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Reich der Schatten

Reich der Schatten

Titel: Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Drake
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dicht bei ihnen. Es klang wie die leisen Tritte von Tatzen, die sie einzuholen drohten.
    Über ihren Köpfen stieg eine große schwarze Säule auf.
    Sie hörte … etwas.
    Einen Schrei.
    Einen plötzlichen Aufschrei des Windes, der bisher nur ein Flüstern gewesen war?
    Ann suchte in ihrem Schlüsselbund fieberhaft nach dem Wagenschlüssel.
    »Die Fernbedienung!«, rief Tara.
    Einen Moment lang starrte Ann sie an, entsetzt, dass sie so dumm gewesen war, die Fernbedienung zu vergessen. Dann drückte sie auf den Schlüssel und riss die Tür auf. Beide sprangen ins Auto.
    Und beide schrien entsetzt auf, als etwas auf das Dach des Wagens fiel.
    Sie starrten einander an.
    »Nun fahr doch schon los!«, drängte Tara.
    Mit zitternden Fingern steckte Ann den Schlüssel ins Zündschloss, ließ den Wagen an, gab Gas.
    Wieder donnerte etwas auf das Wagendach.
    Ann fuhr los, und dieses Etwas schien vom Auto herunterzufallen.
    Mit verkniffenen Lippen starrte Ann geradeaus, riss das Steuer herum, um vom Parkplatz auf die Straße einzubiegen, und fuhr mit Vollgas weiter.
    Tara drehte sich um. Hinter ihnen war nichts zu sehen. Überhaupt nichts, bis auf die Neonreklame des La Guerre, die einen sanften Schein in die Nacht warf, und die Umrisse der Autos auf dem Parkplatz.
    Schatten waren Schatten, nichts weiter.
    Der Platz vor der Bar war menschenleer, und auf der Straße war auch niemand zu sehen. Nicht einmal Brent Malone.
    »Womit sind wir zusammengestoßen? Was war da auf dem Wagen?«, fragte Ann.
    »Nichts«, erwiderte Tara.
    Ann warf ihr einen ungläubigen Blick zu.
    »Hinter uns ist nichts, rein gar nichts«, meinte Tara.
    »Aber das kann nicht sein!«
    »Wenn ich es dir doch sage. Ann – was machst du da?«
    Ihre Cousine hatte eine Vollbremsung hingelegt und wendete den Wagen.
    »Ich muss nachsehen. Ich muss wissen, warum ich vorhin so in Panik geraten bin. Ich habe etwas gehört. Was ist, wenn ich jemanden überfahren habe oder ein Tier? Vielleicht einen Hund?«
    »Da war nichts.«
    Doch Ann fuhr unbeirrt zurück. In der Nähe der Bar und des Parkplatzes zögerte sie kurz, dann blieb sie stehen.
    Sie legte den Kopf auf das Lenkrad und begann zu lachen.
    »Ann, was ist mit dir los? Wir sollten zusehen, dass wir schleunigst verschwinden!«
    »Warum denn?«, wollte Ann wissen. »Dort ist nichts. Wir haben uns von der Finsternis und den Schatten in Angst und Schrecken versetzen lassen, wir dummen Gänse!« Sie schluckte und rieb sich den Nacken. »Irgendwie bin ich nicht ganz auf der Höhe. Es ist ungesund, wenn man trinkt, raucht und dann noch rennt wie eine Irre.«
    »Ann, fahr los«, drängte Tara.
    Sie hatte den Eindruck, dass sich die Schatten wieder bewegten. Und die fahle Lampe, unter der sie parkten, schien plötzlich zu flackern.
    Die Schatten waberten um sie herum, schienen sie einzuhüllen wie ein Cape.
    »Fahr endlich los!«, mahnte Tara.
    Endlich gab Ann Gas und wurde erst wieder langsamer, als sie das Château erreicht hatten. Nicht einmal an Stoppschildern und roten Ampeln hatte sie gehalten. Vor dem Château schaltete sie die Automatik auf Parken, dann saß sie eine Minute lang reglos da. »Sind wir verrückt? Hat Großpapa uns angesteckt?«, fragte sie schließlich.
    »Keine Ahnung«, erwiderte Tara. »Aber eines ist sicher: Irgendwo dort draußen treibt sich ein kaltblütiger Mörder herum. Kein Wunder, dass wir nervös sind. Jetzt sollten wir wohl endlich ins Haus, oder?«
    Ann starrte sie an und nickte ernst.
    Dann machten sie gleichzeitig die Türen auf und stürmten zum Haus. Doch plötzlich hielten sie gleichzeitig inne, denn sie hatten bemerkt, dass die Haustür offen stand.
    »Was soll das denn?«, murmelte Ann.
    Tara sah, dass Katia den Eingang blockierte. Und selbst um das Château, dessen Zufahrt nachts stets hell erleuchtet war, schienen sich die Schatten zusammengerottet zu haben.
    Tara spürte wieder den Lufthauch, einen kalten, durchdringenden, bösen Wind.
    Aber ein Wind konnte nicht böse sein! Es war Herbst, und die Tage waren manchmal noch sehr warm. Doch nach dem Herbst kam der Winter; der kühle Wind kündigte nur die nächste Jahreszeit an.
    »Er schläft, das habe ich Ihnen doch schon gesagt.«
    Katia klang sehr entschlossen und betonte jedes Wort.
    »Ich kann Sie nicht hereinlassen.«
    Tara blinzelte, dann sah sie, was sie zuvor nicht gesehen hatte. Neben dem Eingang stand eine Frau, umrahmt von Efeu. Der Schatten des Balkons über ihr verhüllte sie, weshalb man sie nicht sofort hatte

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