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Red Rabbit: Roman

Red Rabbit: Roman

Titel: Red Rabbit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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verfügt
weiterhin in ganz Europa, die sozialistischen Bruderstaaten eingeschlossen, über enorme Macht. Sollte der Mann das Pontifikat niederlegen und in seine Heimat zurückkehren, hätte schon allein das enorme politische Wirkung.
    Josef Wissarionowitsch Stalin hat einmal gefragt, wie viele Divisionen der Papst hat. Die Antwort lautet natürlich, keine einzige, aber dennoch dürfen wir seine Macht nicht unterschätzen. Wahrscheinlich könnten wir versuchen, auf diplomatische Kontakte zurückzugreifen, um ihn von diesem Kurs abzubringen …«
    »Absolute Zeitverschwendung«, warf der Außenminister sofort ein. »Wir hatten gelegentlich diplomatische Kontakte im Vatikan selbst. Sie hören uns höflich zu und äußern sich auch durchaus vernünftig, aber dann handeln sie doch so, wie es ihnen passt. Nein, wir können keinen Einfluss auf ihn ausüben, nicht einmal durch direkte Drohungen gegen die Kirche. Die würde sich durch eine Drohung nur gestärkt sehen.«
    Und damit lag die alternative Lösung buchstäblich mitten auf dem Tisch. Dafür war Andropow dem Außenminister dankbar, der in der Nachfolgefrage ebenfalls auf seiner Seite stand. Beiläufig fragte er sich, ob Breschnew wohl wusste oder sich dafür interessierte, was nach seinem Tod geschehen würde – um das Schicksal und Auskommen seiner Kinder würde er sich bestimmt kümmern, aber das warf mit Sicherheit keine Probleme auf. Für jedes von ihnen ließe sich eine bequeme Partei-Sinekure finden, und weitere Eheschließungen, für die Porzellan und Tafelsilber aus der Eremitage erforderlich waren, gab es wohl nicht.
    »Juri Wladimirowitsch, was kann der KGB gegen diese Bedrohung tun?«, fragte Breschnew als Nächstes. Wie leicht er sich manipulieren lässt, dachte Andropow erleichtert.
    »Die Bedrohung ließe sich aus der Welt schaffen, indem man den Mann, von dem sie ausgeht, aus der Welt schafft«, antwortete der KGB-Chef sachlich und ohne jede Emotion.
    »Ihn umbringen?«, fragte Ustinow.
    »Ja, Dimitri.«
    »Was wären die Risiken?«, wollte der Außenminister sofort wissen. Diplomaten machten sich über solche Dinge immer Gedanken.
    »Wir können die Risiken nicht ganz ausschalten, aber wir können sie auf ein vertretbares Maß begrenzen. Meine Leute haben ein
Konzept für eine Operation ausgearbeitet mit dem Ziel, den Papst bei einem seiner Auftritte in der Öffentlichkeit zu erschießen. Ich habe meinen Adjutanten Oberst Roschdestwenski mitgebracht, damit er uns das näher erläutert. Wenn Sie erlauben, Genossen?« Zahlreiches Nicken. Andropow wandte den Kopf. »Aleksei Nikolai’tsch?«
    »Genossen.« Der Oberst versuchte, das Zittern seiner Knie in den Griff zu bekommen, während er aufstand und ans Rednerpult ging. »Die Operation hat keinen Namen und wird aus Sicherheitsgründen auch keinen bekommen. Der Papst zeigt sich jeden Mittwochnachmittag in der Öffentlichkeit. Dann paradiert er über den Petersplatz, in einem Fahrzeug, das ihm keinerlei Schutz gegen einen Angriff bietet. Er nähert sich bis auf drei, vier Meter dem in Scharen herbeigelaufenen Volk.« Roschdestwenski hatte seine letzten Worte mit Bedacht gewählt. Jeder Mann am Tisch kannte die Geschichten aus der Bibel und die dazugehörige Terminologie. Nicht einmal in diesem Land konnte man aufwachsen, ohne sich etwas Wissen über das Christentum anzueignen – auch wenn es nur gerade genug war, um es zutiefst zu verabscheuen.
    »Daraus ergibt sich die Frage, wie man einen Mann mit einer Pistole in die vorderste Zuschauerreihe bekommt, damit er seinen Schuss aus so großer Nähe abgeben kann, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit trifft.«
    »Nur ›mit hoher Wahrscheinlichkeit‹?«, fragte der Innenminister schroff.
    Roschdestwenski tat sein Bestes, nicht im Boden zu versinken. »Genosse Minister, mit hundertprozentigen Gewissheiten haben wir es selten zu tun. Selbst ein hervorragender Pistolenschütze kann bei einem beweglichen Ziel einen Treffer nicht garantieren, und in diesem Fall ermöglichen die taktischen Gegebenheiten keinen sorgfältig gezielten Schuss. Der Attentäter wird seine Waffe rasch aus ihrem Versteck hochreißen und dann feuern müssen. Unter Umständen kann er auch zwei, möglicherweise sogar drei Schüsse abfeuern, bevor sich die Umstehenden auf ihn stürzen. In diesem Moment wird ein zweiter Agent den Attentäter von hinten mit einer schallgedämpften Pistole erschießen – und zu entkommen versuchen. So wird niemand zurückbleiben, der gegenüber der

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