Red Rabbit: Roman
streichen – wenn er erst einmal das vorgeschriebene Dienstalter erreicht und somit Anspruch auf Ruhegeld erworben hatte, bremste sich Hudson. Aber auch wenn sich diese Operation nicht mit der Champions League vergleichen ließ, so doch sicherlich mit dem entscheidenden Tor im Spiel Arsenal gegen Manchester United im Wembley-Stadion.
Seine erste Aufgabe an diesem Tag würde darin bestehen, mit seinen Schmuggler-Kontakten in Verbindung zu treten. Denen konnte er vertrauen, entschied er. Er hatte viel Zeit darauf verwendet, diese Kontakte aufzubauen, und er hatte die Leute vorher überprüft. Aber – er wollte sie nochmals überprüfen und damit gleich heute beginnen. Zudem würde er mit seinem AVH-Informanten
Kontakt aufnehmen … oder vielleicht besser doch nicht? überlegte Hudson. Was würde ihm das bringen? Nun, er konnte so herausfinden, ob die ungarische Geheimpolizei alarmiert war oder gezielt die Augen offen hielt. Aber wenn dem so wäre, würde das Rabbit Moskau sicherlich nicht verlassen. Dessen Informationen mussten äußerst wichtig sein, um eine so aufwändige Operation zu rechtfertigen. Eine Operation, für die die CIA sogar den SIS einschaltete. Und der KGB wiederum war zu vorsichtig und konservativ, um bei solch brisanten Informationen irgendwelche Risiken einzugehen. In der Geheimdienstbranche war nie vorhersehbar, wie die andere Seite reagierte. Es gab einfach zu viele Leute mit leicht voneinander abweichenden Vorstellungen, als dass alle an einem Strang zogen. Also würde der AVH nicht allzu viel wissen, wenn überhaupt etwas. Der KGB traute niemandem, über den er nicht die direkte Kontrolle hatte – vorzugsweise mit Waffen.
Das Klügste war also für ihn, sich auf die Fluchtmöglichkeiten zu konzentrieren und selbst dabei mit äußerster Vorsicht vorzugehen. Ansonsten blieb ihm nichts übrig, als zu warten, bis dieser Ryan aus London eintraf, um ihm über die Schulter zu sehen. Ryan von der CIA, dachte er. Etwa derselbe, der…? Nein, das konnte nicht sein. Es war sicher nur ein Zufall, dass er diesen Namen trug. Dieser Ryan, den er kannte, war ein Ledernacken – ein Ledernacken des amerikanischen Marine Corps. Das wäre denn doch ein zu großer Zufall, entschied der COS Budapest.
Diesmal hatte Ryan an seine Croissants gedacht und zusammen mit Kaffee welche besorgt, bevor er mit dem Taxi von Victoria Station zum Century House gefahren war. Bei seiner Ankunft entdeckte er Simons Mantel am Kleiderständer, aber keine Spur von Simon selbst. Wahrscheinlich ist er mit Sir Basil unterwegs, überlegte er, und setzte sich an seinen Schreibtisch, um sich den Stapel Nachrichten anzusehen, die in dieser Nacht eingegangen waren. Die Croissants – er hatte in einem Anfall von Gefräßigkeit drei davon gekauft, zusammen mit kleinen Butter- und Traubengelee-Döschen – waren so blättrig, dass sie eher auf seinem Mantel statt in seinem Magen zu landen drohten, und der Kaffee war auch nicht der beste. Jack machte sich im Geist eine Notiz, der Kaffeehaus-Kette Starbucks zu schreiben und vorzuschlagen, sie sollten
mehrere Filialen in London eröffnen. Es brauchte schon guten Kaffee, um die Briten von ihrem elenden Tee abzubringen, und dieses neue Unternehmen aus Seattle wäre dafür genau das richtige, vorausgesetzt, sie konnten ihre Angestellten dazu bringen, den Kaffee richtig aufzubrühen. Ryan sah hoch, weil sich die Tür öffnete.
»Morgen, Jack.«
»Hallo, Simon. Wie geht’s Sir Basil heute morgen?«
»Er ist hochzufrieden mit dem Verlauf von Operation BEATRIX. Sie ist sozusagen bereits in Gang gekommen.«
»Könnten Sie mich vielleicht in die neuesten Entwicklungen einweihen?«
Simon Harding überlegte für einen Moment und fasste dann kurz zusammen.
»Hier hat wohl jemand den Verstand verloren!«, kommentierte Ryan, als Simon geendet hatte.
»Tja, Jack, das nennt man Kreativität«, sagte Harding. »Aber bei der Durchführung dieser Operation dürfte es kaum Schwierigkeiten geben.«
»Es sei denn, ich muss kotzen«, stellte Jack düster fest.
»Dann wäre eine Plastiktüte genau das Richtige«, schlug Harding vor. »Nehmen Sie eine aus dem Flugzeug mit.«
»Sehr witzig, Simon.« Ryan schwieg kurz und fragte dann: »Was soll das Ganze eigentlich? Ist das so eine Art Initiationsritus für mich?«
»Nein, so was machen wir nicht. Das Operationskonzept stammt von Ihren Leuten, und die Bitte um Kooperation kommt von Judge Moore höchstpersönlich.«
»Verdammt!«, fluchte Jack.
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