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Rebellen der Ewigkeit

Rebellen der Ewigkeit

Titel: Rebellen der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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man ging ihnen aus dem Weg. Er drängte sich an den beiden Männern vorbei und nahm seine Kuriertasche, die neben dem Stuhl stand, auf dem er soeben noch gesessen und geträumt hatte. Mit zwei Schritten war er im Flur. Sofort schlug einer der beiden die Tür hinter ihm zu.
    Was Willis als Nächstes machte, überraschte ihn selbst: Anstatt nach unten nahm er die Treppe ins nächsthöhere Geschoss. Sobald er außer Sichtweite des Treppenabsatzes war, ließ er sich vorsichtig auf einer Treppenstufe nieder. Sein Herz klopfte, und er fragte sich, was er hier eigentlich wollte. Sich mit Kerlen wie diesen beiden anzulegen, war ganz sicher ungesund – und als Helden hatte er sich bislang noch nicht gesehen. Doch irgendeine innere Eingebung hatte ihn zu seiner Handlung getrieben. Nur welche, das war ihm nicht klar.
    Irgendwo schrie ein Kind hinter einer der Türen über ihm. Es übertönte sogar die laute Salsamusik, die aus einer der anderen Wohnungen drang.
    Willis hatte ein paar Minuten auf der Stufe gehockt, als er zwei gedämpfte Schüsse hörte. Er hatte keinerlei Zweifel, dass es Schüsse waren, denn das Geräusch war in diesem Stadtviertel nicht unbekannt. Er ahnte auch, woher sie kamen und wer sie abgegeben hatte. Nur wenige Sekunden später öffnete sich im Flur unter ihm eine Tür und zwei Personen liefen die Treppen hinab.
    Vorsichtig schob Willis seinen Kopf vor, bis er den Treppenabsatz unter sich überblicken konnte. Er war leer. Die Tür zu der Wohnung, aus der er vor wenigen Minuten gekommen war, stand offen.
    Er hörte, wie die Haustür geöffnet und wieder geschlossen wurde. Einen Augenblick verharrte er unschlüssig, dann gab er sich einen Ruck und sprang auf. Vor der Wohnungstür lauschte er noch einmal, ob das Treppenhaus auch tatsächlich verlassen war, bevor er den Vorraum durchquerte und das eigentliche Büro betrat, dessen Tür ebenfalls offen stand. Er vernahm ein leises Röcheln und stockte. Abermals horchte er, ob die beiden Männer wirklich nicht zurückkamen. Dann schlich er auf Zehenspitzen um den alten Schreibtisch herum.
    Dahinter lag der dicke Mann. Ein großer Blutfleck prangte auf seinem Hemd.
    Willis erstarrte. Er unterdrückte seinen ersten Reflex, nämlich kehrtzumachen und wegzulaufen. Das Röcheln vorhin hatte er sich nicht eingebildet, und wenn der Mann röcheln konnte, war er noch nicht tot und brauchte Hilfe.
    Aber wie sollte er ihm helfen? Er besaß keine medizinische Ausbildung, hatte nicht mal einen Erste-Hilfe-Kurs absolviert. Und selbst wenn er etwas mehr über lebensrettende Maßnahmen gewusst hätte: Das hier sah nicht danach aus, als sei es mit einem einfachen Handgriff aus der Welt zu schaffen. Der Mann lag im Sterben, das fühlte Willis, ohne zu wissen, woher er diese Gewissheit nahm.
    Plötzlich schlug der Mann die Augen auf und starrte Willis an. Seine Lippen versuchten ein Wort zu formen, das aber nur als leises Röcheln hervorkam. Willis warf erneut einen zweifelnden Blick zur Tür, bevor er sich zögernd zum Mund des Dicken herunterbeugte.
    Der Mann wiederholte das Wort. Es klang wie Treppe . Was mochte das bedeuten? Der Sterbende rollte seine Augen in Richtung Fenster. Noch einmal flüsterte er: »Treppe.« Dann stieß er einen gurgelnden Laut aus und sein Kopf fiel zur Seite.
    Willis wartete eine Minute, aber der Mann regte sich nicht mehr. Er bemerkte auch keine Bewegung des Brustkorbs, die auf Atmung hingedeutet hätte. Kurz überlegte er, ob er den Mann anstoßen sollte, ihn rütteln, um ihn so vielleicht wieder zu Bewusstsein zu bringen, aber die Vorstellung, einen Toten zu berühren, ekelte ihn, und er zog die bereits ausgestreckte Hand wieder zurück.
    Im Raum war es plötzlich unerträglich heiß geworden. Willis richtete sich auf und drehte sich zum Fenster. Draußen konnte er die Umrisse einer Feuertreppe erkennen. War es das, was der Mann ihm hatte sagen wollen?
    Willis schob die untere Fensterhälfte hoch und steckte den Kopf hindurch. Auf dem Treppenabsatz direkt vor dem Fenster lag der Briefumschlag mit dem Gummiband, den der Mann vorhin noch in der Hand gehalten hatte. Wahrscheinlich hatte er ihn dorthin geworfen, bevor seine Mörder in das Büro eingedrungen waren.
    Willis lehnte sich hinaus und nahm den Umschlag an sich. In einer krakeligen Handschrift waren die Worte Karelia Simms auf die Vorderseite geschrieben. Das war in der Tat seine Lieferung. Ohne lange nachzudenken, steckte er das Kuvert in seine Kuriertasche.
    Was sollte er jetzt tun?
    Das

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