Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg
des Projekts kaufen. Ab und zu muss man dann reine Promotiontouren unternehmen und versuchen, seine Ideen zu vermarkten. Man muss in der Branche außerdem einen guten Ruf genießen. Sie hat ihm dabei geholfen, den aufzubauen, Goodwill, und sie hatte offenbar eine glückliche Hand für Finanzierungen. Ihr Bruder, Diddi Wattrang, hat sich ebenfalls mit Finanzierungen beschäftigt. Mauri Kallis selber konzentriert sich mehr auf das Kerngeschäft, er spürt interessante Projekte auf, verhandelt, trifft Abmachungen. Und in letzter Zeit ist eben die industrielle Seite dazugekommen, der Grubenbetrieb.«
»Ich wüsste ja gern, was das für einer ist«, sagte Anna-Maria und war plötzlich ein bisschen nervös, weil sie ihm in wenigen Stunden gegenüberstehen würde.
Hör doch auf, sagte sie sich dann. Er ist ja schließlich auch nur ein Mensch.
»Ich habe im Internet ein Interview mit ihm gefunden, seht euch das mal an«, sagte Rebecka. »Das ist gut. Inna Wattrang ist auch dabei. Über sie habe ich nicht so viele Informationen. Sie ist ja in Wirtschaftskreisen kein Promi, nicht so wie Kallis.«
DIE SENDUNG DAUERTE eine Stunde. Das Interview wurde im September 2004 gemacht. Malou von Sivers trifft Mauri Kallis. Malou von Sivers kann zufrieden sein. Sie wird vor der eigentlichen Sendung interviewt, und sie betont, wie zufrieden sie ist. Das gehört zur Marketingstrategie. Wir erfahren, dass TV4 das Interview an nicht weniger als zwölf ausländische Sender verkauft hat. Viele wollten Mauri Kallis schon interviewen, aber seit 1995 hat er sämtliche Anfragen abgelehnt.
Malou wird gefragt, warum er gerade bei ihr zugesagt hat. Das hat viele Ursachen, glaubt sie. Einerseits fühlte er sich sicher zu diesem Interview gedrängt, sein wachsender Bekanntheitsgrad verlangte das eben. Und auch, wenn man bewusst mehr sein als scheinen will, muss man doch ab und zu auch scheinen. Sonst kann man schließlich für lichtscheu gehalten werden. Außerdem wollte er ein schwedisches Interview. Sozusagen aus Solidarität mit seinem Heimatland.
Und Malou von Sivers erweist ihren Interviewpartnern Respekt, das hat sicher auch eine Rolle gespielt. »Ich weiß, dass er meint, dass ich immer gut vorbereitet und seriös bin«, sagt sie ganz offen. Der Journalist, der sie interviewt, fühlt sich von dieser Selbstsicherheit provoziert und fragt, ob die Tatsache, dass Malou eine Frau ist, auch eine Rolle gespielt habe. War es vielleicht eine taktische Entscheidung? Um dem unternehmerischen Goodwill einen weichen Aspekt hinzuzufügen? Die Bergwerksbranche gilt doch als männlich dominiert und ein wenig – wie soll man sagen … grob eben. Jetzt verstummt Malou von Sivers für eine Weile. Und sie lächelt auch nicht. »Es kann ja auch daran liegen, dass ich sehr gut bin«, sagt sie dann endlich.
Zu Beginn des Interviews sitzen Malou von Sivers und Inna Wattrang mit Inna Wattrangs Bruder Jacob »Diddi« Wattrang in einem Wohnzimmer auf dem Herrensitz Regla, der sich seit dreizehn Jahren im Besitz der Familie Kallis befindet.
Mauri Kallis kommt zu spät zum Interview, die Beech B200 der Gesellschaft konnte in Amsterdam nicht plangemäß starten. Malou von Sivers beginnt das Interview deshalb mit den beiden Geschwistern, das wird der Sendung eine schöne Dynamik geben.
Die Geschwister sitzen behaglich zurückgelehnt in ihren Sesseln. Beide tragen weiße Hemden mit aufgekrempelten Ärmeln und große Herrenuhren. Sie sehen einander sehr ähnlich, mit ihren markanten Nasen, dem hohen Nasenansatz zwischen den Augen und dem blonden Pagenkopf. Sie bewegen sich auch gleich, haben die gleiche Art, sich zerstreut den Pony aus den Augen zu streichen.
Rebecka musterte sie und dachte, dass ein leichtes, aber deutlich bemerkbares sinnliches Signal darin lag, diese Finger, die der Haarsträhne bis zur Spitze folgten. Auf dem Rückweg zu den Knien oder zur Armlehne des Sessels streiften die Fingerkuppen ganz schnell Kinn oder Mund.
Anna-Maria betrachtete diese Bewegungen und dachte, Teufel, wieso fummeln die sich die ganze Zeit im Gesicht rum wie die Junkies!
»Soll ich euch Kaffee holen, ehe ich losmuss?«, fragte Rebecka.
Sven-Erik Stålnacke und Anna-Maria Mella nickten, ihre Blicke waren auf den Bildschirm gerichtet.
Man sollte sich so eine Körpersprache zulegen, dachte Rebecka auf dem Weg zum Kaffeeautomaten. Das ist genau mein Problem. Keinerlei sinnliche Signale. Dann musste sie lächeln. Wenn sie sich vor Måns Wenngren so aufführte, würde
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