Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Reich der Schatten

Reich der Schatten

Titel: Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Drake
Vom Netzwerk:
Griff zu befreien, ihn zu schlagen und zu treten.
    »Tara, hör auf!«
    In seiner Stimme lag nichts Befehlendes, sondern etwas sehr Sanftes. Und das brachte sie zur Vernunft.
    Das Geräusch verebbte.
    Sie hörte auf zu schreien.
    Ein Albtraum. Ein Albtraum, ausgelöst von all dem Gerede über Vampire und über die Allianz.
    »Tara!« Er streichelte ihr sanft über den Kopf.
    Sie erstarrte misstrauisch und war doch gleichzeitig versucht, sich an seine Brust zu werfen. »Es war ein Traum«, sagte sie. »Nur ein Traum.«
    Aber sie zitterte noch immer am ganzen Leib. Und er war da. Sie schloss die Augen und lehnte sich an ihn, spürte den Trost und die Wärme seiner Arme, die sich um sie legten.
    Dann erstarrte sie wieder und entzog sich ihm. »Wie kommt es, dass du da bist? Hier in meinem Schlafzimmer?«
    »Ich bin zurückgekehrt.«
    »Und wie bist du ins Haus gekommen?«
    »Das ist nicht so wichtig. Du musst mir deinen Traum erzählen.«
    »Nein«, protestierte sie. »Wie bist du hereingekommen?«
    Er stieß einen ungeduldigen Seufzer aus. »Ich habe geklopft, und Katia hat mich hereingelassen.«
    »Das glaube ich nicht«, fauchte sie, doch dann merkte sie, dass sich Roland, Katia und ihr Großvater an der Tür versammelt hatten und sie besorgt ansahen.
    »Oje«, ächzte sie. »Es tut mir leid. Es tut mir echt leid, dass ich euch alle aufgeweckt habe. Aber es war nur ein Traum.«
    Jacques, der in seinem Schlafanzug und mit bloßen Füßen dastand und sehr alt und gebrechlich wirkte, drängte sich an den anderen vorbei und trat an ihr Bett.
    »Erzähl uns deinen Traum, Tara.«
    Sie senkte den Kopf. Der Traum verblasste bereits, auch wenn sie sich noch einigermaßen deutlich daran erinnern konnte. »Ich glaube, ich war in einem Haus im Wald. Ich wollte nicht hinein, aber ich hatte das Gefühl, es tun zu müssen. Im Kamin brannte ein riesiges Feuer, und steinerne Fratzen wurden lebendig. Es gab auch einen Gang, und ich wusste, dass ich ihn entlanggehen musste. Dann kam ich an eine Tür, und in dem Raum hinter dieser Tür lagen Leichenteile; aber es waren nicht nur Teile, denn sie fügten sich zusammen. Und die Lippen in dem einen Kopf bewegten sich. Das Ding sagte etwas zu mir, und ich hatte Angst davor, was passieren würde, wenn es wieder ganz hergestellt wäre. Dann bin ich in den Gang zurück. Dort war ein Schatten, der zu lachen begann und mir erklärte, dass ich in eine Falle gelockt worden sei, und dann sagte er …«
    Sie hielt abrupt inne. Ihr Blick schweifte von Brent Malone zu ihrem Großvater und schließlich zur Tür, wo Katia und Roland standen.
    »Wo ist Ann?«, fragte sie tonlos.
    Brent starrte sie an.
    Dann sprang er auf und rannte hinaus.
    Tara stürmte ihm nach.
    Brent war schon in Anns Zimmer.
    Tara stieß mit ihm zusammen. Sie sah über seine Schulter auf Anns Bett.
    Doch Ann lag nicht darin. Die Balkontüren standen weit offen, der Wind wehte ins Zimmer.
    Er verbreitete dieselbe Kälte, die Tara schon in ihrem Traum in Angst und Schrecken versetzt hatte.

14
    Henri Javet betrachtete sich kritisch im Spiegel. Der Bartschatten ließ sich problemlos beseitigen. Javet hatte einen Rasierapparat in seinem Büro, oft genug hatte er in einer der Zellen auf einer Pritsche übernachten müssen. Aber die Augenringe und die Tränensäcke … Oh, là, là, dagegen half wohl nichts.
    Javet hatte für seine Stellung jahrelang hart gearbeitet, doch nun hatte sich in kürzester Zeit etwas entwickelt, was selbst die grässlichsten Verbrechen, mit denen er bislang zu tun gehabt hatte, in den Schatten stellte. Was auf den ersten Blick wie ein Mord aus reiner Habgier ausgesehen hatte, wurde immer komplizierter. Die Leiche im Fluss würde bestimmt nicht die letzte sein.
    Der Kommissar rasierte sich, spritzte sich Wasser ins Gesicht, stellte fest, dass sich die Augenringe und die Tränensäcke erwartungsgemäß nicht hatten wegwaschen lassen. Dann kehrte er in sein Büro zurück. Stirnrunzelnd warf er einen Blick auf die Uhr. Der Kommissar aus Paris war mit dem Auftrag losgeschickt worden, Dubois auf die Wache zu bringen, war jedoch noch nicht zurück.
    Er blätterte in den Notizen, die er sich während der letzten Sitzung der Sonderkommission gemacht hatte. Dann rief er dem Beamten am Eingang zu, ihm Bescheid zu geben, sobald der Pariser Kommissar da wäre. In dem Moment ging die Tür auf, und ein schlanker junger Mann mit zerknitterter Kleidung und wirrem Haar kam hereingestürmt.
    »Ich muss mit dem Kommissar

Weitere Kostenlose Bücher