Regulator: Roman
Vorbeilaufen zu packen, aber die Schmerzen in seinen Schultern waren unerträglich. Er konnte nur hilflos zusehen, wie Dave Reed Johnny packte und zu Boden warf. Sie wälzten sich zweimal von einer Seite des Wegs auf die andere. Johnny landete obenauf, zumindest im Augenblick. »David, hör mir zu -« »Nein! Nein! Sie hätten ihn aufhalten müssen! Sie hätten ihn aufhalten müssen!«
Der Junge schlug Johnny zuerst mit der rechten Hand, dann mit der linken. Er schluchzte, Tränen liefen an seinen blassen Wangen hinab. Steve versuchte wieder, zu helfen, schaffte es aber nur, Johnny abzulenken, der versuchte, die Arme des Jungen mit den Knien festzuhalten. David stemmte eine Hüfte ruckartig hoch und warf Johnny links vom Weg herunter. Johnny versuchte, den Sturz mit einer Hand abzufangen, bohrte sich aber statt dessen Kaktusstacheln in die Handfläche. Er schrie vor Überraschung und Schmerzen auf. Steve packte Dave Reeds Schulter mit der rechten Hand -der Arm reagierte wenigstens ein bißchen -, aber der Junge schüttelte ihn mühelos ab, ohne sich auch nur umzudrehen, dann sprang er auf Johnny Marinvilles breiten Rücken, legte ihm die Hände um den Hals und würgte ihn. Und ringsum in der zunehmenden Dämmerung heulten Kojoten - ein perfektes volltönendes Heulen, wie Steve es als Kind nie gehört hatte, obwohl er in Texas aufgewachsen war. Ein Heulen, wie man es nur in Filmen hörte.
5
Beide Männer wollten sie begleiten, aber das ließ Cynthia nicht zu - einer war alt, der andere betrunken. Das Tor am Ende des Gartens stand noch offen. Kaum hatte sie es hinter sich gelassen, kämpfte sie sich durch Unterholz auf den Weg zu. Sie sah mehrere Kakteen, bis sie dort anlangte (inzwischen waren es noch mehr, sie verdrängten die normale Vegetation des Wäldchens), registrierte sie aber nicht. Sie konnte weiter vorne Geräusche eines Kampfs hören: abgehacktes, gepreßtes Atmen, einen Schmerzensschrei, das Klatschen eines Schlags. Und Kojoten. Sie konnte sie nicht sehen, aber es hörte sich an, als wären sie überall. Als sie den Weg erreichte, stürmte eine schlanke kleine Blondine in Jeans an ihr vorbei, ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen. Cynthia wußte, wer sie war - Cammie Reed, die Mutter der Zwillinge. Ihr folgte der schwer atmende Brad Josephson. Schweiß lief ihm in Strömen über die Wangen; im Licht der Abenddämmerung sah es aus, als würde er blutige Tränen weinen. Die Sonne geht unter, dachte Cynthia, die auf den Weg einbog und den anderen folgte. Wenn wir nicht bald hier rauskommen, werden wir uns verirren. Das wird ein Spaß. Dann ertönte ein Schrei unmittelbar vor ihr. Nein, kein Schrei, ein Kreischen. Grauen und Kummer vereint. Mrs. Reed. Cynthia hörte Brad sagen: »O nein, Scheiße«, als sie ihn gerade eingeholt hatte.
Einen Augenblick verdeckte Josephsons breiter Rücken, was sich da abspielte, dann bückte er sich neben Cammie, und Cynthia sah zwei Tote auf beiden Seiten des Wegs liegen. In den düsteren Schatten konnte sie nicht erkennen, wer sie waren - nur, daß sie männlichen Geschlechts waren und auf unerfreuliche Weise gestorben zu sein schienen -, aber sie sah Steve links vom Weg neben dem ganzen Chaos stehen, und sein Anblick erfüllte sie mit Erleichterung. Fast zu seinen Füßen lag der Kadaver eines gräßlich mißgebildeten Tieres, dem der Kopf weggeschossen worden war. Cammie Reed kniete neben einem Toten, berührte ihn aber nicht, sondern hielt nur die zitternden Hände darüber, Handflächen nach oben, und wimmerte. Ihr Gesicht hatte einen Ausdruck mörderischer Qual angenommen. Cynthia sah die Shorts von Eddie Bauer und begriff, daß es sich um einen ihrer Söhne handelte.
Dabei hatten sie so perfekte Zähne, dachte Cynthia albernerweise. Muß sie und ihren Mann ein Vermögen gekostet haben.
Brad versuchte, den anderen Zwillingsbruder (Dave, dachte Cynthia, so hieß er, möglicherweise auch Doug) von Johnny Marinville herunterzubekommen. Der große Schwarze hatte seine Arme unter die des Teenagers geschoben und seine gewaltigen Hände in Daves Nacken verschränkt, der klassische Doppelnelson, um ihn wegzuziehen. Aber der Junge sträubte sich.
»Lassen Sie mich los!« heulte er. »Lassen Sie mich los, Sie Arschloch! Er hat meinen Bruder getötet! Er hat Jimmy getötet!«
Mrs. Reed hörte auf zu wimmern. Sie schaute auf, und der ruhige, fragende Ausdruck ihres blassen Gesichts machte Cynthia angst. »Was?« sagte sie so leise, als würde sie Selbstgespräche
Weitere Kostenlose Bücher