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Rebecca

Rebecca

Titel: Rebecca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Du Maurier
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gedacht hatte, und ziemlich heiß und stickig. Ich hatte mir so etwas wie einen Kirchenraum vorgestellt, groß und kahl mit vielen Bankreihen. Maxim und Frank saßen ganz vorn. Der Vorsitzende war ein hagerer, ältlicher Mann mit einem Kneifer auf der Nase. Ich blickte mich unter gesenkten Lidern verstohlen um. Viele von den Anwesenden hatte ich noch nie gesehen. Plötzlich machte mein Herz einen Sprung, als mein Blick auf Mrs. Danvers fiel. Sie saß ziemlich weit hinten, und neben ihr saß Jack Favell, Rebeccas Vetter. Das Kinn in die Hand gestützt, beugte er sich vor und fixierte Mr. Horridge, den Vorsitzenden. Favell hatte ich hier nicht zu sehen erwartet. Ob Maxim wußte, daß er da war? James Tabb, der Bootsbauer, stand vor der
    Geschworenenbank, und der Vorsitzende richtete seine Fragen an ihn.
    «Ja, Sir», erwiderte Tabb. «Ich baute Mrs. de Winters Boot um. Ursprünglich war es ein französisches Fischerboot, das sie für einen Spottpreis in der Bretagne gekauft und mit nach England gebracht hatte. Sie gab mir den Auftrag, es in einen Kajütensegler umzubauen.»
    «Befand sich das Boot in einem seetüchtigen Zustand?» fragte der Vorsitzende.
    «So, wie ich es ihr letzten April ablieferte, ja», antwortete Tabb. «Mrs. de Winter legte das Boot wie gewöhnlich im vorhergehenden Oktober in meiner Werft auf Kiel, und im März erhielt ich dann wie stets den Auftrag, das Boot zu überholen, was ich denn auch tat. Es war bereits das vierte Jahr, daß Mrs. de Winter das Boot segelte, nachdem ich es umgebaut hatte.»
    «Ist Ihnen bekannt, ob das Boot schon jemals vorher gekentert ist?»
    «Nein, Sir. Und Mrs. de Winter hätte es mir bestimmt mitgeteilt, wenn etwas Derartiges vorgekommen wäre.
    Mir gegenüber äußerte sie sich immer nur begeistert über die Eigenschaften des Bootes.»
    «Ich nehme an, daß es für einen einzelnen nicht leicht zu segeln war.»
    «Nun ja, Sir, man muß schon seine fünf Sinne beisammen haben, wenn man auf offenem Meer segeln will, das ist wahr. Aber Mrs. de Winters Boot war nicht eine von diesen empfindlichen Nußschalen, die jede Sekunde einen anderen Handgriff erfordern. Nein, es war ein stabiles, wetterfestes Schiffchen, das eine gehörige Portion Wind vertragen kann. Mrs. de Winter war schon bei stürmischerem Wetter draußen gewesen als an jenem Unglücks-abend.
    Böig war es zwar, aber von Sturm keine Rede. Das habe ich schon damals immer gesagt, und deshalb hat es mich auch so gewundert, daß sie ausgerechnet bei einem solchen Wetter verunglückte.»
    «Aber wenn Mrs. de Winter, wie man annimmt, in die Kajüte gegangen war, um etwas zu holen, und eine plötzliche Bö von der Landseite her das Boot erfaßte, hätte das nicht das Boot zum Kentern bringen können?»
    James Tabb schüttelte den Kopf. «Nein», sagte er eigensinnig. «Ich halte das für ausgeschlossen.»
    «Es muß aber trotzdem so gewesen sein», sagte der Vorsitzende. «Ich glaube nicht, daß Mr.
    de Winter oder jemand von uns Ihrer Arbeit die Schuld an dem Unglück zu-schiebt. Sie haben das Boot im Frühjahr überholt und es intakt und seetüchtig abgeliefert. Das wollte ich nur wissen. Unglücklicherweise scheint Mrs. de Winter die nötige Vorsicht einen Augenblick lang außer acht gelassen zu haben und büßte, als das Schiff kenterte, ihr Leben ein.
    Solche Unglücksfälle sind nicht ungewöhnlich. Ich wiederhole noch einmal, daß Sie keine Schuld trifft.»
    «Entschuldigen Sie, Sir», sagte Tabb. «Das ist noch nicht alles. Wenn Sie erlauben, möchte ich noch eine Aussage machen.»
    «Bitte», sagte Mr. Horridge.
    «Es ist nämlich so, Sir. Nach dem Unglück äußerten sich einige Leute in Kerrith sehr abfällig über meine Arbeit. Man sagte mir nach, ich hätte Mrs. de Winter ein leckes Boot mit halb verfaulten Planken übergeben. Ich verlor sogar ein paar Kunden deswegen. Das war sehr unfair, aber das Boot war nun einmal gesunken, und was ich auch sagen mochte, beweisen konnte ich ja nichts. Dann strandete dieses Schiff, und Mrs. de Winters Boot wurde gefunden und gehoben. Gestern erlaubte mir Captain Searle, das Boot genauer zu untersuchen. Ich wollte mich nämlich überzeugen, daß meine Arbeit fehlerfrei gewesen war, obwohl das Boot ja schon über zwölf Monate auf dem Meeresboden gelegen hatte.»
    «Das war ein sehr begreiflicher Wunsch. Ich hoffe, die Untersuchung hat Sie befriedigt.»
    «Ja, Sir, das hat sie. Was meine Arbeit anbelangt, so ist das Boot in bester Ordnung. Ich habe jede Planke

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