Reich der Schatten
kommen zwei rein, und einer sieht besser aus als der andere. Oh Mist, sie haben eine Frau dabei. Nein, dreh dich nicht um! Zu schade, die richtig tollen Männer sind immer vergeben. Und die zwei wirken sogar ziemlich intelligent. Und sie sind sehr gut angezogen. Bestimmt sind sie verheiratet, zumindest einer der Burschen gehört zu der Frau. Trotzdem … nein, schau nicht hin, aber ich muss schon sagen: alle Achtung. Und nur eine Frau. Schwer zu sagen, zu wem sie gehört. Na ja, vielleicht ja zu beiden. Nein, so sieht sie nicht aus. Andererseits – wie würde so eine aussehen?«
Tara kicherte. »Bist du sicher, dass du mich zum Zuhören brauchst? Du scheinst keine Probleme zu haben, ein Gespräch völlig allein zu führen.«
Ann schnitt eine Grimasse. »Du hast nicht das gesehen, was ich gesehen habe.«
»Na gut, dann muss ich mich wohl doch umdrehen …«
»Tu das bloß nicht! Sonst sieht es noch aus, als seien wir auf Männersuche.«
»Wenn du dich recht erinnerst, waren wir uns einig, dass wir ein paar neue Leute kennenlernen sollten. Aber das hatten wir vereinbart, bevor dir dieser Amerikaner über den Weg lief und Willem seinen großen Auftritt in deinem Büro hinlegte. Andererseits, was soll’s, warum nicht noch ein dritter in der Warteschlange?«
»Sei nicht so geschmacklos. Nie würden wir einen Fremden in einer Bar aufgabeln.«
Tara drehte sich ein wenig zur Seite.
»Nein, nein, nein! Ich hab dir doch gesagt, dass du jetzt unmöglich hinschauen kannst. Wir wollen auf keinen Fall indiskret sein!«
»Das sind wir doch auch nicht. Hast du nicht gesagt, dass wir nie einen Fremden in einer Bar aufgabeln würden?«
»Ganz bestimmt nicht. Wir würden uns erst mit ihm anfreunden, bevor wir ihn aufgabeln.«
Tara seufzte. »Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob ich neue Freundschaften schließen möchte. Ich glaube, ich bin ganz froh, dass ich momentan keine Beziehung habe. In meiner Zeit hier möchte ich mich voll und ganz Jacques widmen.«
»Ist er wieder mal ausgerastet?«, murmelte Ann, doch gleich darauf ächzte sie: »Oh mein Gott!«
»Was ist denn?«
»Groß, stattlich, breite Schultern. Mmmm, sehr geschmeidig und gelenkig. Ich könnte ihn auffressen, allein wenn ich sehe, wie er durch den Raum schlendert.«
»Ihn? Wen?«
»Groß, dunkel, die Sinnlichkeit in Person. Na gut, beide sind dunkel. Und einer kommt auf uns zu. Ich glaube, er ist größer als alle anderen hier. Herr im Himmel …«
»Herr im Himmel was?«
Tara versuchte abermals, sich umzudrehen.
»Nein, nein!«, flehte Ann. »Er kommt direkt zu uns. Er hat uns gesehen, und jetzt kommt er her.«
»Er ist bestimmt jemand, den du kennst, aber vergessen hast.«
»Nein. So einen würde ich nie vergessen.«
Tara schnaubte ungeduldig und versuchte noch einmal, sich umzudrehen.
»Nein!« Ann packte sie an den Händen, sodass sie sich kaum rühren konnte. »Sieh dich nicht um!«
»Aber du solltest lieber meine Hände loslassen. Wie schaut das denn aus?«
Ann zog die Hände zurück.
»Na gut, dann musst du mir eben etwas genauer schildern, wie er aussieht.«
»Dunkles, dichtes Haar, kohlschwarz, ein bisschen verwuschelt, sodass es sehr künstlerisch rüberkommt und sein Gesicht hübsch umrahmt. Ein markantes Gesicht, ebenmäßige Züge. Und seine Augen … ich bekomme richtig Herzklopfen.«
Tara runzelte die Stirn. Eine düstere Vorahnung stieg in ihr auf. Sie wirbelte so rasch herum, dass es ihre Cousine nicht mehr verhindern konnte, und wäre fast von ihrem Barhocker gefallen. Brent Malone kam auf sie zu!
»Hallo!« Er hatte eine Bierflasche in der Hand und lächelte so gelassen wie ein Freund, dem man zufällig über den Weg läuft. Über Taras Kopf hinweg nickte er Ann freundlich zu.
»Hallo!«, erwiderte sie hocherfreut und wartete darauf, vorgestellt zu werden. Als nichts passierte, gab sie Tara einen kleinen Schubs. »Nun?«
»Brent – das ist meine Cousine, Ann. Meine französische Cousine Ann DeVant. Ann – Brent Malone.«
»Oh, das freut mich aber, wie geht es Ihnen?«, sagte Brent.
»Nun, mir ist offen gesagt völlig neu, dass Tara Freunde in dieser Gegend hat – abgesehen von den alten Freunden der Familie.«
»Wir kennen uns noch nicht sehr lange«, erklärte Brent. »Aber die Umstände waren so, dass …« Seine seltsam goldenen Augen betrachteten sie reumütig-amüsiert. »Jedenfalls habe ich das Gefühl, dass wir uns schon viel länger kennen.«
»Du hast mir noch gar nichts von Mr Malone erzählt«, meinte
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