Redwall 01 - Der Sturm auf die Abtei
du Matthias gesehen?«, fragte der Abt. »Er ist gestern Nachmittag aus dem Krankenzimmer verschwunden.«
Basilius stieg die Schamröte ins Gesicht. »Ich fürchte, es ist alles meine Schuld. Ich hätte den kleinen Halunken im Auge behalten sollen. Wir werden einen Suchtrupp losschicken müssen.«
»Dafür haben wir jetzt keine Zeit mehr«, schnauzte die Dächsin. »Schaut euch das an!«
In der Ferne stieg eine große Staubwolke von der Straße auf. Die drei hielten ihre Nasen kurz in den Wind. Der Geruch war unverkennbar: Clunys Armee marschierte auf Redwall zu!
»Wir werden jeden Verteidiger brauchen, der uns zur Verfügung steht«, murmelte Konstanze. »Ich will ja nicht die Pferde scheu machen, aber das sieht mir doch nach einem Großangriff aus. Der Fuchs hat die Wahrheit gesagt.«
Man schickte nach Jessica, Winifred, dem Vormaulwurf und Ambrosius. Gemeinsam lehnten sie sich über die Brustwehr und beobachteten, wie die Staubwolke immer näher kam. Man konnte den Schlag einer Trommel hören und auch einzelne Ratten erkennen.
»Sie stürmen geradewegs auf uns zu«, bemerkte Jessica grimmig. »Es ist wohl das Beste, wenn wir alle Verteidiger auf ihre Gefechtsstationen rufen.«
Auf ein Zeichen hin begann Hans Kirchenmaus, mit dem Geläut der Josefsglocke vor dem Angriff zu warnen. Überall im Abteigebäude und auf dem Gelände stellten die Tiere ihre Tätigkeit ein, ergriffen ihre Waffen, die immer zur Pfote lagen, und versammelten sich auf ihren Posten, wo sie weitere Befehle erwarteten.
Cluny schwenkte seine Standarte hoch über der sonnenbeschienenen Staubwolke, die von der Straße aufstieg. Ganz langsam kam die Horde zum Stehen.
Er schirmte sein Auge gegen die Sonne ab und starrte die Mauer hinauf.
»Ergebt euch Cluny der Geißel!«, brüllte er barsch.
»Hau ab und häng dich auf, Ratte!«, kam die ruppige Antwort von Konstanze.
Cluny trat einen Schritt zurück und senkte kurz seine Standarte. Zwei Reihen von Ratten mit Schleudern liefen nach vorn und wirbelten ihre steinbeladenen Waffen im Kreis. Sie ließen einen Steinhagel gegen die Brustwehr prasseln, wobei sie grauenhafte Kriegsschreie ausstießen. Ohne einen nennenswerten Schaden zu verursachen, prallten die Steine an der Mauer ab und fielen zurück auf die Straße.
Cluny fluchte innerlich. Bei seiner ganzen Demonstration von Macht und Überlegenheit war ihm ein strategischer Fehler unterlaufen.
Die Sonne stand so, dass sie seinen Soldaten direkt in die Augen schien!
Die Verteidiger waren im Vorteil. Das wurde schon bald offensichtlich, als ein Zug von Otter auf der Brustwehr erschien und den Gegner mit schweren Steinen unter Beschuss nahm. In der Vorhut von Clunys Horde brach ein Höllenspektakel los, überall hörte man die Schmerzensschreie der Getroffenen. Ein Stein landete sogar auf Clunys Helm.
»Zurück in den Graben und auf die Wiese! Haltet euch außer Schussweite!« Cluny bemühte sich sehr, seine Stimme ruhig klingen zu lassen. Als die Armee sich in Sicherheit brachte, war er der Letzte, der den Rückzug antrat. Er ging betont langsam, damit es so aussah, als hätte er sowieso diese Richtung einschlagen wollen.
Vier Ratten lagen tot an der Mauer und Zapfentöters Trommel lag achtlos auf der Straße. Basilius Hirsch Hase schnaubte verächtlich.
»Für die unbesiegbare Horde ist das ja nicht gerade ein gut organisierter erster Rückzug. Denen haben unsere Leute aber den Wind aus den Segeln genommen, was?«
»Hano, die tun nur grad warten müssen, als bis die Sonne aus einer anderen Richtung scheinen tut.«
»Aber wir nicht«, rief Jessica. »Lasst die Bogenschützen heraufkommen! Alle an den Schleudern sollen weitermachen! Wir werden es dem Pöbel da unten im Graben schon zeigen.«
Zapfentöter, der sich wie Cluny auf der Wiese in Sicherheit gebracht hatte, versuchte, den Käpten wieder aufzubauen. »Hach, das war wirklich n schlauer Schachzug von Euch, Herr, dafür zu sorgen, dass sie sich in Sicherheit wiegen. Ihr lasst sie in dem Glauben, dass sie gewinnen – so is s richtig!«
Ganz unerwartet erhielt Zapfentöter seine Belohnung dafür, dass er Cluny zum falschen Zeitpunkt Honig um das Schnurrhaar geschmiert hatte – die Standarte fuhr auf seinen Kopf nieder.
»Halt die Klappe, Frettchen«, sagte Cluny gereizt. »Sieh zu, dass du mir hier so eine Art behelfsmäßigen Befehlsstützpunkt zusammenzimmerst. Käseklau, wo ist der Trupp mit dem Rammbock?«
»Sind auf dem Weg«, rief Käseklau, während er
Weitere Kostenlose Bücher