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Red Rabbit: Roman

Red Rabbit: Roman

Titel: Red Rabbit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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»Mrs Dover muss operiert werden«, fügte sie hinzu. »Möchten Sie, dass ich das mache?«
    »Kompliziert?«, fragte Byrd.
    Cathy schüttelte den Kopf. »Reine Routinesache. Weil sie schon etwas älter ist, wird’s ein bisschen länger dauern, fünfzig Minuten etwa, aber Komplikationen sind nicht zu erwarten.«
    »Na schön, dann kommt Mrs Dover auf die Liste.«
    »Wann?«
    »Es ist kein Notfall … in neun bis zehn Monaten«, sagte Byrd.
    »Das kann doch nicht Ihr Ernst sein!«
    »Das ist völlig normal.«
    »Aber das sind neun oder zehn Monate, in denen sie nicht gut genug sehen kann, um Auto zu fahren!«

    »Dafür wird sie auch nie eine Rechnung zu sehen kriegen«, erinnerte Byrd seine neue Kollegin.
    »Na schön. Aber sie wird fast ein Jahr lang nicht Zeitung lesen können. Albert, das ist schrecklich!«
    »Das ist unser Gesundheitswesen«, erklärte Byrd.
    »Verstehe.« Aber eigentlich verstand Cathy es nicht. Die Chirurgen hier waren durchaus fleißig, aber sie erledigten nur unwesentlich mehr als die Hälfte der Eingriffe, die sie und ihre Kollegen im Hopkins vornahmen – und Cathy hatte im Maumenee Building nie das Gefühl gehabt, sich zu überarbeiten. Sicher, man arbeitete schwer. Aber die Patienten brauchten sie, und ihre Aufgabe war es, die Sehfähigkeit von Menschen, die fachkundige ärztliche Hilfe benötigten, wiederherzustellen und zu verbessern – und das war für Caroline Ryan, M. D., FACS, eine quasi religiöse Berufung. Es war keineswegs so, dass die englischen Ärzte faul waren, es war nur so, dass ihnen das System gestattete – nein, sie dazu ermutigte  –, mit einer ausgeprägten Laisser-faire -Haltung an ihre Arbeit heranzugehen. Cathy Ryan war in einer neuen ärztlichen Welt angekommen, doch die war keineswegs schön.
    Und einen Computertomographen gab es hier auch nicht. An sich waren diese Geräte von EMI in England erfunden worden, aber irgendein Erbsenzähler in der britischen Regierung – im Innenministerium, wie sie erfuhr – hatte entschieden, das Land bräuchte nur ein paar dieser Geräte, und so hatten die meisten Krankenhäuser in der Lotterie verloren. Die CTs waren erst wenige Jahre vor Cathys Anstellung an der Johns Hopkins University School of Medicine aufgekommen, aber schon zehn Jahre später waren sie ebenso wenig aus der Medizin wegzudenken wie das Stethoskop. Praktisch jedes Krankenhaus in Amerika hatte so ein Ding. Jedes Gerät kostete eine Million Dollar, aber die Patienten bezahlten für die Benutzung der CTs, sodass sie sich ziemlich schnell amortisierten. Cathy brauchte zwar nur selten einen – zum Beispiel, um Tumore im Augenbereich zu untersuchen –, aber wenn sie ein solches Gerät benötigte, dann auf der Stelle!
    Und im Johns Hopkins wurden die Fußböden jeden Tag gewischt.
    Aber die Patienten hatten überall dieselben Bedürfnisse, und sie war Ärztin, und damit, beschloss Cathy, war alles klar. Einer ihrer
Kollegen war nach Pakistan gegangen und mit Erfahrungen in puncto Augenleiden zurückgekehrt, wie man sie in amerikanischen Krankenhäusern sein ganzes Leben lang nicht sammeln konnte. Natürlich hatte er auch die Amöbenruhr mitgebracht, was nicht gerade dazu angetan war, zu solchen Auslandsaufenthalten zu ermutigen. Wenigstens das würde ihr hier nicht passieren, dachte sie. Es sei denn, sie holte sie sich im Wartezimmer eines Arztes.

9. Kapitel
ALPTRÄUME
    Bisher hatte es Ryan kein einziges Mal geschafft, bei der Heimfahrt denselben Zug zu erreichen wie seine Frau, sondern war irgendwie immer später nach Hause gekommen als sie. Wenn er dann endlich ankam, war er meist wieder so erholt, dass er zumindest daran dachte, die Arbeit an seinem Buch über Halsey fortzusetzen. Es war etwa zu 70 Prozent fertig, und die wichtigen Recherchen hatte Jack bereits abgeschlossen. Er musste das Buch im Grund nur noch zu Ende schreiben. Doch was die Leute nie zu begreifen schienen, war, dass gerade das der schwierigste Teil war. Recherchieren war nichts als das Aufspüren und Aufzeichnen von Fakten. Doch die eigentliche Schwierigkeit bestand darin, diese Fakten in einen schlüssigen Zusammenhang zu bringen, zumal kein Menschenleben kohärent war, vor allem nicht das eines kräftig trinkenden Militärs wie William Frederick Halsey jr. Das Verfassen einer Biographie war in erster Linie eine Übung in Amateurpsychologie. Man griff Ereignisse heraus, die sich in zufällig ausgewählten Lebens- und Ausbildungsphasen zugetragen hatten, doch von den kleinen

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