Redwall 01 - Der Sturm auf die Abtei
reglos da, wie es nur ging.
Der orangefarbene Kater stieß ihn lässig mit der Pfote an. »Nun steh schon auf, du widerwärtiges, kleines Biest! Ich weiß, dass du nicht tot bist.«
Ganz langsam stand der junge Mäuserich auf. Als Nahrung schien er für den Kater nicht infrage zu kommen. Matthias hatte so wackelige Beine, dass er sich wieder hinsetzen musste.
Sie starrten einander an. Matthias hatte es förmlich die Sprache verschlagen. Da ergriff der Kater wieder das Wort. Diesmal klang seine Stimme empört: »Ja, hast du denn nichts zu deiner Rechtfertigung zu sagen, Mäuserich? Was ist das für ein Benehmen? Findest du nicht, dass du dich wenigstens dafür entschuldigen könntest, dass du mir einfach so ins Maul gesprungen bist?«
Matthias gelang es, sich wieder hinzustellen. Er verbeugte sich zittrig. »Ich bitte um Verzeihung, mein Herr. Es war wirklich keine Absicht. Ich bin nämlich gefallen, müsst Ihr wissen. Ich bitte Euch untertänigst um Entschuldigung. Ich bin Matthias von Redwall, und ich hoffe inständig, dass ich Euch nicht in irgendeiner Weise gestört habe.«
Der Kater schnüffelte distanziert. »Na, zumindest scheinst du eine einigermaßen anständige Erziehung genossen zu haben, Matthias von Redwall. Ich nehme deine Entschuldigung an. Erlaube mir, dass ich mich vorstelle. Ich bin Junker Julian von Gingivere.«
»Ich bin erfreut, Eure Bekanntschaft zu machen, Junker Julian«, sagte Matthias höflich.
Der Kater gähnte königlich. »Du darfst mich ruhig Julian nennen. Den Titel habe ich geerbt. Ich habe ihn nie gewollt. Junker wovon? Einer heruntergekommenen, baufälligen Farm und einem Teil des Flusslaufes dort drüben! Man hat keine wahren Freunde, keine treuen Diener, ja schließlich nicht einmal eine Lebensgefährtin. Hmmm, ich nehme an, das Geschlecht von Gingivere wird eines Tages mit mir aussterben.«
Matthias tat der einsame Adlige unwillkürlich Leid.
»Zumindest scheint Ihr ein friedliches Leben zu führen«, sagte er hoffnungsvoll.
»Ach, erspar mir deine Plattheiten, Mäuserich«, antwortete Julian mit weltverdrossener Stimme. »Was weißt du denn schon über Einsamkeit und den Versuch, in einer zugrunde gehenden Welt einen gewissen Lebensstandard zu erhalten. Sag einmal, könntest du dich nicht vielleicht ein wenig säubern? Es sieht zum Erschrecken aus, wie du da so, mit Staub und Stroh bedeckt, herumstehst. Und dabei könntest du mir vielleicht erklären, warum du um meine Scheune herumschleichst?«
Während Matthias sich abklopfte, berichtete er von dem Ziel seiner Mission. Julian sah verwundert auf ihn hinunter.
»Hauptmann Schnee, was? Der verrückte Alte! Ich habe ihn meiner Scheune verwiesen, musst du wissen. Was für ein durch und durch schauderhafter Vogel! Er isst alles, was sich bewegt oder krabbelt. Hat auch schreckliche Tischmanieren. Und dann dieses Hochgewürge von Fell und Knochen. Igitt!«
»Könntet Ihr mir wohl sagen, wo er sich gegenwärtig aufhält?«, fragte Matthias.
»Aber selbstverständlich«, antwortete Julian. »Schnee lebt dieser Tage in einem hohlen Baum. Ich werde mir einmal die Beine vertreten und dich hinbringen. Aber erwarte bitte nicht von mir, dass ich dich mit ihm bekannt mache oder auch nur ein Wort mit ihm wechsle. Als ich Schnee von hier vertrieb, hatten wir einen entsetzlichen Streit. Es wurden Dinge gesagt, die sich nicht mehr zurücknehmen lassen. Ich schwor mir an jenem Tag, mit dem alten Eulenmann mein Lebtag kein Wort mehr zu sprechen.«
Matthias spürte, dass Julian und Schnee einmal gute Freunde gewesen waren. Vielleicht war die zerrüttete Beziehung der Grund dafür, dass Julian jetzt so bedrückt und schwermütig war. Er beschloss klugerweise, der Angelegenheit nicht weiter auf den Grund zu gehen.
Der Ritt auf dem Rücken eines Katers war für Matthias eine ganz neue und ungewöhnliche Erfahrung. Julian war ein sehr aufmerksamer Beobachter, obwohl er sich sehr anstrengte, es zu verbergen. Während er mit müheloser Anmut über die Farm schritt, sagte er beiläufig: »Deine Freunde, die Spitzmäuse, sind ja heute in voller Stärke ausgerückt. Kleine Stümper! Sie denken, ich kann sie nicht sehen. Würdest du Roy-Ahoi und Guasim bitte etwas von mir ausrichten? Sag ihnen, dass ihnen nicht die geringste Gefahr droht, wenn sie sich in der Scheune Stroh und andere Dinge beschaffen. Schnee hat seinen Schlafplatz nicht mehr dort und ich werde ihnen bestimmt kein Leid antun. Ich ernähre mich von Kräutern, Gräsern und dem
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