Red Rabbit: Roman
machte seine Sache sehr gut, fand Foley.
»Okay, dann halten Sie mich auf dem Laufenden, wenn Sie dürfen.«
»Mach ich, Sir«, versprach der COS.
13. Kapitel
KOLLEGIALITÄT
Andropow traf um 12:45 Uhr zur 13-Uhr-Sitzung im Kreml ein. Sein Chauffeur lenkte die Sonderanfertigung des ZIL durch das Tor im hoch aufragenden Spasski-Turm, vorbei an den Sicherheitskontrollen, vorbei an den salutierenden Soldaten der Tamanski-Wachdivision, die am Rand von Moskau stationiert war und hauptsächlich für Paraden eingesetzt wurde. Der Soldat salutierte zackig, aber der Gruß wurde von den Insassen des Wagens nicht registriert. Danach waren es noch hundertfünfzig Meter bis zum Ziel ihrer Fahrt, wo ein anderer Soldat den Wagenschlag aufriss. Andropow nahm den Salut zur Kenntnis und nickte abwesend. Dann machte er sich auf den Weg ins Innere des gelblichen Gebäudes. Statt die Steintreppe zu nehmen, wandte sich Andropow nach rechts, um mit dem Aufzug in den ersten Stock zu fahren. Sein Adjutant, Oberst Roschdestwenski, folgte ihm. Für ihn war dies die interessanteste und so ziemlich die einschüchterndste Aufgabe, seit er für den KGB arbeitete.
In den oberen Etagen gab es weitere Sicherheitsmaßnahmen: uniformierte Offiziere der Roten Armee, die für den Fall, dass es Ärger gab, Seitenwaffen am Gürtel trugen. Aber bei seinem Aufstieg zum Generalsekretär der KPdSU würde es keinen Ärger geben, dachte Andropow. Das wurde keine Palastrevolution. Er war auf die in der Sowjetunion übliche Art der Machtübertragung von seinesgleichen ins Amt gewählt worden – unter Schwierigkeiten und knapp, aber erwartungsgemäß. Derjenige von ihnen, der über das meiste politische Kapital verfügte, würde dem Rat Gleichrangiger vorstehen, weil sie darauf vertrauten, dass er nicht in rücksichtsloser Selbstbezogenheit
regieren würde, sondern in kollegialem Konsens. Keiner von ihnen wollte einen zweiten Stalin oder auch nur einen zweiten Chruschtschow, der sie in irgendwelche Abenteuer stürzte. Diesen Männern war nicht nach Abenteuern. Sie alle hatten aus der Geschichte gelernt, dass Glücksspiele immer die Möglichkeit des Verlierens beinhalteten, und keiner von ihnen hatte es so weit gebracht, um jetzt auch nur den geringsten Verlust riskieren zu wollen. Sie waren die Ältesten einer Nation von Schachspielern, für die ein Sieg durch stundenlanges geduldiges Taktieren errungen wurde.
Das war eins der Probleme heute, dachte Andropow, als er neben Verteidigungsminister Ustinow Platz nahm. Beide saßen nicht weit vom Kopfende des Tisches entfernt, auf den Plätzen, die für die Angehörigen des Verteidigungsrates, des Soviet Orborny , reserviert waren, also für die fünf ranghöchsten Funktionäre des ganzen sowjetischen Regierungsapparates, zu denen auch der Sekretär für ideologische Fragen gehörte – Suslow. Ustinow sah von seinen Informationsunterlagen auf.
»Guten Tag, Juri«, begrüßte der Minister den Neuankömmling.
»Guten Tag, Dimitri.« Andropow war mit dem Marschall der Sowjetunion bereits zu einer Übereinkunft gekommen. Er hatte sich nie seinen Budgetforderungen für das aufgeblähte und ineffektive sowjetische Militär widersetzt, das in Afghanistan um sich schlug wie ein gestrandeter Wal. Am Ende trug es wahrscheinlich doch den Sieg davon, dachten alle. Schließlich hatte die Rote Armee nie versagt… es sei denn, man erinnerte sich an Lenins ersten Einfall in Polen 1919, der mit einer schmachvollen Schlappe endete. Nein, da erinnerten sie sich schon lieber an den Sieg über Hitler, als die Deutschen schon in Sichtweite des Kremls gekommen und schließlich nur von Russlands zuverlässigstem Verbündeten, General Winter, aufgehalten worden waren. Andropow war kein treuer Anhänger des sowjetischen Militärs, aber es blieb weiterhin das Sicherheitspolster für den Rest des Politbüros, denn die Armee sorgte dafür, dass die Menschen im Land taten, was ihnen aufgetragen wurde. Das geschah nicht aus Zuneigung, sondern weil die Rote Armee viele, viele Schusswaffen besaß. Über die verfügten natürlich auch der KGB und das Ministerium des Inneren, um ein Gegengewicht zur Roten Armee zu bilden – nicht, dass die Militärs
auf dumme Gedanken kamen. Sicherheitshalber befehligte der KGB auch noch das Dritte Hauptdirektorat, dessen Aufgabe darin bestand, jede einzelne Schützenkompanie der Roten Armee scharf im Auge zu behalten. In anderen Ländern nannte man das Kräftegleichgewicht. Hier war es ein Gleichgewicht des
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