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Reich der Schatten

Reich der Schatten

Titel: Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Drake
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Geschichte eine solch bedeutende Rolle gespielt hatten.
    Als er anhielt, beugte sie sich vor und sah ihm im Rückspiegel in die Augen. Sie streichelte ihm über die Wange und sagte, wie appetitlich er sei. Er begann zu lächeln …
    Sie beschloss, ihn nicht zu töten. Sie nahm ihm nur sein Geld.
    Paris hatte sich verändert.
    Die Läden waren wirklich fantastisch.
    Stundenlang probierte sie Kleider an. Den Angestellten erzählte sie, sie habe eigentlich einen Maskenball besuchen wollen, doch in letzter Minute sei dessen Motto geändert worden. Nun müsse sie sich eben die dazu passende Garderobe besorgen.
    Zu ihrem Leidwesen musste sie feststellen, dass sie nicht genug Geld für ihre Einkäufe hatte. Der Zorn darüber ließ sie fast vergessen, dass sie sich an einem sehr belebten Ort befand. Aber sie zügelte sich, denn bald entdeckte sie, dass es Karten aus einem Material namens Plastik gab, die sogar noch besser funktionierten als Geld. Im richtigen Moment gelang es ihr, das Mädchen an der Kasse zu überzeugen, dass sie alles bezahlt hätte, was das süße junge Ding für sie in Tüten gesteckt hatte. Sie besorgte sich noch etwas Geld und ein paar Teile aus Plastik, die einem das Einkaufen so erleichterten. Das Ladenmädchen war jung und naiv – vorzüglich.
    Wie schade, dass der Ort hier so öffentlich war; das Mädchen wirkte absolut verlockend.
    Sie prägte sich den Namen des Geschäftes ein.
    Auf der Straße gefiel ihr nicht alles so gut. Das Benehmen der jungen Leute zum Beispiel – es war wirklich unerträglich: Sie wichen keinen Zentimeter vom Fleck, wenn sie sie kommen sahen. Und sie gafften sie an – sie gafften, als hätten sie keine Ahnung von ihrer Stellung und davon, wer sie war; als wüssten sie nicht, dass es tödlich sein konnte, sie so anzugaffen. Aber dann fiel ihr wieder ein, dass man Könige umgebracht hatte und dass sie keine Ahnung hatte, wer heute eigentlich herrschte und welche Gesetze galten. Die Menschen um sie herum hatten jedenfalls keine Ahnung, wie man sich zu benehmen hatte und mit welchem raffinierten Charme man bekommen konnte, was man wollte.
    Gelegentlich erwiderte sie einen dieser unverschämten Blicke, und zwar so, dass sich das Gesicht des jungen Mannes nicht nur vor Scham, sondern auch vor Angst rötete.
    In solchen Momenten hatte sie wieder richtig Spaß.
    Allmählich wurde ihr auch klar, was die Münzen in ihrer Tasche wert waren. Sie setzte sich an einen Tisch in einem kleinen Imbiss am Straßenrand, trank ein Glas Wein, aß einen Happen und las die Zeitung, die ein Gast hatte liegen lassen. Oft genug schüttelte sie den Kopf über all die Dinge, die sich verändert hatten. Und trotzdem …
    … was für eine Welt! Freudige Erregung stieg in ihr auf, doch sie zügelte ihre Lust, einfach loszuziehen und zu feiern. Diesmal wollte sie keinen Fehler machen. Sie nahm sich fest vor, ihre Stärke zu bewahren und ihre Macht jeden Tag wachsen zu lassen. Sie wollte Botschaften versenden, in der Welt der Träume auf die Suche gehen und alle herbeirufen, die sich in ihrer Nähe aufhielten.
    Zufrieden, dass man in Frankreich noch immer vorzüglichen Wein bekam, leerte sie ihr Glas. Dann setzte sie ihren Erkundungsgang fort.
    Es gab vertraute Stellen in der Stadt, doch auch andere, die sie noch nie gesehen hatte. Überall standen Häuser, überall waren Menschen unterwegs. Der nächste Taxifahrer, in dessen Wagen sie einstieg, wollte sie unbedingt an ein anderes Ziel bringen, weil er meinte, die genannte Adresse habe bestimmt schon geschlossen. Sie versicherte ihm ausdrücklich, dass das keine Rolle spiele.
    Er war nicht besonders attraktiv.
    Schließlich kamen sie zu dem alten Palast. Der Bursche bat mehrmals um seinen Lohn, bis sie ihn überhaupt hörte. Sie war so wütend, dass sie ihn nur anstarrte. Er verstummte natürlich sofort und erinnerte sich später nicht mehr daran, dass er nicht bezahlt worden war. Nachts wälzte er sich dann unruhig in seinem Bett und hatte die merkwürdigsten Träume, ohne zu wissen, warum.
    Sie starrte entsetzt auf den Palast. Was hatten sie getan? Natürlich war der Palast geschlossen.
    Natürlich hinderte sie dies nicht daran, einzudringen.
    Sie hatte kein Interesse an den Nachtwächtern und hielt sich von ihnen fern. Nach ihrem langen, tiefen Schlaf war sie wohl ziemlich unvernünftig gewesen, sonst hätte sie sich nicht wie ein halb verhungertes Straßenkind auf den Arbeiter in der Gruft gestürzt. Na ja, sie war tatsächlich kurz vor dem

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