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Reich der Schatten

Reich der Schatten

Titel: Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Drake
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durcheinander.«
    »Ja, ich auch, aber … du weißt ja, diese Frau. Man sollte doch denken, dass sie ihr Auto an der Zufahrt geparkt hat.«
    »Wahrscheinlich hat sie es an der Straße abgestellt«, meinte Ann.
    »Wo sonst?«, fragte Katia.
    »Tja, wo sonst?«, murmelte Tara.
    Ann winkte ihr zu. »Ich geh jetzt ins Bett.«
    »Gute Nacht.«
    Während Ann sich auf den Weg in ihr Zimmer machte, blieb Tara noch vor dem Kamin sitzen, nippte an ihrer Schokolade und starrte nachdenklich in die Flammen.
    Das warme Getränk, das Feuer, das Haus – sie war umgeben von Wärme, von Normalität.
    Plötzlich stand sie auf und ging zur Eingangstür. Einen Moment lang verharrte sie reglos davor, dann riss sie sie mit einem Ruck auf. Sie befürchtete schon, die Frau würde noch immer dastehen und sie mit dieser rachsüchtigen Maske des Hasses anstarren, die sie nur ganz kurz gesehen hatte.
    Oder die sie sich eingebildet hatte.
    Vor der Tür stand niemand.
    Sie schimpfte sich für ihre albernen Befürchtungen aus, machte die Tür wieder zu und schob den Riegel vor.
    »Sind die anderen Türen auch verriegelt?«, fragte sie Katia.
    »Aber Tara! Selbstverständlich! Roland und ich haben alle Türen im Erdgeschoss abgeschlossen, sobald es dunkel wurde«, erklärte Katia. »So wie jeden Tag.«
    »Ja, gut«, meinte Tara. Bis dahin hatte sie nie daran gedacht, sich zu vergewissern, dass das Haus verschlossen war.
    »Danke und gute Nacht«, sagte sie und machte sich ebenfalls auf den Weg ins Obergeschoss.
    Auf einmal überkam sie das Bedürfnis, noch einmal nach ihrem Großvater zu sehen, denn irgendwie hatte sie das Gefühl, dass er besonderen Schutz brauchte.
    In seinem Zimmer waren die Vorhänge nicht zugezogen, und auch die Balkontüren standen weit offen – wohl weil er immer ein ausgeprägtes Bedürfnis nach frischer Luft hatte.
    Tara schloss die Türen und verriegelte sie. Dann trat sie ans Bett ihres Großvaters.
    Seine Brust hob und senkte sich im Takt regelmäßiger, tiefer Atemzüge eines entspannten Schlafes.
    Sie beugte sich zu ihm hinab und hauchte ihm einen sanften Kuss auf die Stirn.
    In ihrem Zimmer streckte sie sich und gähnte. Sie war genauso müde wie Ann. Einen Moment lang betrachtete sie sich im Spiegel – ihr Gesicht wirkte abgespannt und verhärmt. Zum Glück war sie nicht so blass wie Ann.
    Ihre Cousine war offenbar in ihrer Arbeit sehr eingespannt. Aber auch Tara wollte in Frankreich nicht nur Urlaub machen, denn sie liebte ihre Arbeit und hatte vor, auch hier zu malen, obwohl sie bislang noch nicht dazu gekommen war, sich Leinwand und Farben zu besorgen.
    Sie trat ans Bett und schlug die Decke zurück. Dann streifte sie die Schuhe ab. Doch plötzlich überkam sie wieder eine sonderbare Beklemmung.
    Plötzlich hatte sie das dringende Bedürfnis, sich noch einmal zu vergewissern, dass ihr Zimmer genauso gut abgesperrt war wie die Haustür.
    Sie trat an die Balkontüren. Die Vorhänge waren zugezogen, sie machte sie nicht auf, sondern schob sie nur ein wenig beiseite.
    Dann rüttelte sie an den Türen und stellte zu ihrer großen Erleichterung fest, dass sie verschlossen waren.
    Sie starrte durch die Scheiben in die Nacht hinaus.
    Und auf einmal erblickte sie wieder im schwachen Schein des Halbmondes den Wolf.
    Das Tier stand wie versteinert da, wie ein Nachtwächter – oder wie ein Geschöpf am Eingang zum Hades.
    Vielleicht hatte es drei Köpfe wie der mythische Höllenhund?
    Nein, es hatte nur einen. Im schwachen Mondschein konnte sie die Umrisse des Tieres gut erkennen. Es war riesig. »Das ist kein Schäferhund«, murrte sie laut.
    Plötzlich erklang ein Heulen.
    Ein tiefes, beängstigendes Heulen. Ein Heulen, das an den Himmel, den Mond oder die Hölle gerichtet war.
    Tara begann zu zittern.
    Sie ließ den Vorhang zurückfallen und wandte sich ab. Doch dann warf sie noch einmal einen Blick aus dem Fenster.
    Es war kein Wolf mehr auf der Straße zu sehen. Dort war nichts.
    Nichts außer den Schatten der Nacht.

9
    Die Träume hatten wieder eingesetzt, schlimmer denn je.
    Er wälzte sich hin und her, krümmte sich, erinnerte sich. Die langen Stunden, in denen man ihn beobachtet hatte, die verschiedenen Drogen, die Injektionen, die seine ganzen Glieder wie wahnsinnig brennen ließen, sodass er gequält schrie und an den stählernen Fesseln zerrte, mit denen er ans Bett gekettet war.
    Doch manchmal war Dr. Weiss gekommen und hatte ihm heimlich ein Mittel verabreicht, das die Pein linderte.
    Sein Gehör war durch

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