Regulator: Roman
Zuflucht, wenn es zu verrückt wurde. Dabei hat Seth mir geholfen, das weiß ich. Und so ging die Zeit einfach ... vorbei. Möglicherweise so, wie sie für Leute mit Krebs vergeht. Man macht weiter, weil man keine andere Wahl hat. Man gewöhnt sich an ein gewisses Maß von Schmerzen und Angst und denkt, daß es da aufhören wird, aufhören muß. Ich hatte keine Ahnung, daß es dies hier plante. Das müssen Sie mir glauben. Meistens gelang es mir, meine Gedanken abzuschirmen. Auf den Gedanken, daß Tak Pläne haben könnte, die es vor mir verbarg, bin ich gar nicht gekommen. Es wartete... und dann, nehme ich an, stand dieser Penner vor unserem Haus, während ich weg war ... meine Freundin Jan besuchen ... und dann...« Sie verstummte, riß sich sichtlich zusammen und beruhigte sich.
»Dieser Alptraum, in dem wir uns befinden, ist eine Mischung aus Die Regulatoren, seinem Lieblingswestern, und MotoKops 2200, seiner liebsten Zeichentrickserie. Speziell eine Folge, die über den Energiekorridor. Ich habe sie oft gesehen; Seth hat sie nicht nur auf einer, sondern gleich auf drei seiner Videokassetten. Für eine Zeichentrickserie ist sie sehr, sehr furchteinflößend. Sehr aufregend. Seth stand Todesängste aus - er hat drei Nächte hintereinander ins Bett gemacht, als er sie zum erstenmal gesehen hatte -, aber sie hat ihn auch total fasziniert. Hauptsächlich deshalb, weil die Hauptpersonen der Serie, die guten und die bösen; sich zusammentun, um die furchterregenden Außerirdischen zu vernichten, die sich in dem Energiekorridor verstecken. Diese Außerirdischen stecken in Kokons, die Colonel Henry zuerst für Energiegeneratoren hält, und der Teil, wo die Kokons aufplatzen und die Außerirdischen die Moto-Kops angreifen, hätte jedem angst gemacht. Ich glaube nur, in dieser Version von ›Der Energiekorridor‹ sind unsere Häuser die Kokons. Und wir ...«
»Wir sind die furchterregenden Außerirdischen«, sagte Johnny. Er nickte. Alles ergab auf gräßliche Weise einen Sinn. »Und ich glaube, was beiden Teilen von ihm am besten gefällt, ist die erzwungene Kooperation. Rauft euch zusammen, sonst ... Kinder mögen so etwas, weil es sie von der Pflicht enthebt, Urteile zu fällen, worin die meisten sowieso nicht sehr gut sind.«
Audrey nickte ebenfalls. »Erzwungene Kooperation. Ja, das klingt vernünftig. Die Figuren aus Die Regulatoren, die guten und die bösen, und die MotoKops sind bei Seths Sandkastenspielen immer gut miteinander ausgekommen. In seiner Phantasie verstehen sich sogar Sheriff Streeter und Jeb Murdock, obwohl sie in dem Film Todfeinde sind.« »Ist das, was hier passiert, für Seth immer noch ein Sandkastenspiel?« fragte Johnny. »Was meinen Sie, Aud?« »Das kann ich wirklich nicht sagen«, antwortete sie, »weil man nur schwer abschätzen kann, wo Tak aufhört and Seth anfängt ... man muß irgendwie nach diesem Punkt tasten. Ich meine, auf einer gewissen Ebene weiß er es wahrscheinlich besser, wie ein Kind mit acht oder neun Jahren klug genug ist, nicht mehr an den Weihnachtsmann ZU glauben ... aber manche Illusionen streifen wir nur äußerst ungern ab, oder nicht? Die besten ... « Sie verstummte einen Moment. Ihre Unterlippe bebte, straffte sich wieder. »Die besten haben einen reizenden Beigeschmack, der uns hilft, schlimme Erfahrungen zu überwinden, Tak hat Seth ermöglicht, seine Sandkastenspiele und Phantasien auf einer höheren Ebene auszuleben, als wir anderen es je können, das ist alles.«
»Verdammt, er kann seine in virtueller Realität ausle -ben«, sagte Steve. »Genau das beschreiben Sie uns hier -das ultimative Virtual-Reality-Spiel.«
»Es gibt noch eine andere Möglichkeit«, sagte Audrey. »Seth ist vielleicht nicht mehr imstande, Tak aufzuhalten oder auch nur zu bremsen. Möglicherweise hat Tak Seth gefesselt, geknebelt und in einen Schrank geworfen.« »Wenn Seth Tak aufhalten könnte, würde er es hui?« fragte Johnny. »Was denken Sie? Was sagt Ihnen Ihr Ge-.
fühl?«
»Mein Gefühl sagt mir, er würde es«, sagte Audrey sofort. »Ich spüre, daß er in seinem tiefsten Inneren schreckliche Angst hat. Wie Micky Maus in Fantasia, als die Besen außer Kontrolle geraten.«
»Gehen wir davon aus, daß Sie recht haben. Sagen wir, daß Tak diese Sache mit uns inzwischen ganz alleine betreibt. Warum betreibt er sie? Was hat er davon? Welchen Vorteil bringt es ihm?«
»Es«, sagte sie und zog die Mundwinkel zu einer, wie Johnny fand, vollkommen unbewußten Miene des
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