Reich der Schatten
wissen müssen, und jetzt müssten sie weg, sie hätten nicht viel Zeit, vielleicht könnte er noch das eine oder andere regeln …
Ja, natürlich gab es auch Bedienstete, aber nicht wie früher – das müsse sie doch einsehen.
Und während er ihr all dies mitteilte, erledigte er mit größter Sorgfalt alles, was erledigt werden musste.
Und dann waren sie weg.
Und in Sicherheit.
Ihr Zorn legte sich ein wenig. Er habe große Pläne, verkündete er. Eine Menge war schiefgelaufen. Sie mussten sich jetzt rasch um diejenigen kümmern, die ihre glanzvolle Rückkehr vereitelt hatten. Das war einer der Gründe, warum sie jetzt so vorsichtig sein mussten, das leuchtete ihr doch sicher ein. Er hatte stets gewusst, wo sie sich aufhielt, er war stets nur ein paar Schritte hinter ihr gewesen. Aber das galt leider auch für die anderen.
Ja, er hatte wirklich alles sorgfältig geplant. Jetzt war sie wieder da, in Sicherheit und umgeben von allen möglichen Annehmlichkeiten.
Als sie sich schlafen legte, kniete er sich endlich neben sie und berührte sie mit all der Verehrung und der Anbetung, die sie verdiente.
Ruh dich aus. Unsere Nacht wird kommen.
Ruh dich aus. Wir sind jetzt wieder zusammen und gründen gemeinsam unsere eigene Allianz.
Lippen auf ihrer Stirn, zärtliche Finger auf ihren Wangen – ach, wie schön es doch war, verehrt zu werden.
Meine Liebste, meine Schönste – wir gründen unsere eigene Allianz. Es gibt noch andere, die mit uns zusammenarbeiten wollen. Ich darf dich nur nicht noch einmal verlieren, und wir müssen auf der Hut sein, während wir neue Kräfte sammeln. Du musst mir ein wenig Zeit geben, damit ich all das, was ich geplant habe, durchführen kann.
Jacques DeVant war hellwach. Er fühlte sich stark.
Von Albträumen geplagt, war er sehr früh aufgewacht. In seinem langen Leben hatte er gelernt, alles Nötige rasch und effizient zu erledigen, und so brauchte er nur wenige Minuten, um sich zu duschen, zu rasieren und anzukleiden. Danach eilte er sofort in seine Bibliothek.
Er zog ein Buch nach dem anderen heraus. Doch dann merkte er, was für ein Tölpel er gewesen war, nicht gleich die ganzen Ausmaße dessen erkannt zu haben, was hier vor sich ging.
Inmitten aufgeschlagener Bücher schaltete er den Computer an.
Ach, welch herrliche Erfindung!
Die Bücher erschlossen ihm die Vergangenheit, der Computer die Gegenwart.
Er mochte alt sein – und viele seiner Altersgenossen wollten mit diesen verwirrenden modernen Geräten nichts zu tun haben –, aber er hatte eifrig alles gelernt, was er nur lernen konnte. Inzwischen schaffte er es, zahllose Codes zu knacken und auf die Daten vieler Institutionen zuzugreifen, die ihren Klienten versicherten, dass ihre Informationen in den besten Händen seien und streng vertraulich behandelt würden.
Mit großer Sorgfalt durchforschte Jacques seine Aufzeichnungen.
Er las alles noch einmal langsam durch, einmal, zweimal.
Katia klopfte und steckte den Kopf zur Tür herein, um zu fragen, ob er frühstücken wolle. Er dankte ihr und bat um eine Tasse Kaffee.
Dann wandte er sich gleich wieder seiner Arbeit zu und begann, sich ein paar Notizen zu machen.
Katia brachte ihm den Kaffee. Während er daran nippte, starrte er wieder auf seine Aufzeichnungen.
Er wusste, dass er recht gehabt hatte.
Ja, ja, er hatte recht.
Er wusste, was passiert war. Jetzt war ihm alles klar – das Wie, das Wo, das Wann und das Warum.
Alles, bis auf das Wer.
Er brauchte Hilfe. Er war alt. Die Allianz war durch die Zeit, die verstrichen war, und durch die moderne Welt geschwächt. Die neue Generation hatte den Glauben verloren – aber nur weil die jungen Leute keine Ahnung hatten.
Ach, die neue Generation!
Andererseits war jede Generation eine neue Generation. Seine eigene war bestimmt nicht viel anders gewesen. Wissen – das war das Einzige, worauf es wirklich ankam. Und darauf, dieses Wissen nicht für sich zu behalten. Er lehnte sich zurück und schloss einen Moment lang die Augen.
Dann machte er sie wieder auf. Ein leises Lächeln umspielte seine Lippen.
Er hatte gespürt … ja!
Oh ja. So alt war er nun auch wieder nicht. Er war noch nicht völlig verbraucht.
Der Zeitpunkt rückte näher.
Wer?
Das Wort hallte in seinen Gedanken wider.
Wer?
Seine gute Stimmung verflog.
Er hätte es gleich wissen, gleich ahnen müssen. Er hätte die richtigen Schritte unternehmen und dafür sorgen müssen, dass es nicht so weit kam.
Er legte den Kopf auf den
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