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Reich der Schatten

Reich der Schatten

Titel: Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Drake
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Augen wanderten instinktiv zu dem Mann im Schlamm.
    Und in diesem Moment kamen die Geschöpfe.
    Geschöpfe …
    Wölfe, oder doch keine Wölfe? Manche silberfarben, andere schwarz, andere lohfarben. Sie hatten die Gestalt von Wölfen, aber sie waren größer, und ihre Augen … ihre Augen waren anders. Diese Augen sahen alles, wussten alles, und alles, was diese Wölfe sahen und wussten und planten, zeigte sich in ihren Augen, während sie zum Sprung ansetzten. Sie schienen über die Soldaten hinweg in die Gräben zu fliegen. Und dann fielen sie über sie her.
    »Feuer! Feuer!«, schrie der Lieutenant.
    Schüsse dröhnten, Tiere fielen, Männer fielen. In den Gräben entstand ein Durcheinander von Männern und Blut: deutsche Uniformen, amerikanische Uniformen, Stoff, der so blutverschmiert und zerfetzt war, dass man seine Herkunft nicht mehr erkennen konnte. »Feuer! Feuer! Feuer!«, brüllte der Lieutenant wieder und immer wieder, und er hörte den ohrenbetäubenden Lärm, als seine Männer den Befehl ausführten. Lansky war direkt neben ihm, doch dann wurde er hochgerissen und weggezerrt. Er sah Lansky vor dem Graben zusammenbrechen, gerade als wieder ein blutverschmierter deutscher Elitesoldat zu ihnen in den Graben stürzte, die Augen im Tod weit aufgerissen.
    »Lansky!« Er bückte sich, kroch möglichst geduckt vorwärts, entschlossen, Lansky in die relative Sicherheit des Grabens zurückzuholen. Kugeln zischten über ihn hinweg, während er zu seinem Freund robbte.
    Dann traf ihn etwas. Er wusste nicht, was es war. Er spürte nur ein schrecklich schweres Gewicht im Rücken, dann einen stechenden Schmerz im Nacken. Eine Kugel? Ein Bajonett? Ein Messer? Er konnte es nicht sagen. Er spürte nur das Stechen. Es tat nicht einmal richtig weh, es war nur das Gewicht, und etwas stach ihn.
    Etwas hatte ihn erwischt.
    Feuer? Einer der tollwütigen Wölfe?
    Aber er atmete. Er lebte und atmete. Und er kroch immer weiter.
    Lansky lag ganz in seiner Nähe. Er lag auf der Seite. Lansky, der Superschütze. Er musste ihn zurückholen. Schweiß tropfte ihm in die Augen. Nein, kein Schweiß, Blut. Seine Sicht verschwamm. Er wollte nicht sterben, nicht hier im Schlamm. Auf diese Weise wollte er die Schlacht nicht verlieren. Also kroch er weiter, auch wenn sein Blick sich zunehmend trübte. Er sah auf Lansky, erkannte die Hand seines Landsmanns, griff danach und zerrte ihn zu sich.
    Doch während er den Körper heranzog, schrie er plötzlich auf und wich instinktiv zurück: Lansky fehlte der Kopf.
    Trotz seines Entsetzens war sein Schrei kaum zu hören. Seine Lunge brannte. Sein ganzer Körper schien zu brennen, doch innerhalb weniger Momente schien dieses Feuer einer seltsamen Kälte zu weichen. Ihm wurde bitterkalt.
    Der Tod war kalt.
    Er starb. Es war sein Blut, das ihm in die Augen tropfte, sein Blut, das durch den brennenden Riss in seinem Nacken aus den Adern quoll. Das schwache Licht wurde noch schwächer, und auch die Geräusche verblassten immer mehr. Kaum dass er noch die Schreie seiner Männer hörte, und auch die Gewehrschüsse wurden immer leiser. Die Zeit schien stillzustehen.
    Dann kehrte völlige Stille ein. Er glaubte nicht, dass ihm die Sinne geschwunden waren, und auch nicht, dass er gestorben war.
    Dennoch …
    Die Zeit verging, so schnell wie das Licht, so langsam wie eine träge Strömung.
    Die Stille blieb.
    Und dann regte sich wieder etwas in seinem Bewusstsein, wenn auch nur ganz schwach – Geräusche, Bewegungen.
    Schritte, laute Schritte. Er versuchte, sich in die Richtung der Schritte zu drehen. Er spürte etwas auf dem Boden neben sich. Er hörte Worte in einer Sprache, die er nicht verstand.
    Er blinzelte. Sein Sichtfeld hatte sich auf ein winziges Guckloch verengt, das umgeben war von rotem und schwarzem Nebel.
    Doch neben ihm war etwas. Er blinzelte wieder, kämpfte um sein Bewusstsein, auch wenn er wusste, dass er den Kampf wohl gleich verlieren würde.
    Dennoch war da etwas. Ja, ein Stiefel. Der schwarze Stiefel eines Mannes, den er deutlich sah, im Schmutz, im Morast, im Blut der Erde. Schwarz, und etwas glänzte unter dem Schlamm, mit dem er verkrustet war.
    In dem Moment, in dem ihm die Augen wieder zufielen, wurde ihm klar, was das glänzende Emblem auf dem Stiefel gewesen war.
    Ein Hakenkreuz.
    Er registrierte diesen Gedanken.
    Doch das war sein letzter Gedanke. Danach verblasste die Welt wieder, erst wurde sie von einem scharlachroten Schleier verhüllt, und dann …
    … wurde alles

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