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Rechnung offen

Rechnung offen

Titel: Rechnung offen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger-Maria Mahlke
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Fahrrad schloss er an einen Laternenpfahl, wollte es nicht in die Lobby schieben, war nicht sicher, was er mit dem Helm anfangen sollte, klemmte ihn schließlich unter den Ellbogen und ging rein.
    »Wir benötigen die Zimmermiete für eine Nacht, als Sicherheit.« Der Rezeptionist des Holiday Inn hatte sich nach vorn gebeugt, über den Tresen, den leeren Boden neben Claas betrachtet, kein Gepäck. Er lächelte wieder, als er die EC -Karte durch das Lesegerät zog. Das Gerät piepte, eine rote Diode neben dem Display leuchtete auf, Auszahlung auf diese Karte nicht möglich .
    »Vielleicht ein technischer Defekt«, der Rezeptionist sah Claas nicht an, zog die Karte aus dem Lesegerät und legte sie auf den Tresen.
    »Haben Sie noch eine, Visa? Amex?«
    Claas dachte an die Mastercard - Umschläge, einer lag auf dem Kühlschrank, der war schon älter, wo die anderen waren, wusste er nicht. Er hatte den Kopf geschüttelt, war grußlos gegangen.
    Die Schlüssel bewahrte er in der Praxis auf, in der obersten Schublade seines Schreibtischs, jemand von der Hausverwaltung hatte sie gebracht, nachdem Claas den Vertrag gekündigt hatte. Kalt würde es werden, die Pflastersteine und Hauswände waren wärmer als die feuchte Luft, Blätter sammelten sich entlang des Kantsteins, kleine Böen trieben sie über das Kopfsteinpflaster. Er versuchte, sich an den Weg zu erinnern, nach Mitte zur Praxis und dann in den Süden, sah sich durchs Licht der Laternen fahren, nur die Imbisse waren noch geöffnet, und alles sah gleich aus.
    Claas schob das Rad zur nächsten U-Bahn-Station, überlegte, ob er nach Münzen für ein Ticket suchen sollte, ließ es bleiben, wollte nicht im Portemonnaie wühlen, nachsehen, wie viel noch da war, und dann … Und dann.
    Die Bahn war fast leer, ihm gegenüber saß eine Frau, sie trug schmale braune Lederhalbschuhe zum Schnüren. Theresa hatte solche Schuhe gehabt, als sie ihn von der Eppendorfer Uniklinik abholte. Praktikant war er gewesen. Einmal hatte sie unter dem Mantel nichts außer den Schuhen und blaue Wadenstrümpfe getragen, sie hatten es nicht nach Hause geschafft.
    Eine Punkerin hatte sich neben ihn auf den Boden gesetzt, auf ihren Knöcheln war Fuck pain eintätowiert, auf jedem Finger ein Buchstabe. Über dem C trug sie einen silbernen Ring, sie trank eine hellgrüne Flüssigkeit aus einer Flasche, Isotonisches Fitnessgetränk stand auf dem Etikett.
    In der Praxis war niemand, er könnte im Wartezimmer auf dem Sofa schlafen. Er dachte an Tula, an Reinhard, ihm fiel nicht ein, wie er es hätte erklären sollen, unrasiert, ungeduscht. Den Laptop nahm er mit, in einem Schrank fand Claas zwei Wolldecken, er packte sie in eine Tüte, ebenso die Sektflasche aus dem Kühlschrank, eine halbvolle Packung Müsliriegel, ein Stück Seife.
    ***
    Hast einen Stein im Bauch, hellgrau und flach und gleichmäßig abgerundet. So schwer, dass dein Magen durchhängt, dich nach unten zieht, als du den Schritt von der Bahnsteigkante in den U-Bahn-Wagen machst. »Schau es dir einfach an«, hat Hanne gesagt. Du greifst nach einer der Gummischlaufen, schiebst die Hand hinein, stemmst dich gegen den Stein.
    Der Aufenthaltsraum ist eingerichtet wie die Umkleidekabine eines Fitnessstudios, eines teuren mit Spa im Namen. Weiße Reihen abschließbarer Schränke, schwarze, kunstlederbezogene Bänke. An einer Wand stehen Sessel, ein Glastisch mit Aschenbecher, auf dem Bord neben der Tür Pappspender mit Kosmetiktüchern, Hygienehandschuhe steht grün auf einer Packung, Talkumpuder.
    »Ich will nicht, dass sie mich angucken«, hast du gesagt, Hanne zugesehen, die Gel auf ihre Handflächen drückt. Sitzt neben ihr auf der Bank und wartest.
    »Sie sehen nicht dich an«, Hanne reibt die Finger aneinander, verteilt silbriges Zeug in ihren Haaren, »für die bist du was anderes«, zieht mit dem Kamm einen Seitenscheitel, teilt die Haare in akkurate Strähnen.
    Bevor du los bist, hast du auf dem Sofa gelegen, nicht gewusst, wie du dich vorbereiten sollst, hast schließlich deine Beine rasiert, den Schaum betrachtet, der mit dunklen Haaren durchsetzt von deinem Knöchel zum Ausguss lief. Ich will nichts tun, wofür ich mich rasieren muss, hast du gedacht, weiter hautfarbene Streifen ins Weiß gezogen.
    Brauchst lange, um den Anzug über die Oberschenkel zu kriegen. »Ist ein Einteiler, leih ich dir«, Hanne sieht dir zu. Von innen ist er wie Stoff, außen aus schwarzem, glänzendem Gummi, an einen Taucheranzug musst du denken. Die

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