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Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)

Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)

Titel: Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kachelmann , Miriam Kachelmann
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Polizistin, direkt vor mir und bat mich sehr fordernd, ihr zur folgen. Ich weiß noch, dass ich zunächst dachte, wir bekämen Ärger mit der Flughafenpolizei, weil wir mit dem Gepäcktrolli im Fahrstuhl gefahren waren (was man wohl nicht darf, ich erinnere mich an einen großen Verbotsaufkleber an der Fahrstuhltür); später dachte ich, dass ich verhaftet werde, dann, dass wir beide festgenommen werden, und nach wenigen Minuten wurde mir schließlich klar, dass es um Jörg ging. Er wurde nach links zur Seite »gebeten«, ich nach vorne. Wir drehten uns, wie in amerikanischen Kitschfilmen immer eindrucksvoll inszeniert, in diesem Moment des Voneinander weggezogen-Werdens noch einmal um, und ich konnte Entsetzen und Unverständnis in Jörgs Gesicht sehen. Ich vermute, dass ich einen ähnlichen Gesichtsausdruck hatte.
    Diese kleine Polizistin, Carina Lapsit ist ihr Name (und wir sollten noch mehr miteinander zu tun haben in der Zukunft), fragte mich in einem leicht schnippischen Ton und auf eine Art, dass ich mich direkt schuldig fühlte, obwohl ich gar nicht wusste, was ich gemacht haben sollte: wer ich denn überhaupt sei, was ich hier wolle, wie ich heiße, woher ich komme. Ich versuchte ihre Fragen zu beantworten und guckte dabei immer wieder zu Jörg zurück. Lapsit und ich waren auf der Höhe von Jörgs Auto, links neben dem Wagen war eine Parklücke frei, weiter links davon standen zwei Polizeiautos. Am ersten war Jörg, der sich über die Motorhaube gebeugt hatte und von mehreren Polizisten umringt war. Lapsit, die auf mich den Eindruck machte, als sei sie zusammen mit Dietrich Einsatzleiterin, wollte meinen Ausweis überprüfen. Ich stimmte zu, und sie nahm ihn mit ins erste Polizeiauto. Ich fragte sie, was denn überhaupt los sei, was uns vorgeworfen werde, beziehungsweise später, was Jörg vorgeworfen werde, und sah auch immer wieder besorgt zu ihm rüber. Er stand weiter über die Motorhaube gebeugt, und die Polizistin Lapsit erklärte mir nichts. Ihr einziger Kommentar war, dass er mir das dann schön selber erzählen könne. (Den schnippischen Unterton erwähnte ich bereits, auch wenn er sich hier aus der Wortwahl von selbst ergibt.) Mal links und mal rechts von ihr hielt sich die kleine Polizeiauszubildende auf, die Tochter Dietrich – sie sagte nichts, grinste dafür, entweder aus Freude am Schauspiel oder aus Verlegenheit, umso mehr.
    Dieser ganze Vorgang – Abfrage der Personalien, des Erklärens, wer ich sei, woher ich käme, die Blicke zu Jörg, der weiterhin über ein auf der Motorhaube liegendes Blatt Papier gebeugt war (rechts neben ihm stand meistens der kleine ältere KHK Dietrich, der auch als Erster mit ihm geredet hatte), und meine ewige »Diskussion« mit der Polizistin Lapsit, dass sie mir doch endlich sagen möge, was los sei –, dies alles dauerte ungefähr fünfzehn Minuten, auch wenn es sich deutlich länger anfühlte. Irgendwann, nachdem mir mein Ausweis zurückgegeben worden war, hieß es, wir dürften uns voneinander verabschieden. Ich wusste nicht, was das heißen sollte: verabschieden. Warum verabschieden?
    Jörg kam langsam und sichtlich geschockt auf mich zu. Wir standen dann am Heck seines Autos. Zwei oder drei Meter entfernt, von mir aus gesehen links, befand sich die kleine Tochter Dietrich (jemand hätte ihr Popcorn und einen Fernsehsessel holen sollen) und beobachtete uns, weiterhin dauergrinsend. Die anderen Polizisten standen mehrere Meter weiter weg an ihrem Auto und unterhielten sich. Ich nahm Jörgs Hand, versuchte ihn ein wenig zu beruhigen und fragte ihn, was hier los sei. Er war völlig durcheinander und sagte ungläubig und anfangs unverständlich, dass ihm vorgeworfen werde, eine Frau vergewaltigt zu haben, strich sich mehrmals durch die Haare, war insgesamt sehr unruhig und blickte hilflos abwechselnd mich an und ins Leere. Ich erinnere mich, dass ich mich kurz nach links wegdrehte. Ich dachte: scheiße – nicht, weil ich es für möglich gehalten hätte, dass er das getan haben könnte, sondern weil ich wusste, dass das ein sehr schwerwiegender Vorwurf war und dass jetzt alles sehr anstrengend werden würde.
    Bevor ich noch etwas sagen konnte, erklärte er: »Ich kann nur sagen, dass ich das nicht gemacht habe.« Woraufhin ich sagte: »Ich weiß.« Es kann sein, dass ich das sogar mehrmals wiederholt habe. Ich umarmte Jörg dabei und versuchte ihn zu beruhigen, indem ich sagte (und auch später noch mindestens einmal): »Du hast nichts gemacht, dir kann

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