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Reflex

Reflex

Titel: Reflex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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Aluminiumfensterrahmen anstelle der alten aus Holz, die verrottet waren. Ein altes, wieder aufgemöbeltes Ding. Nicht beeindruckend, aber ein Zuhause.
    Ich fuhr langsam an dem Besucherauto vorbei und bog in den schlammigen Weg am Ende der Häuserreihe ein, fuhr zur Rückseite und parkte unter dem Wellplastikdach des Autoabstellplatzes neben der Küche. Im Vorbeifahren konnte ich einen Blick auf den Mann werfen, der hastig aus dem Auto stieg, und mir war klar, daß er mich gesehen hatte. Ich für meinen Teil fand, daß er kein Recht dazu hatte, mich am Sonntag zu verfolgen.
    Ich ging von hinten durchs Haus und öffnete die Eingangstür. Vor mir stand Jeremy Folk, groß, dünn, linkisch, mit seinem schüchternen Ernst, den er wie zuvor bewußt als Hebel benutzte.
    »Schlafen Anwälte sonntags nicht?« sagte ich.
    »Nun ja, also, es tut mir schrecklich leid …«
    »Klar«, sagte ich. »Kommen Sie rein. Wie lange warten Sie schon?«
    »Nicht … äh … der Rede wert.«
    Er trat leicht erwartungsvoll durch die Tür und trug die augenblickliche Enttäuschung mit einem Blinzeln. Ich hatte das Innere des Hauses so umgestaltet, daß das einstige repräsentative Vorderzimmer jetzt in Eingangsdiele und Dunkelkammer unterteilt war, und im Dielenteil gab es nichts weiter als einen Aktenschrank und das Fenster zur Straße. Weiße Wände, weiße Fliesen; nichtssagend.
    »Hier lang«, sagte ich belustigt und führte ihn an der Dunkelkammer vorbei in den Raum, der einst als Küche gedient hatte, jetzt aber aufgeteilt war in Badezimmer und Erweiterung der Diele. Dahinter lag die neue Küche, und links war die schmale Treppe.
    »Was wollen Sie?« sagte ich. »Kaffee oder reden?«
    »Ähm … reden.«
    »Dann hier hinauf.«
    Ich ging nach oben, und er folgte. Eins der Schlafzimmer diente mir als Wohnzimmer, weil es der größte Raum im Haus war und man von hier aus die schönste Aussicht auf die Hügellandschaft der Downs hatte. In dem kleineren Raum daneben schlief ich.
    Im Wohnzimmer weiße Wände, brauner Teppich, blaue Vorhänge, Strahler, Bücherregale, Sofa, Couchtisch und Sitzkissen. Mein Gast ließ kurze, taxierende Blicke herumhuschen.
    »Nun?« sagte ich neutral.
    »Ähm … das ist ein hübsches Bild.« Er trat näher, um den einzigen Gegenstand, der an der Wand hing, genauer zu betrachten: blaßgelbes Sonnenlicht fiel durch kahle Silberbirken auf Schnee.
    »Ein … ähm … Druck?«
    »Ein Foto«, sagte ich.
    »Ach! Wirklich? Sieht wie ein Gemälde aus.« Er wandte sich ab und sagte: »Wo würden Sie gerne leben, wenn Sie hunderttausend Pfund hätten?«
    »Ich habe ihr gesagt, daß ich das Geld nicht haben will.« Ich sah ihn mir an, wie er dastand in seiner eckigen Unbeholfenheit, heute nicht in grauem werktäglichem Flanell, sondern im Tweedjackett mit dekorativen Lederflicken auf den Ellbogen. Der schlaue Kopf hinter der trotteligen Pose ließ sich nicht völlig verbergen, und ich fragte mich vage, ob er sich diese Fassade zugelegt hatte, weil sein eigener Scharfsinn ihm peinlich war.
    »Setzen Sie sich«, sagte ich, aufs Sofa deutend, und er schlug dankbar die langen Beine übereinander, als hätte ich ihm ein Geschenk gemacht. Ich setzte mich auf ein Sitzkissen und sagte: »Warum haben Sie bei unserer Begegnung in Sandown das Geld nicht erwähnt?«
    Er wand sich schier. »Ich … also … ähm … dachte, ich versuche es erst mal mit ›Blut ist dicker als Wasser‹, verstehen Sie?«
    »Und wenn das nicht funktionierte, mit Habgier?«
    »Gewissermaßen.«
    »Um herauszufinden, mit wem Sie es zu tun haben?«
    Er blinzelte.
    »Hören Sie«, seufzte ich, »ich kann einfachen Gedankengängen folgen, also warum lassen Sie nicht einfach das Geschwafel?«
    Er entspannte sich zum ersten Mal und schenkte mir ein leises Lächeln, das vor allem von den Augen ausging.
    »Reine Gewohnheit«, sagte er.
    »Habe ich mir gedacht.«
    Er sah sich nochmals im Raum um, und ich sagte: »Na, was sehen Sie?«
    Er antwortete, ohne sich zu winden oder zu entschuldigen. »Sie sind gerne allein. Sie sind gefühlskalt. Sie brauchen keine Requisiten. Und falls dieses Foto nicht von Ihnen stammt, sind Sie nicht eitel.«
    »Es stammt von mir.«
    »Aber, aber.«
    »Ja«, sagte ich. »Was führt Sie zu mir?«
    »Nun ja, offenbar will ich Sie zu etwas überreden, was Sie nicht tun wollen.«
    »Die Halbschwester aufspüren, von der ich nichts wußte?«
    Er nickte.
    »Warum?«
    Nach einer kurzen Pause, in der er allem Anschein nach sämtliches Für und

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