Rebecca
sogar bestimmt, daß wir darauf verzichten können. Mr. de Winter und ich werden Ihnen jedenfalls deshalb noch Bescheid geben. Hier ist meine Karte.»
«Es freut mich wirklich, daß ich Ihnen von Nutzen sein konnte», entgegnete Doktor Baker.
«Ich hätte es mir natürlich nie träumen lassen, daß Mrs. de Winter und Mrs. Danvers ein und dieselbe Person gewesen sind.»
«Nein, natürlich nicht», sagte Oberst Julyan.
«Fahren Sie wieder nach London zurück?»
«Ja, ich denke doch.»
«Dann fahren Sie am besten gleich links am Briefkasten vorbei und halten sich dann rechts von der Kirche; von da ab ist es ein gerader Weg.»
«Danke schön, vielen Dank!»
Wir gingen in den Garten hinaus und auf unsere Wagen zu.
Doktor Baker zog den Terrier ins Haus zurück, und ich hörte, wie die Tür hinter uns ins Schloß fiel. Gegenüber auf der Straße begann ein Leierkastenmann mit einem Holzbein «Die letzte Rose» zu spielen.
27
Vor dem Wagen blieben wir stehen. Ein paar Minuten lang sagte niemand etwas. Oberst Julyan reichte sein Zigarettenetui herum. Favell war grau im Gesicht, und ich bemerkte, daß die Hand, die das Streichholz hielt, zitterte.
Der Leierkastenmann unterbrach sein Spielen und humpelte mit der Mütze in der Hand zu uns herüber. Maxim gab ihm zwei Shilling, dann humpelte der Mann wieder zurück und fing sein Gedudel von neuem an. Die Kirchturmuhr schlug sechs. Favell fing an zu sprechen. Er versuchte sich unbekümmert und gelassen zu geben, aber sein Gesicht verriet ihn. Er sah keinen von uns an, sondern blickte nur auf die Zigarette, die er zwischen seinen Fingern hin und her drehte. «Krebs», sagte er. «Weiß jemand von euch, ob es ansteckend ist?»
Niemand antwortete ihm. Oberst Julyan zuckte nur die Achseln.
«Das habe ich wirklich nicht ahnen können», sagte Favell, und sein Gesicht zuckte. «Daß sie es sogar vor Danny geheimgehalten hat! Was für eine gottverfluchte Geschichte, was? Kein Mensch wäre je darauf gekommen, so was bei Rebecca zu vermuten. Ist euch nicht auch nach einem Whisky? Ich fühle mich ganz geschlagen, das muß ich offen zugeben. Krebs! Mein Gott!»
Er lehnte sich gegen den Wagen und bedeckte seine Augen mit der Hand. «Sagt doch diesem verdammten Kerl da drüben, er soll sich mit seinem Dudelkasten weiterscheren», sagte er,
«ich halte den Höllenkrach nicht aus.»
«Wäre es nicht viel einfacher, wenn wir uns selbst davonmachten?» sagte Maxim. «Glaubst du, daß du mit deinem Wagen fertig wirst, oder soll Oberst Julyan für dich fahren?»
«Eine Sekunde, ich bin gleich wieder in Ordnung», murmelte Favell. «Ihr könnt das nicht verstehen. Die ganze Geschichte ist ein furchtbarer Schlag für mich gewesen.»
«Reißen Sie sich um Himmels willen zusammen, Mensch», sagte Oberst Julyan. «Wenn Sie eine Stärkung brauchen, dann gehen Sie wieder zurück und bitten Sie Baker darum. Er dürfte für Sie genau das richtige Mittel finden. Aber lassen Sie sich nicht mitten auf der Straße so gehen.»
«Ja, ihr habt’s gut, ihr seid fein raus», sagte Favell, während er sich aufrichtete und Maxim und den Oberst ansah.
«Ihr braucht euch keine grauen Haare mehr wachsen zu lassen. Max ist wieder ganz obenauf.
Sie haben jetzt Ihren Beweggrund, und Baker wird ihn Ihnen gratis schwarz auf weiß bestätigen, wann Sie nur wünschen. In Zukunft können Sie sich daraufhin als Ehrengast von Manderley betrachten und sich noch was darauf einbilden. Und Max wird Sie zweifellos bitten, bei seinem ersten Kind Pate zu stehen.»
«Wollen wir langsam an Aufbruch denken?» sagte Oberst Julyan zu Maxim. «Wir können uns ja noch unterwegs überlegen, was jetzt zu tun ist.»
Maxim öffnete den Wagenschlag, und Oberst Julyan stieg ein. Ich setzte mich wieder vorn auf meinen Platz.
Favell lehnte sich immer noch gegen den Wagen und rühr-te sich nicht vom Fleck. «Ich würde Ihnen raten, auf kürzestem Weg nach Hause zu fahren und sich hinzulegen», sagte Oberst Julyan kühl. «Und fahren Sie langsam, oder Sie landen noch wegen fahrlässiger Tötung im Gefängnis.
Und da ich Sie wohl so bald nicht wiedersehen werde, lassen Sie sich’s jetzt gleich gesagt sein, daß ich in meiner Eigenschaft als Polizeirichter über gewisse Machtmittel verfüge, die ich mich nicht anzuwenden scheue, wenn Sie sich in Kerrith und meinem Bezirk sehen lassen. Erpressung ist auf die Dauer kein einträglicher Beruf, Mr. Favell, und Sie werden sich wundern, was für einen kurzen Prozeß wir hier mit Leuten
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