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Rebellen der Ewigkeit

Rebellen der Ewigkeit

Titel: Rebellen der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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Miteinander enthalten, durch das man immer daran erinnert wird, nicht allein auf der Welt zu sein.
    Willis besaß von Natur aus ein freundliches Wesen, und seine Freundlichkeit übertrug sich auf sein Gegenüber. So kam es, dass er in diesem Viertel, das nicht den besten Ruf genoss und in dem sich jede Menge zwielichtiger Elemente herumtrieben, keinerlei Probleme mit seiner Umwelt hatte. Man schien zu spüren, dass er jemand war, der keinem etwas Böses wollte. Und zu holen war bei ihm sowieso nichts.
    Mutter Franziska hatte Willis bei seinem Auszug aus dem Waisenhaus dabei geholfen, eine Basiseinrichtung für seine kleine Behausung zusammenzubekommen. Es war gerade das Notwendigste, das man zum Leben brauchte, aber für Willis, der lediglich ein Bett in einem Schlafsaal mit fünf anderen Jungen und einen kleinen Spind für seine persönlichen Habseligkeiten gewohnt war, stellten die Wohnung und die paar gebrauchten Möbel das Paradies dar.
    Er erreichte den sechsten Stock und klopfte an die Tür, neben der ein verkratztes Metallschild mit der Aufschrift Batterman Export befestigt war. Als auch nach dem zweiten Klopfen niemand öffnete, drückte er auf die Klinke. Die Tür war nicht verschlossen.
    Er stand in einem schäbigen kleinen Vorraum, der mit zwei wurmstichigen Stühlen und einem wackeligen Tischchen, auf dem ein paar zerfetzte Illustrierte lagen, möbliert war. Ihm gegenüber befand sich eine weitere Tür mit der Aufschrift Büro .
    Willis durchquerte den Warteraum und pochte an die Tür. Von drinnen hörte er eine Stimme etwas antworten, das er nicht genau verstehen konnte. Er zögerte kurz und trat dann ein.
    Ein alter Holzschreibtisch füllte den Raum fast zur Hälfte. Dahinter saß ein korpulenter Mann, auf dessen Glatze der Schweiß glänzte, obwohl die Temperaturen noch niedrig waren und ein Ventilator unter der Decke wohltuende Kühle spendete. Vor ihm lagen Stapel von mit Gummibändern zusammengehaltenen Akten, von denen einige geöffnet waren.
    Der Mann blickte kurz auf. »Kurierdienst?«, fragte er.
    Willis nickte.
    »Warten Sie draußen. Es dauert noch ein paar Minuten.«
    Damit wandte er sich wieder seinen Unterlagen zu. Willis schloss leise die Tür und hockte sich vorsichtig auf einen der beiden Stühle. Er hielt. Willis stellte die Füße zusammen, richtete den Oberkörper auf und schloss die Augen. Dann begann er mit seinen Atemübungen.
    Die Übungen waren etwas, das er vor ein paar Monaten für sich entdeckt hatte. Mit ihrer Hilfe konnte er an jedem Ort ohne große Mühe in eine Welt der Stille entfliehen, wenn ihm der Sinn danach stand. Obwohl er den Lärm und den Trubel liebte, hatte er diese ruhigen Momente schätzen gelernt, denn er hatte das Gefühl, sie gaben ihm Kraft und halfen ihm dabei, sein Leben zu bewältigen.
    Ein Geräusch schreckte ihn aus seiner Meditation auf. Die Tür zum Nebenraum hatte sich geöffnet und der korpulente Mann kam heraus. Das zu enge Hemd hing ihm aus der fleckigen grauen Hose, und seine Slipper sahen aus, als würden sie jeden Augenblick von seinen Füßen fallen. Der Mann winkte Willis ungeduldig zu sich hin. In der rechten Hand hielt er einen gepolsterten Briefumschlag, um den ein Gummiband geschlungen war.
    Willis erhob sich. Er hatte den Mann gerade erreicht, als er hörte, wie die Eingangstür hinter ihm aufflog. Der Dicke stockte für den Bruchteil einer Sekunde. Dann versetzte er Willis einen Stoß vor die Brust und knallte ihm die Bürotür vor der Nase zu.
    Willis drehte sich um. Zwei Männer kamen durch den Raum auf ihn zu. Sie schwitzten nicht und sahen auch nicht ungepflegt aus. Genau das Gegenteil: Für dieses Stadtviertel waren sie eindeutig zu gut gekleidet. Beide waren schlank, trugen maßgeschneiderte dunkle Anzüge und blank polierte schwarze Schuhe. Ihre Hemden leuchteten blütenweiß, und ihre Krawatten waren perfekt gebunden. Man hätte sie für Zwillinge halten können, denn sie waren nahezu identisch in Statur und Kleidung – bis auf die Haare. Der eine war blond mit Stoppelschnitt, der andere hatte seine langen schwarzen Haare nach hinten gegelt.
    Der Schwarzhaarige warf seinem Begleiter einen fragenden Blick zu, worauf der fast unmerklich den Kopf schüttelte.
    »Los, Junge, verzieh dich«, blaffte der Schwarzhaarige Willis an. Der ließ sich das nicht zweimal sagen. Er kannte diese Kategorie von Leuten vom Sehen und aus den Geschichten, die man sich über sie erzählte. Mit ihnen war nicht gut Kirschen essen, und es war besser,

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