Reich der Schatten
Ann.
»Brent«, fuhr er rasch dazwischen. »Ich bin mit ein paar Freunden da. Habt ihr Lust, euch zu uns zu setzen?«
»Ach, ich glaube nicht, dass das geht«, meinte Tara.
»Aber gerne doch«, meinte Ann.
»Wir wollten doch bald gehen«, wandte Tara ein.
»Ich hatte einen langen Tag, und das heißt, dass ich es nicht eilig habe, einen entspannenden Abend vorzeitig zu beenden«, erklärte Ann unbeirrt.
»Dann kommt doch einfach mit.«
Ann rutschte sogleich von ihrem Hocker. Tara packte ihre Cousine am Blusenzipfel. »Ich traue ihm nicht«, flüsterte sie.
»Gut, du solltest keinem Mann trauen«, flüsterte Ann zurück. »Aber mit dem gehe ich mit, egal ob mit dir oder ohne dich.«
»Ann!«
Tara blieb nichts anderes übrig, als hinter ihrer Cousine her zu dem Tisch zu trotten, an dem sich Brents Begleiter niedergelassen hatten. Wie sie diesen Tisch ergattert hatten, war ihr schleierhaft.
»Tara Adair, Ann DeVant, darf ich euch Lucian und Jade DeVeau vorstellen? Lucian, Jade – Tara, Ann.«
Der Mann stand auf und begrüßte sie. Tara hatte das Paar schon gesehen, es waren die Leute, die Brent am Vormittag im Café getroffen hatte.
Die Frau sah wirklich ausgesprochen gut aus, mit meergrünen Augen und langen, wundervollen dunkelblonden Haaren. Ihr freundliches Lächeln wirkte völlig natürlich, und sie schien nichts dagegen zu haben, dass sich Brents Bekannte zu ihnen gesellten. Offenbar war sie mit dem großen Mann mit dem nahezu kohlschwarzen Haar verheiratet, denn sie trugen denselben Nachnamen. Er bewegte sich tatsächlich ausgesprochen kraftvoll und geschmeidig, das sah man selbst bei dem einfachen Akt, einen zusätzlichen Stuhl zu holen. Seine Anziehungskraft drückte sich in seiner Haltung und seinem Aussehen aus, aber darüber hinaus auch in etwas anderem, von dem Tara nicht genau wusste, was es war, ähnlich wie bei Brent Malone. Vielleicht alarmierte sie das am meisten. Obwohl von keinem der beiden etwas offenkundig Beunruhigendes ausging, schien ihr, dass ihre Reflexe schneller waren als das Licht und dass sie etwas Gefährliches an sich hatten, etwas, was sie weder sehen noch verstehen konnte.
»Schön, dass Sie sich zu uns gesellen wollen«, sagte Lucian und setzte sich, nachdem alle anderen Platz genommen hatten. »Sie sind also hier zu Hause, Ann?«
»Ja. Ich arbeite zwar in Paris, aber ich lebe in diesem Dorf. Wir haben einen alten Familiensitz, streng genommen kein richtiges Château, aber ein schönes altes Haus.«
Tara hätte ihre Cousine am liebsten getreten. Sie wollte nicht, dass diese Leute wussten, wo sie lebten. Andererseits wusste es Brent Malone wahrscheinlich ohnehin schon, auch wenn sie es ihm nicht gesagt hatte.
»Besuchen Sie uns doch mal!«, fuhr Ann fort.
Nun versetzte Tara ihrer Cousine wirklich einen Tritt. Ann schrie unwillkürlich auf und funkelte sie böse an. Tara wusste, dass Brent Malone sie beobachtete und ganz genau wusste, was passiert war. Doch er schien sich prächtig zu amüsieren, und außerdem hatte er sie bestimmt mit der Absicht an seinen Tisch gelockt, ins Château eingeladen zu werden.
Jetzt hatte er erreicht, was er wollte.
»Ein Château, wie schön!«, meinte Jade.
Lucian rief einen Kellner. Sein Französisch klang nahezu akzentfrei.
»Kommen Sie aus Frankreich?«, fragte Tara.
Jade antwortete als Erste. »Ich komme ursprünglich aus New Orleans«, sagte sie. »Und Sie?«
»Aus New York«, erwiderte Tara, dann wandte sie sich wieder an Lucian. »Und Sie?«
»Lucian sieht sich gern als Weltbürger«, erklärte Brent.
»Ich bin kein Franzose, aber ich habe eine Weile hier gelebt«, sagte Lucian. »Doch seit einer Weile betrachte ich Amerika als mein Zuhause.«
Tara blickte wieder zu Brent, der sie offenbar die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen hatte. »Und ich?«, sagte er. »Ich dachte schon, Sie würden mich gar nicht fragen. Ich komme ursprünglich aus Virginia.«
»In New Orleans sprechen viele Leute Französisch«, erklärte Lucian. »Dort ist es nicht schwer, seine Sprachkenntnisse zu pflegen.«
»Ja, natürlich«, erwiderte Tara, wandte sich jedoch gleich wieder an Brent Malone. »Ich habe allerdings noch nie gehört, dass in Virginia viel Französisch gesprochen wird.«
Sein Blick blieb ungerührt. »Ich habe Sprachen studiert.«
»Mein Französisch sollte eigentlich besser sein«, meinte Jade bedauernd. »Aber in New Orleans … An Lucians Französisch komme ich nicht ran. In New Orleans wird nämlich eher Patois
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