Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rebellen: Roman (German Edition)

Rebellen: Roman (German Edition)

Titel: Rebellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
Vom Netzwerk:
Getränkemarkt.
    Da waren die Kassen.
    Endlich.
    Eine war besetzt.
    Nur zwei Kunden standen davor. Erleichterung.
    Das schaffte er.
    Da war er sich sicher.
    Das schaffte er.
    Plötzlich blieb er stehen.
    Das Geräusch. Was war das für ein Geräusch? Rotierend. Schleifend. Mahlend. Er kannte das. An was erinnerte ihn das Geräusch?
    Es kam aus dem Getränkemarkt.
    Er riss heftig am Wagen. Der Karton mit der Milch machte einen Sprung.
    Tropfte.
    Im Getränkemarkt sah er den Mann. Er saß auf einer kleinen Maschine, die wie ein umgebauter Rasenmäher aussah. Zwischen den Rädern drehte sich eine große Scheibe.
    Sie bohnern hier nur den Boden, sagte die Vernunft, es ist bloß die Polierscheibe. Es ist nur ein Reinigungsgerät.
    Sie bohnern nur.
    Gleich ist nämlich Feierabend, hörst du, sagte die Vernunft, und sie bohnern. Mehr nicht.
    Die Scheibe drehte sich. Sie rotierte. Rotierte.
    Wie die großen Tandemrotoren eines MH-47-Chinook-Helikopters.
    Er konnte den Hubschrauber hören.
    Er sah die Rotoren.
    Wie damals.
    Es war tatsächlich ein Chinook. Sie rannten geduckt auf die geöffnete Eingangstür zu, sprangen hinein, alle Mann hintereinander, Gerald verrammelte die Tür, die Kiste legte sich zur Seite und hob ab. Gewann Höhe. Über ihm die Rotoren. Er sah die Polierscheibe. Über sich die Rotoren. Der kleine Texaner kotzte zuerst. Action Jackson. Immer kotzten die Amis vor dem Einsatz. Platsch, die Milch tropfte. Platsch, noch einmal. Der Texaner kotzte. Der Helikopter stieg. Action Jackson. Auch ihm selbst war schlecht.
    Die Vernunft sagte, dass er noch eine Chance hatte: Wenn du sofort gehst.
    Lass den Einkaufswagen stehen, sagte die Vernunft, geh einfach raus. An der Kasse vorbei und auf die Straße. Steig in den Toyota und fahr nach Hause. Das war's dann, sagte die Vernunft.
    Aber erst mussten sie raus. Sie flogen wieder ins verfickte Shah-e-Kot-Tal. Ewig lang war das Tal. Operation Anaconda. Gestern hatte man ihnen Schulbücher gezeigt. In dieser beschissenen Sprache. Mit diesen beschissenen arabischen Zeichen. Es verschwamm vor seinen Augen. Dieser Abschnitt lehrt arabische Grammatik, hatte man ihnen gesagt. Und dieser andere lehrt: Wie man eine Rohrbombe baut. Und der nächste: Wie man einen Militärkonvoi überfällt. Wie man Amerikaner killt. Und Europäer. Das lernen hier die Kinder. Elfjährige sind genauso gefährlich wie ihre Väter. Deshalb die Tageslosung: Tötet jeden, den ihr seht. Der Helikopter ging tiefer. Fertig machen zum Absitzen. Action Jackson. Er hatte jetzt Angst. Sie knetete seinen Mageneingang mit knöchernen Fingern. Seine Hände verkrampften sich um den Griff des Einkaufswagens. Dann mussten sie raus. Er sprang. Er wendete den Einkaufswagen. Gelände sichern. Er sprang nach links. Die Waffe im Anschlag. Ein Hindernis. Er trat dagegen. Er rammte den Einkaufswagen dagegen. Stand in einem Regen von Rasierschaum, Haargel, Shampoo. Es regnete auf ihn herunter. Geschosse schlugen rechts und links ein. Vor ihm ein Gesicht. Ein erstauntes Gesicht. Ein Gesicht mit Brille. Ein schreiendes Gesicht. Er hob die Waffe. Feuerstoß. Action Jackson. Noch jemand tauchte neben ihm auf. Er schlug zu. Auf die Nase. Ah, das knirscht. Dem ist das Nasenbein ins Gehirn gefahren. Wird er nicht überleben. Gelernt ist gelernt. Ein Regal fiel um. Dosen trafen seinen Kopf. Erbsen, dachte er verwundert. Dann traf ihn noch etwas am Kopf. Er hatte so schreckliche Angst. Inmitten einer verheerenden Verwüstung ging er zu Boden.

Erster Teil
Stuttgart, das Ödland
    »Großartig«, sagte Nolte.
    Mit einer ausholenden Armbewegung deutete er auf ein gelbbraunes Ödland, das vor ihnen lag wie ein schmutziges Meer. Der Sommerregen hatte auf dem Gelände mehrere Lachen in der Größe von Dorfweihern hinterlassen, die dunkel in der Sonne glänzten. Zwischen zerplatzten Bodenplatten kämpfte sich hellgrünes Unkraut erbittert durch bereits Verrottendes ans Licht. In der Ferne zog ein ICE vorbei, klein wie eine Modelleisenbahn. Das geordnete Chaos eines vielgleisigen Schienennetzes sah man dahinter und dann den Bahnhof. Rechts wurde der Blick von misslungener Architektur eingerahmt, einem Ensemble aus grauen, riesenhaft fabrikartigen Gebäuden, in denen zwei Banken untergebracht waren.
    Sie standen am Rand einer Schnellstraße und schauten hinunter auf das Gelände.
    »Großartig«, sagte Nolte. »Beste Lage. Mitten in der Stadt.« Er zeigte auf das riesige Brachland.
    »Drei Milliarden werden hier in den nächsten zehn

Weitere Kostenlose Bücher