs.«
    Wenn Hanna so geworden wäre, wäre ich ein glücklicher Vater gewesen. »Geh an die Uni, studiere. Steck das Geld in die Gärtnerei, oder habt ihr euren Plan etwa wieder aufgegeben?«
    »Nein.« Ihr war anzusehen, dass sie an etwas Schönes dachte. »Rob hat einen neuen Partner, einen aus der Band, Rutger, sie gehen zusammen zur Schule.«
    »Der Sänger?«
    Sie errötete ein wenig, aber es konnte auch an der Hitze liegen. »Sie wollen versuchen, Geld vom Staat zu kriegen, es gibt da besondere Startkredite für Jungunternehmer.«
    »Ihr bekommt das Geld von Dennis«, sagte ich.
    Sie reagierte abweisend. »Das brauchen wir nicht.«
    »Jetzt sei doch mal vernünftig«, sagte ich. »Seine Eltern sind seine Erben. Seine Mutter ist aber verschollen und sein Vater hat höchstens noch ein Jahr zu leben. Er braucht das Geld nicht. Sein Krankenpfleger hat ihm alles erklärt, und er will, dass ihr es bekommt, und der Mann hat Recht, das ist das Mindeste, was er für euch tun kann.«
    »Es ist schmutziges Geld«, wandte sie ein.
    »Nein. Es sind hundertfünfzigtausend Euro. Das ist zwar nicht die Welt, aber ihr könnt es gut gebrauchen. Es kann eine Weile dauern, weil man erst offiziell nach der Mutter suchen muss, aber ihr werdet es bekommen, so viel ist sicher. Du würdest es vielleicht lieber armen afrikanischen Kindern spenden, aber Rob denkt bestimmt nüchterner darüber. Bezahlt Halpers davon den Rest, den er noch von Suzan zu kriegen glaubt, das ist zwar widerlich, aber

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