Red Rabbit: Roman
um diesen Trottel nicht zu erschrecken, sehr langsam und bedächtig in seine Manteltasche und holte seinen Ausweis heraus. Er war schwarz, einer dieser Pässe, wie sie für Diplomaten ausgestellt wurden, was selbst diesem dämlichen Geheimdienstler auf Anhieb auffiel. Der Amerikaner hieß James Szell und war ungarischer Abstammung, Angehöriger einer der zahlreichen Minderheiten, die im Amerika des vorigen Jahrhunderts mit offenen Armen aufgenommen worden waren.
»Ich bin amerikanischer Diplomat, offiziell bei Ihrer Regierung akkreditiert. Bringen Sie mich sofort in meine Botschaft.« Innerlich kochte Szell. Natürlich ließ er sich nichts anmerken, aber seine fünf Jahre im Außeneinsatz hatten gerade ein abruptes Ende genommen. Und das alles wegen eines Stümpers, der zweitklassige Informationen über drittklassige kommunistische Luftstreitkräfte lieferte. Wirklich zu blöd!
»Erst kommen Sie mit mir«, sagte Morrisay. Er deutete mit seiner Pistole. »Hier entlang.«
Dank günstiger Windverhältnisse landete die Pan-Am 747 eine halbe Stunde früher als geplant auf dem Kennedy Airport. Cox steckte seine Bücher in die Reisetasche und stand auf. Mit Unterstützung der Stewardess schaffte er es, die Maschine als Erster zu verlassen. Dann war es nur noch ein kurzer Gang durch die Zollabfertigung – seine Leinentasche verriet jedem, wer und was er war – und von dort mit dem nächsten Shuttle-Bus zum Washington National. Neunzig Minuten später saß er auf dem Rücksitz eines Taxis, das zum Außenministerium in Foggy Bottom unterwegs war. Im Innern des weitläufigen Gebäudes öffnete er das diplomatische Gepäck und sortierte seinen Inhalt. Den Umschlag von Foley bekam ein Kurier, der auf dem George Washington Parkway nach Langley fuhr, wo ebenfalls alles sehr zügig abgewickelt wurde.
Die Nachricht wurde nach MERCURY, in die Nachrichtenzentrale der CIA, gebracht. Dort wurde sie dechiffriert und ausgedruckt und dann von einem Boten in der siebten Etage abgeliefert. Das Original wanderte in den Verbrennungssack. Schriftliche Kopien gab es nicht, nur eine elektronische, die auf eine VHS-Kassette überspielt worden war.
Mike Bostock war in seinem Büro, und als er den Umschlag aus Moskau sah, entschied er, alles andere könne warten. Nach der kurzen Lektüre hielt er diese Entscheidung für gerechtfertigt. Aber als er auf die Uhr blickte, wurde ihm klar, dass Bob Ritter in einer Maschine der All Nippon Airlines über dem östlichen Ohio in Richtung Westen unterwegs war. Deshalb rief er Judge Moore zu Hause an und bat ihn, umgehend ins Büro zu kommen. Grummelnd erklärte sich der DCI dazu bereit, trug Bostock aber zugleich auf, auch Jim Greer anzurufen. Beide wohnten nicht allzu weit vom CIA-Hauptquartier entfernt und traten in einem Abstand von nur acht Minuten aus dem Lift.
»Was gibt’s, Mike?«, fragte Moore bei seiner Ankunft.
»Von Foley. Sieht aus, als hätte er was Interessantes.« Draufgänger hin oder her, Bostock neigte eher zum Understatement.
»Mist«, zischte der DCI. »Und Bob ist schon weg?«
»Ja, Sir, vor einer Stunde.«
»Was ist denn los?«, fragte Admiral Greer, der ein billiges Golfhemd trug.
»Wir haben ein Rabbit.« Moore reichte ihm die Nachricht. Greer ließ sich beim Lesen Zeit. »Das könnte sehr interessant werden«, sagte er nach kurzem Nachdenken.
»Ja, das stimmt.« Moore wandte sich an Ritters Stellvertreter. »Wie schätzen Sie das ein, Mike?«
»Foley hält es für eine ganz heiße Sache. Er ist einer unserer besten Leute auf diesem Gebiet, und seine Frau ebenfalls. Er möchte diesen Kerl und seine Familie baldmöglichst außer Landes bringen. Wir müssen uns in diesem Fall mehr oder weniger auf seinen Riecher verlassen, Judge.«
»Probleme?«
»Die Frage ist: Wie führen wir die Mission durch? Normalerweise überlassen wir das den Leuten vor Ort, es sei denn, sie planen irgendetwas völlig Verrücktes, aber dafür sind Ed und Mary zu vorsichtig.« Bostock holte tief Luft und blickte aus den bis zum Boden reichenden Fenstern über den VIP-Parkplatz hinweg aufs Potomac Valley hinaus. »Judge, Ed scheint zu glauben, dass dieser Mann über einige brandheiße Informationen verfügt. Darüber können wir ihn allerdings nicht näher befragen. Der nahe liegende Schluss ist, dass Rabbit ziemlich tief drinnen steckt und unbedingt raus will. Da allerdings auch seine Frau und seine Tochter mit ins Paket sollen, wird das Ganze etwas kompliziert. Auch hierbei müssen wir
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