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Reich durch Hartz IV

Reich durch Hartz IV

Titel: Reich durch Hartz IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Knobel-Ulrich
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denn arbeitslos?« Als habe er auf eine Frage wie diese geradezu gewartet, bricht aus dem Mann geballte Wut heraus: »Mich erbost, dass viele Arbeitgeber an der Hartz-IV-Schraube drehen, um Sozialabgaben und Steuern zu sparen.« Ständig biete man ihm Arbeit an, jedoch nur auf 400-Euro-Basis für den Fall, dass die Leute von der Zollkontrolle kommen, um nach Schwarzarbeitern zu fahnden. »Denen sagst du einfach«, habe ihm ein Gaststättenbesitzer vorgeschlagen, bei dem er sich letzte Woche vorgestellt habe, »dass du nur ein paar Stunden pro Monat hier beschäftigt bist.« So nach dem Motto: »Och, gerade eben erst habe ich hier angefangen.« Hinter diesen Trick kämen die Prüfer nicht, habe der ihm weiter versichert. Denn »denselben Betrieb drei Tage hintereinander zu kontrollieren, das schaffen die gar nicht.«
    »In Wirklichkeit aber«, so fährt der Koch verbittert fort, »sollte ich Vollzeit arbeiten, im Schichtdienst, samstags und sonntags.« Den Rest zahle er ihm schwarz aus, habe der Chef gesagt. »Da hätten wir beide was davon. Er spare die Steuern und Sozialabgaben und ich bekäme das Geld von ihm bar auf die Kralle. Ich hätte ja auch noch Hartz IV, bekäme meine Wohnung und die Heizungskosten bezahlt. Und die Lebensmittel könnte ich ja dann auch weiter bei der Tafel holen, denn offiziell arbeite ich ja nur als geringfügig Beschäftigter.«
    Ein unschlagbares Modell, betont er noch mal resigniert. Doch der Koch ist nicht naiv: »Auf diese Weise wird für meine Rente natürlich praktisch nichts eingezahlt«, sagt er. Im Klartext: Wenn er irgendwann nicht mehr Töpfe rücken und Saucen rühren kann, droht ihm die Altersarmut. Für die hat Ursula von der Leyen ja auch schon ein Rezept: die Lebensleistungsrente, natürlich aus Steuermitteln finanziert! Im Weggehen ruft er mir noch nach: »Wenn Sie mir ein Restaurant in Berlin zeigen, wo alle Mitarbeiter richtig angestellt sind, alle Steuern und Sozialabgaben bezahlt werden, arbeite ich ein Jahr ohne Entlohnung!«

Von zweifelhaftem Nutzen, doch der Steuerzahler finanziert
Wer braucht eigentlich Socken für die liebe Verwandtschaft?
    Ein großer Saal in einem hohen Schulgebäude. Etwa 25 Leute sitzen herum, ein paar von ihnen arbeiten unlustig an einem kleinen Stück Stoff, eine Nähmaschine rattert. Andere stricken und häkeln. In einer Ecke klimpert ein Mann auf einer Gitarre. Ein paar Frauen blättern gelangweilt in Zeitschriften, unterhalten sich oder feilen ihre Nägel. Drei Nähkurse wie diesen bietet die Stiftung für berufliche Bildung, die SBB Kompetenz gGmbH an, die Stiftung für berufliche Bildung. Stiftung klingt nach Gemeinnützigkeit und Edelmut. Fragt sich nur, für wen hier genäht und was hier gelernt wird. Zumindest die SBB Kompetenz gGmbH ist von sich und ihrem Angebot überzeugt: »Die Umschulungen der SBB Kompetenz […] basieren auf einem erfolgreichen Konzept: Mit dem Betrieblichen Umschulungssystem, kurz BUS, erhalten Erwerbslose im ALG-Bezug eine erstklassige Qualifizierung in nachgefragten Berufen, verbunden mit einer hohen Übernahmebereitschaft der Unternehmen, die die Umschulung in der Praxis unterstützen. Eine persönliche Eignungsanalyse und intensive Vorbereitung ist inklusive.« Na bitte: eine erstklassige Qualifizierung. Da kann ja wohl nichts schiefgehen, vor allem, wenn der Übernahmevertrag sozusagen schon am Ausgang bereit liegt. Oder haben wir was falsch verstanden?
    Die Teilnehmer des Nähkurses seien Ein-Euro-Jobber, klärt uns der Geschäftsführer auf. Und rattert herunter, was diese Maßnahmen Langzeitarbeitslosen bringen: »Die Ein-Euro-Aktiv-Jobs der SBB Kompetenz bieten eine sinnvolle Beschäftigung, eine kleine Erhöhung der finanziellen Bezüge – und eine berufliche Perspektive, denn vielfältige Tätigkeiten, integrierte Weiterbildung , persönliche Aktivierung und Vorbereitung für eine anschließende Wiedereingliederung in die Arbeit machen die Ein-Euro-Aktiv-Jobs der SBB zu einer echten Chance.« Echte Chance heißt: Die Teilnehmer sollen die Theaterarbeit an Schulen unterstützen und dafür Kostüme herstellen. Von Kostümen ist jedoch weit und breit keine Spur, was die Kursleiterin entschuldigend damit erklärt, dass es wenig Schulen gibt, in denen noch Theater gespielt werde und somit immer weniger Kostüme benötigt würden. Es werden aber nicht nur keine Kostüme gebraucht. Auch »die berufliche Perspektive«, die »integrierte Weiterbildung« und »persönliche Aktivierung« der Teilnehmer

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