Rebecca
untersucht. Es lag auf Sandboden. Ich habe den Taucher ausdrücklich deswegen befragt. Es hat das Riff gar nicht berührt. Das Riff befand sich gute fünf Fuß weit ab. Da, wo das Boot lag, war reiner Sandboden, und ich habe auch nicht die geringste Spur einer Beschädigung durch eine Felsspitze entdecken können.»
Er machte eine Pause. Der Vorsitzende sah ihn fragend an.
«Und?» sagte Mr. Horridge. «War das alles, was Sie uns sagen wollten?»
«Nein, Sir», erwiderte Tabb nachdrücklich, «keineswegs. Was ich jetzt wissen möchte, ist das: woher kommen die Löcher in dem Schiffsboden? Das Riff war es nicht, denn das war zu weit weg. Und außerdem sind es nicht solche Löcher, wie ein Anprall auf Steine sie verursacht. Nein, diese Löcher sind mit einem Brecheisen oder auch einem Bootshaken gemacht worden.»
Ich starrte vor mich auf den Fußboden. Warum sagte der Vorsitzende denn nichts? Warum dieses Schweigen? Als er endlich wieder sprach, klang seine Stimme wie aus weiter Ferne.
«Wie meinen Sie das?» fragte er. «Von welchen Löchern reden Sie?»
«Im ganzen sind es drei», erwiderte Tabb. «Eins vorne an der Steuerbordseite unter der Wasserlinie, die beiden anderen nebeneinander in der Mitte des Bootes unter den Fußplanken; und außerdem war der Ballast entfernt worden. Aber das ist noch nicht alles; die Flutventile waren nämlich aufgedreht.»
«Die Flutventile? Was ist denn das?» fragte der Vorsitzende.
«Das sind die Absperrhähne der Waschvorrichtung.
Mrs. de Winter hatte sich einen kleinen Waschraum im hinteren Teil der Kajüte einrichten lassen, und vorne war ein Küchenausguß; und an beiden Stellen befindet sich ein solcher Hahn. Unterwegs müssen diese Hähne immer wieder geschlossen werden, damit kein Wasser eindringt. Als ich das Boot gestern untersuchte, fand ich beide Hähne voll aufgedreht.»
Es war zum Ersticken heiß. Warum öffnete niemand ein Fenster? In dem kleinen Raum, in dem so viele Menschen saßen, war kaum noch Luft zum Atmen.
«Mit den Löchern in dem Bootskörper und den offenen Hähnen, Sir, mußte das Boot sehr schnell sinken. In höchstens zehn Minuten, schätze ich. Das Boot hat meine Werft in tadellosem Zustand verlassen, Sir. Mrs. de Winter und ich waren beide stolz darauf. Ich bin der Ansicht, daß das Boot gar nicht gekentert ist. Es ist mit Vorbedacht zum Sinken gebracht worden.»
Ich muß versuchen, hinauszukommen. Ich will wieder ins Wartezimmer gehen. Hier konnte man ja nicht atmen, und meine Nachbarin erdrückte mich fast … Vor mir hatte sich jemand erhoben, und ich hörte Stimmengewirr; alle sprachen durcheinander. Ich wußte nicht, was geschehen war, ich konnte nichts sehen. Es war so furchtbar heiß.
Der Vorsitzende verlangte Ruhe und sagte dann etwas von
‹Mr. de Winter›. Ich konnte nichts sehen. Ein Frauenhut versperrte mir die Sicht. Maxim stand jetzt auf. Ich wagte es nicht, ihn anzusehen. Ich durfte ihn nicht ansehen. Ich hatte schon einmal dieses Gefühl gehabt. Wann war das nur gewesen? Ich weiß nicht, ich kann mich nicht erinnern; doch, ja, es war neulich, als ich mit Mrs. Danvers oben am Fenster stand. Mrs. Danvers befand sich jetzt auch in diesem Raum und hörte auf das, was der Vorsitzende sagte. Da vorn stand Maxim. Die Hitze stieg vom Boden in stickigen Wellen zu mir auf. Sie berührte meine feuchten Hände, kroch mir in den Hals und legte sich auf mein Gesicht.
«Mr. de Winter, Sie haben die Aussage von Mr. Tabb, dem die Pflege des Bootes Ihrer verstorbenen Gattin anvertraut war, gehört. Wissen Sie etwas über diese Löcher in den Planken?»
«Nicht das geringste.»
«Können Sie sich erklären, wo die Löcher herrühren?»
«Nein, natürlich nicht.»
«Und Sie haben jetzt zum erstenmal davon gehört?»
«Das ist also ein schwerer Schock für Sie?»
«Es war schon ein großer Schock, als ich erfahren mußte, daß ich mich damals bei der Identifizierung geirrt habe; und jetzt muß ich hören, daß meine Frau nicht ertrank, weil das Boot kenterte, sondern weil es angebohrt war, daß es also absichtlich zum Sinken gebracht wurde. Und da fragen Sie noch, ob das ein schwerer Schock für mich ist?»
Nein, Maxim, nein. Nicht so. Du wirst ihn gegen dich aufbringen. Du hast doch gehört, was Frank sagte. Du darfst ihn nicht gegen dich einnehmen. Nicht den Ton, nicht diese zornige Stimme, Maxim. Er wird dich nicht verstehen. Bitte, Liebster, bitte! Lieber Gott, laß ihn nicht in Wut geraten, laß Maxim nicht wütend werden!
«Mr.
Weitere Kostenlose Bücher