Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Reich der Schatten

Reich der Schatten

Titel: Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Drake
Vom Netzwerk:
sehen können.
    »Aber wenn Sie meinen …«, erklärte Katia in dem Moment. Seltsam, dass sie sich so plötzlich eines anderen besonnen hatte und die Frau offensichtlich gleich auffordern würde, einzutreten.
    Der Wind …
    Er packte sie wieder, als ob er sie lähmen wollte. Ann rührte sich nicht vom Fleck.
    Die Frau war schon fast im Haus. Plötzlich wusste Tara, dass man ihr auf gar keinen Fall Zutritt gewähren durfte. Sie stürzte zur Tür und wirbelte herum, sodass sie der Frau direkt ins Gesicht sehen konnte.
    Einen Moment lang war sie sprachlos, auch wenn sie nicht wusste, warum.
    Verschlug ihr die Schönheit dieser Frau die Sprache? Sie hatte rabenschwarzes Haar und smaragdgrüne Augen. Ihr topmodisches Kostüm mit dem ziemlich knappen Rock schien maßgeschneidert und stand ihr ausnehmend gut. Dazu trug sie Schuhe mit Pfennigabsätzen.
    Sie reichte Tara die Hand, die Tara automatisch ergriff und schüttelte.
    »Hallo! Ich komme vom Sozialdienst des hiesigen Krankenhauses und wollte nur kurz nach Ihrem Großvater sehen. Wir tun das bei all unseren Patienten, vor allem bei den Älteren, um sicherzugehen, dass es ihnen in ihrer häuslichen Umgebung gut geht.«
    Wie Katia war auch Tara versucht, die Frau hereinzubitten. Ihr Lächeln war so aufrichtig.
    Und dennoch …
    Taras Hand fühlte sich an wie aus Eis, nachdem sie der Frau die Hand gegeben hatte.
    Und trotzdem …
    … trotzdem brannte sie gleichzeitig.
    »Ich fürchte, um diese Uhrzeit können Sie meinen Großvater nicht mehr besuchen«, erklärte sie mit fester Stimme. »Jetzt schläft er bereits. Wenn Sie ihn sehen wollen, müssen Sie tagsüber vorbeischauen.«
    Den Bruchteil einer Sekunde lang – nur so kurz, dass Tara fast glaubte, sie habe es sich nur eingebildet – veränderte sich die Miene dieser Frau. Das angenehme, fast hypnotische Lächeln wich einem hässlichen Ausdruck der Wut, die so tief zu reichen schien, dass Tara unwillkürlich einen Schritt zurückwich.
    Doch gleich darauf …
    … lächelte sie wieder ihr reizendes Lächeln. Sie blickte auf Ann, die nun neben Tara stand.
    »Es tut mir leid, dass es so spät geworden ist. Das hatte ich ganz übersehen. Sie können sich nicht vorstellen, wie lang unser Arbeitstag ist. Es ist wirklich grauenhaft. Aber hier muss ich eigentlich gar nicht viel tun. Wenn Sie mich kurz hereinbitten, dann könnte ich einen raschen Blick auf Ihren Großvater werfen und mich davon überzeugen, dass er es behaglich hat. Natürlich kenne ich seine Familie und weiß, dass er liebevolle, fürsorgliche Verwandte hat. Es wäre mir wirklich eine große Erleichterung, wenn ich einen Patienten von meiner Liste streichen könnte.«
    »Vielleicht …«, fing Ann an, die sich offenbar der Ausstrahlung dieser Frau ebenfalls nicht entziehen konnte.
    Doch auf einmal richtete sich die Frau auf.
    Es war, als hätte auch sie gespürt, wie kalt die Luft war.
    »Na gut, machen Sie sich keine Umstände. Es ist nicht so schlimm, ich komme wieder.«
    Sie drehte sich um und ging.
    »Aber …«, rief Ann ihr nach.
    Die Frau wirbelte noch einmal herum und starrte die beiden an. »Schon gut, ich komme wieder.«
    Kurz glaubte Tara wieder die schreckliche Maske des Zorns auf dem Gesicht der Frau zu entdecken.
    Aber da war doch gar nichts: Die Frau lächelte, sie tröstete sie.
    Ja, oh ja, sie würde wiederkommen.
    Plötzlich erwachte Katia aus ihrer Erstarrung und begann, Ann und Tara zu mahnen.
    »Kommt rein, rasch! Ich weiß gar nicht, was in mich gefahren ist, dass ich die Tür geöffnet habe. Es ist eine merkwürdig kalte Nacht. Und dabei ist erst kürzlich der Sommer noch einmal richtig ausgebrochen, mitten im Herbst. Rein ins Haus mit euch, los, nun macht schon, Mädels. Dort draußen treibt sich ein Verrückter herum. Die Polizei ist noch nicht weitergekommen.«
    Sie schubste die beiden hinein, machte die Tür zu und schob den Riegel vor.
    Drinnen war es warm. Im Kamin in der Diele prasselte ein Feuer. »Hättet ihr gern eine heiße Schokolade?«
    Tara gab sich einen Ruck. Hier im Haus schien alles anders, alles. Es war nicht nur warm, es war auch …
    … normal.
    Ann schien dasselbe zu denken. Sie lächelte Katia zerknirscht an. »Schokolade! Das wäre herrlich. Aber wenn ihr nichts dagegen habt, nehme ich meine mit ins Bett. Ich bin plötzlich total erledigt. Und du hast ja so recht, Katia. Ich hoffe nur, dass sie diesen Mörder bald erwischen. Wir waren heute Nacht völlig verängstigt, auch wenn es mir jetzt ziemlich

Weitere Kostenlose Bücher