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Reflex

Reflex

Titel: Reflex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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Mann, eine tiefe Abneigung dagegen hatte, einen Wirbel zu veranstalten oder zu kämpfen.
    Ich hatte mir so lange beigebracht, nichts zu wollen, was man mir nicht anbot, daß ich jetzt nur wenige Bedürfnisse hatte. Ich hatte nie große Entscheidungen getroffen. Was ich hatte, war einfach so gekommen.
    Harold Osborne hatte mir zusammen mit dem Job als Jockey in seinem Rennstall das Häuschen angeboten. Ich hatte angenommen. Die Bank hatte eine Hypothek angeboten. Ich hatte angenommen. Der Autohändler hatte einen bestimmten Wagen vorgeschlagen. Ich hatte ihn gekauft.
    Mir war klar, warum ich so war, wie ich war. Ich wußte, warum ich mich einfach treiben ließ, wohin es mich trug. Ich wußte, warum ich passiv war, aber ich verspürte nicht das geringste Bedürfnis, mich zu ändern, Krach zu schlagen oder darauf zu bestehen, daß ich der Herr meines Schicksals war.
    Ich wollte nicht nach meiner Halbschwester suchen, und ich wollte meinen Job bei Harold nicht verlieren. Ich konnte mich einfach so weitertreiben lassen wie bisher, ohne etwas Konkretes zu unternehmen … und doch kam mir dieses instinktive Verhalten aus irgendeinem obskuren Grunde zunehmend faul vor.
    Gereizt zog ich mich an und ging nach unten. Im Vorbeigehen sah ich kurz bei Steve hinein, der selig schlief.
    Irgend jemand hatte nach dem Einbruch am Beerdigungstag den Küchenboden sauber gemacht und einen ganzen Berg zerbrochenes Geschirr und verschüttete Lebensmittel zusammengefegt. Kaffee und Zucker lagen dort im Staub, das hatte ich schon gestern abend gesehen, aber im Kühlschrank waren Eier und Milch, von der ich etwas trank. Dann schlenderte ich zum Zeitvertreib durch die Zimmer im Erdgeschoß und sah mich etwas um.
    Der Raum, der einst George Millaces Dunkelkammer gewesen war, wäre der bei weitem interessanteste gewesen, wenn sich etwas darin befunden hätte; aber gerade da waren die Einbrecher besonders gründlich gewesen. Bis auf eine breite Arbeitsplatte an der einen Seite, zwei großen tiefen Ausgußbecken auf der anderen und reihenweise leeren Regalbrettern an der Rückwand war nichts darin vorhanden. An den vielen Schmutzrändern und Flecken an den Wänden konnte man erkennen, wo die umfangreiche Ausrüstung gestanden hatte, und Kleckse auf dem Boden zeigten an, wo er seine Chemikalien aufbewahrt hatte.
    Ich wußte, daß er häufig seine Farbfilme selbst entwickelt und abgezogen hatte, was die meisten professionellen Fotografen nicht taten. Das Entwickeln von Farbdias und Farbnegativen war kompliziert und erforderte großes Geschick, und es war besser, ein großes Labor damit zu beauftragen, wenn man gleichbleibend gute Ergebnisse erzielen wollte. Duncan und Charlie hatten ihre Farbfilme immer weggegeben. Nur die Abzüge hatten sie selbst gemacht, was erheblich leichter ist.
    George Millace war ein Meister seines Fachs gewesen. Schade, daß er ein so unfreundlicher Mensch war.
    Soweit man sehen konnte, hatte er zwei Vergrößerungsapparate besessen, einen großen und einen kleineren. Ein Vergrößerungsapparat besteht im wesentlichen aus einem an einer Stange befestigten Kasten, in den das Negativ so eingespannt wird, daß der Lichtschein einer starken Lampe durch den Film hindurch auf eine darunterliegende Platte fallen kann.
    Der Kopf des Apparates, in dem sich die Lichtquelle und das Negativ befinden, läßt sich an der Stange höher und tiefer stellen. Je höher der Kopf über der Platte steht, desto größer wird das Bild. Je niedriger der Kopf, desto kleiner das Bild. Ein Vergrößerungsapparat ist eigentlich ein Projektor und die Platte die Leinwand.
    Wenn man einen Abzug von einem Negativ machen will, muß man den Kopf des Apparats, je nach gewünschtem Format, höher oder tiefer schrauben, dann das Objektiv scharf stellen, im Dunkeln das Fotopapier auf die Platte legen, ein paar Sekunden lang Licht durch das Negativ auf das Papier fallen lassen, das Papier in den Entwickler legen, neutralisieren, fixieren, wässern und – Hokuspokus fidibus – schon hat man, wenn man keine Fingerabdrücke hinterlassen hat, einen sauberen Abzug in der gewünschten Größe.
    Neben den Vergrößerungsapparaten hatte George sicher eine elektrische Trickkiste besessen, mit der er die Belichtungszeit steuern konnte, dazu massenhaft Ausrüstung für den Entwicklungsprozeß und einen Trockner zum Trocknen der fertigen Abzüge. Er hatte sicher bergeweise Fotopapier in unterschiedlichen Größen und Härtegraden gehabt, und lichtundurchlässige Behälter,

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