Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg
Interessen in diesen Ländern, und alle gehen gleich vor. Und wenn alle zu Schurken werden, dann gibt es am Ende gewissermaßen keine Schurken mehr. Dieses Bild ist man doch irgendwann auch satt. Plötzlich müssen die Zeitungen auch über den unvorstellbar erfolgreichen und tüchtigen Geschäftsmann berichten.«
»Wie in Dokusoaps«, sagte Anna-Maria. »Zuerst gibt es da irgendwen, den alle mit wahrer Inbrunst hassen, und die Zeitungen schreiben darüber, wie Olinda ihre Mitbewerberinnen zum Weinen bringt, die Schlagzeilen schreien ›Hass-Schock-Angriff‹. Dann sind die Leute es plötzlich leid, sie zu hassen, und da ist sie auf einmal Madonna und keine Zicke mehr, das pure Powergirl.«
»Und sein Erfolg ist doch auch ein dankbares Thema, weil es eben ein solches Märchen ist«, sagte Rebecka. »Hat sein Vermögen aus dem Nichts aufgebaut. Hatte im Leben den denkbar schlechtesten Start. Und jetzt besitzt er ein Gut in Södermanland und ist mit einer Adligen verheiratet, Ebba von Uhr. Falls sie noch adlig ist, jetzt, da sie ihn geheiratet hat.«
»Ach«, sagte Anna-Maria. »Ist das Adelsgen nur auf männlicher Seite dominant? Kinder?«
»Zwei, zehn und zwölf.«
Anna-Maria lebte plötzlich auf.
»Wir überprüfen das Fahrzeugregister«, sagte sie. »Ich will wissen, was er für ein Auto fährt. Oder was für Autos.«
»Jetzt spielen wir nicht«, sagte Sven-Erik energisch und drehte sich aufmerksam zu Rebecka um. »Das mit dem Bergwerksbetrieb … wieso meinst du, das ist etwas anderes als der Handel mit Konzessionen für Probebohrungen?«
»Eine Grube zu betreiben erfordert ganz andere Dinge. Du musst die Umweltgesetze eines Landes kennen, seine Firmengesetzgebung, das Arbeitsrecht, Verwaltungsrecht, Steuerrecht …«
»Alles klar«, sagte Anna-Maria und hob abwehrend die Hand.
»In einzelnen Ländern gibt es dabei Probleme, weil das System nicht geschmeidig ist oder einfach nicht so funktioniert wie im Westen. Es gibt Probleme mit Gewerkschaften und Unternehmern, Probleme damit, von den Behörden Zulassungen zu bekommen, es ist schwierig, mit Korruption umzugehen, man hat nicht die nötigen Kontakte …«
»Was denn für Zulassungen?«
»Für alles. Für die Ausbeutung der Rohstoffvorkommen, für die Verunreinigung von Wasser, für Straßenbau, Hausbau … für alles, alles, alles. Du musst ganz andere Arten von Organisationen aufbauen. Und du hast die Verantwortung des Arbeitgebers. Du wirst … wie soll ich sagen … du wirst zu einem Teil der Gesellschaft des Landes, in dem du deine Tätigkeit aufnimmst. Und du entwickelst selbst eine Gesellschaft, um dein Bergwerk herum. In der Regel gibt es da doch nichts, du befindest dich irgendwo in einer Steinwüste oder in einem Dschungel. Und dann entsteht um deine Grube herum eine kleine Stadt. Familien. Kinder, die eigentlich in die Schule gehen müssen. Es ist interessant, dass er plötzlich zu dieser Sorte von Gründern wird …«
»Was waren Inna Wattrangs Aufgaben in der Gesellschaft?«, fragte Anna-Maria.
»Sie war in der Hauptgesellschaft angestellt, Kallis Mining, hat aber für die gesamte Gruppe gearbeitet. Saß in mehreren Vorständen. Juristin, und sie hat auch sehr viel Betriebswirtschaft studiert, aber ich habe nicht den Eindruck, dass sie mit firmenrechtlichen Fragen beschäftigt war, sie haben in der Muttergesellschaft einen kanadischen Juristen mit mehr als dreißig Jahren in der Bergwerks- und Ölbranche, und der befasst sich damit.«
»Sie war Juristin. Aber du hast sie nicht gekannt?«
»Nein, nein, sie war älter als ich, und jedes Jahr gibt es doch Hunderte von Studienanfängerinnen. Sie hat außerdem in Stockholm studiert. Und ich war in Uppsala.«
»Und was hat sie nun eigentlich gemacht?«, fragte Anna-Maria.
»Sie war für Unternehmenskontakte und Finanzierung zuständig.«
»Und was macht man da?«
»Okay, sagen wir, Mauri Kallis findet eine Gegend, wo er Konzessionen kaufen kann, also das Recht, Probebohrungen nach Gold oder Diamanten oder so vorzunehmen. Solche Probebohrungen können sehr viel kosten. Und da die Suche nach Diamanten ein Hochrisikoprojekt ist, kann es passieren, dass er an einem Tag sehr viel Geld hat und am nächsten kaum welches, und vielleicht kann er das nötige Kapital nicht freisetzen. Wie schon gesagt, im Prinzip gibt es auf der ganzen Welt keine Bank, die bereit wäre, für solche Unternehmungen Kredite zu gewähren. Also braucht er Investoren. Personen oder Investitionsgesellschaften, die Anteile
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