Rebellen: Roman (German Edition)
nach Bochum. Körner atmete schwer. Dann tranken die beiden Männer.
* * *
Eine halbe Stunde später stieß Georg Dengler die Tür zum Basta auf. Er ging an der Bar vorbei und setzte sich an den Tisch am Fenster, an dem bereits sein Freund und Nachbar Martin Klein saß, der sich über einige bedruckte Blätter beugte und mit einem Kugelschreiber hin und wieder einzelne Textpassagen korrigierte.
»Na, wie hat dein Klient auf die amourösen Fotos seiner Frau reagiert?«, fragte Klein und sah Dengler über seine Brille hinweg an, die ihm auf der Nase ziemlich weit nach unten gerutscht war. Mit einer schnellen Bewegung schob er sie zurück.
»Er warf sie im Büro umher, schlug gegen die Wand und verkrallte sich dann in meine neuen Jalousien.«
»Hmm. Wie in einem Film ..«
Klein runzelte die Stirn und schien nachzudenken.
Der kahlköpfige Kellner brachte Georg Dengler einen doppelten Espresso und stellte ein Glas mit warmer Milch daneben. Dengler dankte ihm mit einem Kopfnicken. Langsam schüttete er einen Schluck Milch in den Espresso und rührte um. Er überdachte noch einmal diesen Fall.
Sein Auftrag war erledigt. Punktgenau erledigt. Körner hatte seiner Frau nicht vertraut und wollte wissen, ob sie einen Liebhaber hatte. Nun wusste er es. Sie hatte ihrem Mann die Lügengeschichte des Besuchs bei der Schwester in Bochum erzählt, tatsächlich war sie aber auf Gran Canaria gewesen. Bereits auf dem Hinflug hatte neben ihr der Kerl gesessen, der beim Sex nicht einmal den Hut abnahm. Dengler hatte dieselbe Maschine genommen. Später waren die beiden so miteinander beschäftigt, dass sie Dengler nicht bemerkten, der aus 20 Meter Entfernung fotografierte. Er hatte seinen Job gut gemacht. Genau das in Erfahrung gebracht, was sein Klient wissen wollte. Mit Fotos dokumentiert. Er hätte mit sich zufrieden sein können. Doch stattdessen fühlte er sich leer.
Er trank einen Schluck Espresso. Der heiße Kaffee tat ihm gut. Doch die Niedergeschlagenheit verflog nicht. Er sah zu Klein hinüber, in der Hoffnung, der könne seine Trübsal verjagen. Doch Martin Klein beugte sich bereits wieder über seinen Text, überflog die Zeilen, und Dengler konnte sehen, wie die Augen seines Freundes an manchen Stellen verweilten. Der Kugelschreiber näherte sich dem Blatt Papier und strich hier ein Wort durch, fügte dort eine Ergänzung ein oder vermerkte am Rand geheimnisvolle Zeichen, die Dengler wie Hieroglyphen erschienen.
Plötzlich überkam Dengler eine Woge hässlichen Neids auf seinen Freund. Auch er würde gerne so selbstvergessen und konzentriert arbeiten, ohne die Selbstzweifel, die ihn immer öfter quälten.
Missmutig schaute er auf die Uhr.
Gleich kommt die nächste Klientin. Wieder Fotos, wieder zerbrechende Illusionen?
Er trank den Kaffee aus, stand auf, ließ den erstaunt aufblickenden Martin Klein ohne Gruß zurück, zahlte an der Bar und ging wieder in sein Büro im ersten Stock.
* * *
»Plong.«
Die alte Dame stieß den Stock auf den Boden.
»Bitte setzen Sie sich doch«, sagte Georg Dengler.
Sie sah ihn missbilligend an.
»Unterbrechen Sie mich nicht, junger Mann.«
Sie beäugte misstrauisch den Stuhl vor Denglers Schreibtisch, als prüfe sie, ob sie sich diesem alten Holzding anvertrauen könne.
Dengler wiederholte die Einladung mit einer Armbewegung.
Sie trug schwarze Handschuhe, sehr dünn und sehr vornehm. Vorsichtig fuhr sie mit dem Zeigefinger die Lehne entlang und hob dann die Fingerspitze gegen das Licht, das durch das Fenster in Denglers Büro fiel.
Jetzt bläst sie den Staub von ihrem Finger.
Sie tat es nicht. Der Stuhl schien den Test bestanden zu haben. Dengler seufzte. Sie setzte sich. Den dunkelbraunen, fast schwarz polierten und mit einer eisernen Spitze versehenen Gehstock stellte sie mit einer bedächtigen Bewegung zwischen ihre Beine und stützte sich mit beiden Händen darauf. Den Kopf hielt sie aufrecht. Zwei braune Augen musterten Georg Dengler, und darin stand etwas Nachsichtiges, gerade so, als hätte sie eben einem Lakaien Weisungen erteilt und sei sich nun nicht sicher, ob dieser ihre Wünsche auch vollständig begriffen habe.
»Bitte erzählen Sie mir Ihre Geschichte noch einmal der Reihe nach«, sagte Dengler und zog sein schwarzes Notizbuch aus der Innentasche seines Jacketts.
Die alte Frau holte tief Luft.
»Sie hatte kein schwaches Herz«, sagte sie schließlich, »niemand in unserer Familie hatte je ein schwaches Herz. Und Angelika auch nicht.«
Sie machte eine
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