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Rebellische Herzen

Rebellische Herzen

Titel: Rebellische Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Dodd
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verbundenen Augen etwas hätte sehen können.
    Eine Augenbinde. Sie war blind und zusammengeschnürt. Und er hatte ein Schießeisen benutzt.
    Er hatte damit gerechnet, dass sie sich einsperren würde. Er hatte sich vorbereitet.
    Aus ihrer anfänglichen Wut wurde Angst. Aber sie musste ihren Zustand nach Entrüstung aussehen lassen. »Was tun Sie da?« Sie rang nach Luft. »Das ist ungeheuerlich!«
    Er reagierte nicht und lief schweigend … irgendwohin. Sie versuchte, ihre Hände zum Gesicht zu bringen. Wenn sie nur die Augenbinde erreichen und wegreißen konnte! Aus dem Erdgeschoss drang eine Stimme herauf. »Ich sage dir, das war ein Schuss.«
    Sie konnte es nicht glauben. Sie waren zum Treppenhaus unterwegs. »Mylord, wo bringen Sie mich hin?«
    Seine Stimme klang völlig gelassen. »Ich entführe meine eigene Frau.«
    Charlotte wehrte sich jetzt heftig. »Wohin bringen Sie mich?«
    »An einen Ort, den ich extra für Sie hergerichtet habe.«
    »Sie wollen doch nicht etwa durch den Salon …«
    Als er die ersten Stufen hinunterging, hörte sie zu zappeln ,auf. Sie wollte ihm nicht von der Schulter fallen und die Treppe hinunterstürzen. Es gab nur eine Sache, die noch skandalöser gewesen wäre. »Wynter, ich verbiete Ihnen das!«
    Er ignorierte sie völlig, achtete aber darauf, sie möglichst wenig herumzuschleudern.
    Das Stimmengewirr wurde lauter und ein Mann – war es Bucknell? – rief: »Beim Zeus!«
    Charlottes schlimmste Befürchtungen schienen mehr als wahr zu werden. Wynter lief in Richtung des Salons.
    »Schauen Sie nur!«, zwitscherte eine Frauenstimme.
    »Wynter, bitte zeigen Sie mich nicht den Gästen«, bettelte Charlotte.
    »Nur ganz kurz«, versicherte er ihr.
    Die Stimmen kamen näher.
    Charlotte fragte panisch: »Was bezwecken Sie nur damit?«
    »Ich muss hier durch, um Sie an besagten Ort zu bringen.«
    Charlotte hörte einzelne Stimmen heraus.
    Cousin Stewart stammelte: »Wa-was macht Wy-Wynter da?«
    »Ist das nicht entzückend?«, trällerte Adorna. »Wynter ist ja so verrückt nach Charlotte. Und wie die beiden ihre kleinen Spielchen lieben.«
    Charlotte konnte nichts entzückend finden und ihr war auch nicht nach Spielen zu Mute. Sie krallte ihm die Finger in den Rücken und sagte: »Sie hätten auch andersherum gehen können!«
    »Aber das ist der direkte Weg.«
    »Sie demütigen mich.«
    Er blieb stehen. »Darum geht es mir nicht, Lady Miss Charlotte.« Er strich ihr besitzergreifend mit der Hand über den Hintern. »Sie sind noch Jungfrau, mit all den Ängsten einer Jungfrau. Ich bin ein Mann und ich werde Ihnen die Angst austreiben. Sie werden mir Ihre Liebe eingestehen und wir werden bis ans Ende unserer Tage glücklich sein.«
    Charlottes Angst wich vollends der Entrüstung. »Sie tun gerade so, als sei dieser Auftritt etwas ganz Normales.«
    »Bucknell hat mich daran erinnert, dass man widerspenstige Weibsbilder entführen muss.«
    Wäre Charlotte nicht nach unten gehangen, wäre ihr der Mund offen stehen geblieben. »Lord Bucknell hat Sie auf diese Idee gebracht?«
    »Ja.« Wynter marschierte weiter, als sei damit alles gesagt.
    Die Stimmen waren nicht mehr zu hören. Wynter hatte den Empfang anscheinend verlassen, aber Charlotte konnte nicht nachvollziehen, wo sie waren. Endlich bekam sie die Augenbinde zu fassen, schob sie hoch – und sah, dass sie mitten durch den Ballsaal liefen. Die Gäste starrten sie stumm und mit großen Augen an.
    Sie zog die Augenbinde schnell wieder herunter und ließ sich wieder hängen. Miss Priss? Nach der skandalumwitterten Verlobung und diesem Auftritt hier würde Charlotte nie wieder als Verfechterin von Anstand und Sitte gelten können.
    Sie hörte die Tür aufgehen, roch frische Luft und fühlte Sonnenwärme auf dem Rücken.
    Sie entspannte sich. Welch eine Erleichterung, aus dem Haus raus zu sein, auch wenn sie wusste, dass jetzt alle, aber auch alle Hochzeitsgäste, an den Glastüren standen und ihnen hinterhergafften.
    Sie hörte ein Pferd wiehern und fing wieder zu strampeln an. »Mylord, bitte. Ich will nicht über Ihrer Schulter hängend auf ein Pferd. Das bringt mich um! Wynter?«
    Er schob sie zurecht. Das Pferd stand dicht neben ihnen. Sie roch es und fühlte seine Wärme. Wynter hob sie in den Sattel, legte ihre Hände an den Knauf und saß hinter ihr auf.
    Wie sie diesen Zirkus hasste. Sie hasste ihn, und doch – fühlte sie sich so lebendig. Ihr Herz hämmerte, ihre Muskeln vibrierten. Und hinter ihr wärmte ihr Wynter den Rücken.

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