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Regulator: Roman

Regulator: Roman

Titel: Regulator: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Männer, Garin mit seinem schlafenden Sohn auf den Armen. Das war unser »kleiner Schrecken«. Mrs. Garin und die beiden älteren Kinder weinten und machten ein Riesenaufhebens um Seth, tätschelten ihn und küßten ihn, als könnten sie kaum glauben, daß er da war. Er wachte auf und sah alle lächelnd an, sprach aber kein Wort mehr, sondern stammelte nur noch. Mr. Garin stolperte zum Pulvermagazin, einem kleinen Metallschuppen, wo wir unseren Sprengstoff aufbewahren, und setzte sich mit dem Rücken zur Wand hin. Er verschränkte die Hände zwischen den Knien und ließ den Kopf darauf sinken. Ich wußte, wie ihm zumute sein mußte. Seine Frau fragte ihn, ob alles in Ordnung sei, und er sagte ja, er müßte sich nur ein wenig ausruhen und zu Atem kommen. Ich sagte, ich ebenfalls. Ich fragte Mrs. Garin, ob sie mit den Kindern zum Erzfahrzeug gehen wollte. Ich sagte, vielleicht würde Jack seinem Bruder unseren Mr. Mo zeigen wollen. Sie lachte, wie man eben lacht, wenn nichts komisch ist, und sagte: »Ich glaube, für einen Tag haben wir genug Abenteuer erlebt, Mr. Symes. Ich hoffe, Sie verstehen mich nicht falsch, aber ich will nur noch hier weg.« Ich sagte ihr, daß ich das verstünde, und ich glaube, sie hat verstanden, daß ich mich kurz mit ihrem Mann allein unterhalten mußte, bevor wir unsere Murmeln einsammelten und aufhörten zu spielen. Nicht, daß ich mich nicht ebenfalls wieder hätte einkriegen müssen! Meine Beine fühlten sich an wie Gummi. Ich ging zum Pulvermagazin und setzte mich neben Mr. Garin. »Wenn wir es melden, gibt es eine Menge Ärger«, sagte ich. »Für die Firma und für mich. Ich würde wahrscheinlich nicht rausgeschmissen werden, aber es wäre möglich.« »Ich werde kein Wort sagen«, antwortete er, hob den Kopf und sah mir direkt in die
    Augen. Und ich glaube, niemand wird es ihm verdenken, daß er weinte. Ich glaube, jeder Vater hätte geweint, wenn er solche Angst um seinen Sohn hätte ausstehen müssen. Ich war selbst den Tränen nahe und hatte die Familie an dem Tag zum erstenmal gesehen. Jedesmal, wenn ich daran dachte, wie zärtlich Garin dem Jungen den Schuh angezogen hatte, spürte ich einen Kloß im Hals.
    »Dafür wäre ich Ihnen ewig dankbar«, sagte ich.
    »Unsinn«, sagte er. »Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll. Ich wüßte nicht mal, wo ich anfangen sollte.«
    Inzwischen war ich etwas verlegen geworden. »Kommen Sie«, sagte ich. »Wir haben es gemeinsam geschafft, und Ende gut, alles gut.«
    Ich half ihm auf die Füße, und wir gingen zu den anderen zurück. Wir waren fast da, als er mir eine Hand auf den Arm legte und mich festhielt.
    »Sie sollten niemand da reingehen lassen«, sagte er. »Nicht einmal, wenn die Ingenieure sagen, daß sie den Schacht stützen können. Da drinnen stimmt etwas nicht.« »Das weiß ich«, sagte ich. »Ich habe es gespürt.« Ich dachte an das Grinsen des Jungen - auch heute, Monate danach, erschauere ich noch, wenn ich daran denke -und hätte Garin fast gesagt, daß der Junge es auch gespürt hatte. Dann beschloß ich, es sein zu lassen. Was hätte es genützt? »Wenn es nach mir ginge«, sagte er, »würde ich eine Ladung aus Ihrem Pulvermagazin da reinwerfen und das ganze Ding sprengen. Es ist ein Grab. Man sollte die Toten darin ruhen lassen.«
    »Keine schlechte Idee«, sagte ich, und das muß Gott auch gedacht haben, denn keine zwei Wochen später hat Er diese Aufgabe persönlich übernommen. Es kam da drinnen zu einer Explosion. Nicht nur zu einem Einsturz, zu einer Explosion. Und soweit ich weiß, wurde nie eine Ursache dafür herausgefunden.
    Garin lachte, schüttelte den Kopf und
    sagte: »Zwei Stunden auf der Straße, und
    ich werde nicht mal mehr glauben können,
    daß es tatsächlich passiert ist.«
    Ich sagte ihm, das wäre vielleicht das
    beste.
    »Aber etwas werde ich nicht vergessen«, sagte er, »nämlich daß Seth heute gesprochen hat. Und nicht nur Worte oder Ausdrücke, die nur seine Familie verstehen konnte. Er hat richtig geredet. Sie wissen nicht, wie erstaunlich das ist, aber wir schon.« Er schloß seine Familie, die inzwischen wieder in dem Erzfahrzeug saß, mit einer Handbewegung ein. »Und wenn er es einmal geschafft hat, kann er es wieder schaffen.« Vielleicht hat er wieder gesprochen, ich hoffe es. Ich wüßte es wirklich zu gerne. Ich bin neugierig, was diesen Jungen betrifft, in mehr als einer Hinsicht. Als ich ihm später seine kleine Action-Figur zurückgab, lächelte er und gab mir einen Kuß

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