Red Rabbit: Roman
bringen, werden sie sich wie im siebten Himmel fühlen, dachte Jack.
»Gehen wir rein. Es gibt hier eine ganz nette Bar«, sagte Hudson.
Und das stimmte. Wenn man rechts ein paar Stufen hinunterging, kam man in eine Bar, die Ähnlichkeit mit einer Disco-Bar in New York, aber einen deutlich niedrigeren Geräuschpegel hatte. Da die Band noch nicht da war, ertönte gedämpfte Musik vom Band. Amerikanische Musik, wie Jack bemerkte. Seltsam. Hudson bestellte zwei Gläser Tokajer.
Ryan nippte an seinem Wein. Nicht schlecht.
»Ich glaube, er wird auch in Kalifornien hergestellt. Dort nennt man ihn Tokay. Der Tokajer ist das Nationalgetränk Ungarns. Gewöhnungsbedürftig vielleicht, aber besser als Grappa.«
Ryan kicherte. »Ich weiß. Das ist Italienisch und heißt ›helle Flüssigkeit‹. Mein Onkel Mario liebte Grappa. De gustibus , wie die Römer sagten.« Er sah sich um. Im Umkreis von acht Metern saß niemand. »Können wir reden?«
»Lieber nicht. Ich komme heute Abend noch mal hierher. Diese Bar schließt um Mitternacht, und ich will mir die Angestellten näher ansehen. Unser Rabbit hat Zimmer 307. Dritter Stock, ein Eckzimmer. Leichter Zugang über die Feuertreppe. Drei Eingänge,
von vorn und von beiden Seiten. Wenn es, wie ich hoffe, nur einen einzigen Angestellten an der Rezeption gibt, müssen wir den nur ablenken, um unsere Pakete hoch- und die Rabbits rauszuschmuggeln.«
»Pakete hochschmuggeln?«
Hudson wandte sich ihm zu. »Hat man Ihnen das nicht gesagt?«
»Was gesagt?«
Verflucht, dachte Hudson, nie gaben die Verantwortlichen die notwendigen Informationen an jene weiter, die sie brauchten.
»Wir sprechen später darüber«, sagte er zu Ryan.
Oh, oh, dachte Ryan sofort. Das klang gar nicht gut. Überhaupt nicht. Vielleicht hätte er doch seine Browning mitnehmen sollen. Scheiße. Er leerte sein Glas und stand auf, um die Toilette aufzusuchen, die er an sinnfälligen Symbolen als solche erkannte. Der Raum war schon länger nicht mehr geputzt worden, und es war gut, dass er sich nicht setzen musste. Als er wieder herauskam, wartete Andy schon auf ihn, und zusammen verließen sie die Bar. Kurz darauf saßen sie wieder im Wagen.
»Okay, können wir nun über dieses kleine Problem reden?«
»Später«, vertröstete Hudson ihn, was Ryans Besorgnis nur noch wachsen ließ.
Die erwähnten Pakete kamen gerade am Flughafen an – drei ziemlich große Kisten mit Diplomatenkennzeichnung –, und ein Beamter der Botschaft stand an der Rampe, um darauf zu achten, dass sich kein Unbefugter an ihnen zu schaffen machte. Jemand hatte dafür gesorgt, dass sie in Kartons einer Elektrofirma mit der entsprechenden Aufschrift – in diesem Fall der deutschen Firma Siemens – verpackt worden waren, sodass es aussah, als handele es sich um Chiffriermaschinen oder andere sperrige, aber empfindliche Geräte. Sie wurden weisungsgemäß in den botschaftseigenen Lieferwagen verladen und in die Innenstadt gefahren, ohne dass sie allzu große Neugier auf sich gelenkt hätten. Die Anwesenheit eines Botschaftsbeamten verhinderte, dass man sie mit Röntgenstrahlen durchleuchtete, und das war wichtig. Die Zollbeamten am Flughafen dachten natürlich, dass der Beamte eine Beschädigung irgendwelcher Mikrochips verhindern wollte, und schrieben einen entsprechenden Bericht für das Belügyminisztérium. Schon bald
würde jeder, auch der KGB, wissen, dass die britische Botschaft in Budapest über eine neue Chiffriermaschine verfügte. Diese Information würde pflichtgemäß abgelegt und anschließend vergessen werden.
»Gefällt Ihnen Ihr Ausflug bisher?«, fragte Hudson, als sie wieder in seinem Büro waren.
»Besser, als wirklich Bücher prüfen zu müssen. Okay, Andy«, sagte Ryan dann, »können Sie mir nun endlich sagen, was Sache ist?«
»Die Idee stammt von Ihren Leuten. Wir versuchen den KGB auszutricksen. Wir bringen die Rabbit-Familie raus, deichseln es aber so, dass der KGB glaubt, sie seien tot – also eben nicht übergelaufen, um mit dem Westen zu kooperieren. Zu diesem Zweck haben wir drei Leichen besorgt, die wir im Hotelzimmer deponieren, sobald Flopsy, Mopsy und Cottontail draußen sind. So habe ich sie getauft, nach der Geschichte von Peter Rabbit.«
»Okay, so viel weiß ich schon«, sagte Ryan. »Simon hat es mir erzählt. Was sonst noch?«
»Dann legen wir Feuer im Hotelzimmer. Die drei Leichen sind Opfer von Hausbränden. Sie müssten heute angekommen sein.«
Ryan spürte, wie Ekel in ihm
Weitere Kostenlose Bücher