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Red Rabbit: Roman

Red Rabbit: Roman

Titel: Red Rabbit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Schlüsselerinnerungen, die ein Leben prägten, wusste man rein gar nichts – von der Pausenhofschlägerei in der dritten Klasse genauso wenig wie von den mahnenden Worten seiner unverheirateten Tante Helen, die ihm sein ganzes Leben lang in Erinnerung geblieben waren. Solche Dinge gaben Männer schließlich selten preis. Auch Ryan hatte diese Art von Erinnerungen, und manche von ihnen kamen in offenbar willkürlichen Zeitabständen immer wieder einmal in sein Bewusstsein hoch. Wie zum Beispiel die Strafpredigt von Schwester Frances Mary in der zweiten Klasse der
St. Matthew’s School. Ein guter Biograph schien die Fähigkeit zu besitzen, derlei Dinge zu simulieren, aber manchmal lief es auch darauf hinaus, dass er etwas erfand und seine persönlichen Erfahrungen auf das Leben eines anderen Menschen übertrug, und das war nichts anderes als… reine Fiktion. Geschichte sollte jedoch möglichst authentisch sein. So auch ein Zeitungsartikel, aber Ryan wusste aus eigener Erfahrung, dass viele so genannte »Nachrichten« schlicht und einfach erfunden waren. Nun, es hatte ja auch nie jemand behauptet, dass es einfach war, eine Biographie zu schreiben. Sein erstes Buch, Doomed Eagles , war, im Rückblick betrachtet, ein wesentlich einfacheres Vorhaben gewesen. Bill Halsey, Fleet Admiral der US Navy, hatte Jack schon fasziniert, seit er als Junge die Autobiographie des Mannes gelesen hatte. Halsey hatte im Krieg Seestreitkräfte befehligt, und was dem zehnjährigen Jungen noch enorm spannend erschienen war, hatte nun für den zweiunddreißigjährigen Mann etwas entschieden Beängstigendes. Immerhin verstand er jetzt all das, was Halsey nur andeutete, viel besser – zum Beispiel die Notwendigkeit, sich auf Geheimdienstinformationen verlassen zu müssen, ohne wirklich zu wissen, woher sie kamen, wie sie beschafft, wie analysiert, ausgelegt und an ihn weitergeleitet worden waren und ob der Feind mithörte oder nicht. In derselben Situation befand sich auch Ryan gerade, und es war höllisch beängstigend, sein Leben auf die Arbeit setzen zu müssen, die er selbst tat – oder genauer, das Leben anderer darauf zu setzen, Leute, die er vielleicht kannte, wohl eher aber nicht.
    Während hinter dem Fenster die grüne englische Landschaft vorbeiglitt, fiel ihm ein Witz aus seiner Zeit beim Marine Corps ein. Das Motto der Geheimdienste lautete: »Wir setzen auf euer Leben.« Genau das machte er jetzt. Er musste das Leben anderer aufs Spiel setzen. Theoretisch konnte er sogar zu einer nachrichtendienstlichen Einschätzung der Lage gelangen, bei der das Wohl seines Landes auf dem Spiel stand. Man musste sich seiner Sache und seiner Daten so verdammt sicher sein…
    Aber man konnte unmöglich immer sicher sein. Jack hatte oft über die offiziellen CIA-Einschätzungen geschimpft, die er in Langley vorgelegt bekam, aber es war erheblich leichter, über die Arbeit anderer zu lästern, als selbst bessere zu liefern. Seine Halsey-Biographie
mit dem Arbeitstitel Fighting Sailor  – Kämpfender Seemann  – würde mit einigen liebgewonnenen Vorstellungen aufräumen, und zwar ganz bewusst. In manchen Punkten, fand Ryan, waren die gängigen Auffassungen nicht bloß unrichtig, sondern entsprachen schlicht und einfach nicht den Tatsachen. In einigen Fällen hatte Halsey seinem damaligen Kenntnisstand entsprechend vollkommen richtig gehandelt, obwohl vom alles sehenden Auge des rückblickenden Betrachters sein Vorgehen im Nachhinein natürlich als falsch bewertet werden musste. Und das war unfair. Halsey durfte nur anhand der Informationen beurteilt werden, die ihm zur Verfügung gestanden hatten. Alle gegenteiligen Behauptungen liefen etwa auf dasselbe hinaus, als hielte man den Ärzten vor, dass sie Krebs nicht heilen konnten. Sie waren kluge Leute, die ihr Bestes taten, aber es gab eben einige Dinge, die sie noch nicht wussten. Sie strengten sich gewaltig an, die Krankheit zu besiegen, aber das ging nicht von heute auf morgen. Es würde noch Jahre brauchen. Und auch Bill Halsey hatte nur wissen können, was ihm an Informationen vorlag und was ein halbwegs intelligenter Mensch mit Hilfe seiner Erfahrung und seines Wissens über die Psyche des Feindes aus diesen Informationen folgern konnte. Und selbst dann galt es noch zu berücksichtigen, dass der Feind natürlich nicht an seiner eigenen Vernichtung bereitwillig mitwirkte, oder?
    Na schön, das ist meine Aufgabe, dachte Ryan. Es war eine Suche nach der Wahrheit, aber es war mehr als

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