Rebellin der Liebe
derart wählerisch zu sein, Mylady.« Netta zuckte mit den Schultern, während sie ihre üppigen Brüste wieder im Oberteil ihres Kleides verstaute. »Außerdem macht es kaum noch einen Unterschied, wenn nach einem Dutzend Männer noch einer oder sogar hundert andere kommen.« Sie schaute Willow an. »Das hat zumindest meine Mutter gesagt, um mich zu trösten, nachdem sie mich zum ersten Mal an einen Mann verscherbelt hat. Sie war so erleichtert, nicht ganz allein einem ganzen Regiment des Königs zu Diensten sein zu müssen, dass sie mich sogar das verdiente Geld behalten ließ.«
In der Hoffnung, dem prüfenden Blick der Hure zu entgehen, zog Willow ihren Umhang aus und warf ihn über den Hocker vor dem Herd. »Ich nehme an, Ihr habt bereits gehört, was heute Abend auf Elsinore geschehen ist.«
Netta wedelte in Richtung der Tür. »Als Sir Schlappschwanz reinkam, hat er es mir sofort erzählt. Obgleich ich nicht verstehe, weshalb die Ankunft eines weiteren Bastards auf Lord Bannors Türschwelle eine solche Aufregung verursacht haben soll. Schließlich kommt so etwas regelmäßig vor.«
Willow wurde starr. Es schien, als fordere Netta sie heraus. »Ich will wissen, wer die Mutter dieses Kindes ist. Ich will wissen, wer die Mütter aller dieser Kinder sind.«
Netta schüttelte ihre zerzauste Mähne und sah sie spöttisch an. »Und was dann, werte Lady? Werdet Ihr sie teeren und federn lassen? Aus dem Dorf vertreiben? Steinigen?«
Willow reckte kampflustig das Kinn. »Vielleicht.«
»Und wenn ich mich weigere, es Euch zu sagen ? Lasst Ihr dann vielleicht mich steinigen?«
»Nein.« Ehe Nettas geringschätziges Lächeln sich noch ausbreiten konnte, fügte Willow tonlos hinzu: »Dann werde ich Euch in den Kerker werfen lassen, bis Ihr Euch darauf besinnt, Eure lästerliche Zunge zu Besserem zu nutzen, als Bannors Männern gefällig zu sein.«
Netta legte den Kopf auf die Seite und bedachte Willow mit dem gleichen Blick wie eine Bulldogge ein harmlos aussehendes Kätzchen, das ihm unvermutet die Nase blutig gekratzt hatte. Als sie sich von ihrem Bett erhob, wirkte ihr Lächeln weniger spöttisch als vielmehr nachdenklich.
»Nehmt Platz, Mylady«, sagte sie, schenkte warmes Bier in einen angeschlagenen tönernen Krug und drückte ihn Willow in die Hand. »Dann erzähle ich Euch alles, was Ihr über diese Frau wissen wollt, die das Herz Eures Gatten gefangen hält.«
Mit klammem Herzen sank Willow auf den Hocker, und obwohl sie selten etwas Stärkeres als Glühwein trank, nahm sie einen großen Schluck des tröstlich wärmenden Bieres.
Netta hockte sich auf die Kante des Bettes und trank unmittelbar aus dem Krug. »Sie kam in einer verschneiten Nacht nach Elsinore. Der Wind blies von den Bergen und war so kalt, dass er die Spucke eines Mannes hätte gefrieren lassen, bevor sie auf den Boden traf. Es war Dreikönigsabend, und über die Mauern der Burg hinweg hörte sie Gelächter und Musik. Ängstlich umklammerte sie die Hand ihres kleinen Sohnes, aber sie wusste, wenn sie nicht den Mut fände, die mächtige Festung zu stürmen, stürbe er. Sie war bereits gezwungen gewesen, sich zu verkaufen, damit er nicht verhungerte. Aber da sie auch ihre Essensration stets an ihn weitergegeben hatte, war sie frühzeitig gewelkt.«
Nettas Blick schweifte in die Ferne ab. »Stille senkte sich über den großen Saal, als sie ihn betrat. Der Herr der Burg saß am Kopfende des Tisches, flankiert von seiner Frau und seiner wohlgenährten Kinderschar. Sie zog ihren Sohn in seine Richtung, überwand den Rest von ihrem Stolz und flüsterte: >Er ist Euer Sohn, Mylord. Ich bete, dass es in Eurem Haus und Eurem Herzen ein Plätzchen für ihn gibt<.«
Der Burgherr unterzog den Jungen einer eingehenden Musterung. Obschon er höchstens sechs oder sieben Jahre alt war, stemmte er die Beine in den Boden und hielt der Musterung des Mannes stand, von dem ihm gesagt worden war, dass er sein Vater sei.
Dann zerzauste der Burgherr ihm das Haar und brach in drohendes Gelächter aus. > Weshalb sollte ich den Bastard einer Hure als eigenen Sohn anerkennen, wenn ich doch so viele eigene wunderbare Kinder habe?<, fragte er die Umsitzenden.«
Willow stellte ihren Bierkrug ab, da sie wegen des Klapperns ihrer Zähne keinen Schluck mehr herunterbekam.
»Auf das Zeichen ihres Herrn packten seine Waffenträger die Frau, zerrten sie aus dem Saal und warfen sie und ihr Kind lachend und spottend in den Schnee zurück. Zu beschämt, um in einer der
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