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Reich der Schatten

Reich der Schatten

Titel: Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Drake
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die Welt dreht sich weiter. Ich bin nach Amerika gezogen, ich habe Bücher geschrieben.«
    »Ja, ich weiß. Ausgezeichnete Bücher, Fantastisches, Magisches, Utopisches, stets mit einer eindringlichen Botschaft.«
    »Haben Sie meine Werke gelesen?« Jacques konnte nicht anders, er freute sich.
    »Ich hatte viel Zeit.«
    Das war natürlich nicht das Kompliment, das Jacques gern gehört hätte.
    »Ich hatte nicht mehr viele Kontakte nach … nach dem Ende. Vielleicht habe ich deshalb geschrieben, um mit der Welt in Verbindung zu bleiben.«
    »Es gibt also niemanden mehr aus der Alten Garde?«
    »Ich fürchte nein. Aber trotzdem … na ja, so ganz genau weiß ich es momentan nicht. Irgendwo muss die Allianz noch stark sein. Sie hatte ja eine ganze Menge Mitglieder. Aber die Bedrohung wurde beendet.«
    »Die Bedrohung hat nie geendet. Sie war immer da, nur hat man sich bedeckt gehalten.«
    »Wir haben nicht so viele Möglichkeiten zu kommunizieren wie Sie und Ihre Artgenossen.« Er hatte das Gefühl, sich verteidigen zu müssen. »Aber Sie – Sie waren da. Doch Sie sind zu spät gekommen.«
    Brent hob eine Braue. »Sie vergessen, dass ich nur aufgrund einer vagen Annahme dort gearbeitet habe. Einer Ahnung, wenn Sie so wollen. Aber es gibt mehr, als wir bislang gesehen haben. Ich glaube, die Situation in der Grabkammer war geplant, sorgfältig und von langer Hand. Wir müssen den Hintermann aufstöbern.«
    Jacques winkte ihm zu. »Kommen Sie mit in meine Bibliothek. Ich sage Ihnen alles, was ich weiß.«
    Tara wurde in ein kleines Büro gebeten, in dem ein französischer Kriminalbeamter hinter seinem Schreibtisch saß. Er stellte sich als Kommissar Javet vor, Leiter der Ermittlungen, und bat sie, Platz zu nehmen. Zuerst sprach er Französisch, doch als er ihren Akzent hörte, wechselte er problemlos ins Englische.
    Er war ein großer Mann, aber beileibe nicht dick, sondern muskulös und durchtrainiert, mit überraschend hageren, ästhetischen Gesichtszügen, dunklen Haaren und sehr, sehr dunklen Augen.
    »Wenn ich recht verstehe, haben Sie mir etwas zu dem Mord in der Grabkammer zu sagen, Miss Adair«, meinte er, faltete die Hände auf dem Schreibtisch und betrachtete sie eingehend.
    »Zu dem Mord in der Grabkammer?«, wiederholte sie. »Nein, das leider nicht. Ich bin eigentlich nur hier, weil ich mir Sorgen wegen des Vorfalls mache.«
    Falls er enttäuscht war, dass ihn seine direkte Frage nicht weitergebracht hatte, ließ er es sich nicht anmerken.
    »Mademoiselle, alle machen sich deswegen Sorgen. Ich fürchte, wenn Sie hier sind, um sich von uns beruhigen zu lassen, verschwenden Sie Ihre und meine Zeit.«
    Als sie ihn wortlos anstarrte, seufzte er leise. »Ich arbeite rund um die Uhr an dem Fall. Wir haben einen Spezialisten aus Paris geholt. Jedes mögliche Beweismittel, sei es noch so unscheinbar, wird sichergestellt und kriminaltechnisch untersucht. Wir leben in modernen Zeiten, die Wissenschaft ist bei so etwas sehr hilfreich. Waren Sie denn in den Ruinen?«
    »Äh – ja.« Die Frage hatte sie kalt erwischt. In dem Moment, als sie sie bejahte, fiel ihr ein, dass Brent Malone sie wiederholt gemahnt hatte, darauf zu achten, dass ihr Name nicht in den Ermittlungen auftauchte. Und auch ihr Großvater hatte sie gewarnt.
    »Wie lange sind Sie denn schon in Frankreich?«
    »Erst seit ein paar Tagen. Ich habe Verwandte hier.«
    Er blätterte in seinen Unterlagen, dann sah er wieder auf. »Sie wohnen im Château DeVant.«
    »Jacques DeVant ist mein Großvater.«
    Daraufhin starrte er sie wieder lange wortlos an. Schließlich murmelte er: »Der alte Jacques. Sagen Sie mir: Hat er Sie zur Grabkammer geschickt?«
    »Nein!«, schwindelte sie eilig und hoffte, dass sie ihr prompter Widerspruch nicht verraten hatte. »Nein. Ich habe mich schon immer für die Geschichte dieser Gegend interessiert. Wie Sie sicher gemerkt haben, komme ich aus Amerika, und wir Amerikaner forschen gern nach unseren Wurzeln, wissen Sie? Sie müssen das verstehen: Wir sagen nur ungern, dass wir einfach nur Amerikaner sind; denn abgesehen von den amerikanischen Ureinwohnern haben wir ja alle irgendeinen anderen Ursprung. Die meisten empfinden sich als mehr als einfach nur Amerikaner. Sie wissen schon – Hispanoamerikaner, Afroamerikaner, irischstämmige Amerikaner, französischstämmige Amerikaner …«
    Sie plapperte wirres Zeug, na toll. Und wurde immer verlegener.
    »Ja, ja«, meinte Javet nur.
    Sie fragte sich, ob er Verdacht geschöpft hatte.

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