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Reich kann jeder

Reich kann jeder

Titel: Reich kann jeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Anne; Rentzow Nürnberger , Anne Nürnberger , Jan Rentzow
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Angst.
    Laura!
    Ich will raus. Aber ich darf noch nicht! Die Taschen! Die Taschen sehen aus wie Schildkröten und rufen: Kauf mich! Die Schildkröten sind heute billig. Nur 1500 Euro für eine ganze gelbe Schildkröte zum halben Preis.
    »Guck mal, das Prada-Portemonnaie, es hat so einen schönen Reißverschluss und so schön viele Kastenfächer.«
    Ich ziehe T-Shirts an mit einer Pistole drauf, runter von 130 auf 65 Euro. Auch reduziert noch Selbstmord. Ich nestele an einem Armani-Pullover mit zu kurzen Ärmeln. Werde von Minute zu Minute geiziger.
    Ich werde von Minute zu Minute reicher, intern.
    Anne will unbedingt Schuhe mit grünen leuchtenden Riesen-Steinen haben, passt aber nirgendwo rein, eine 40 passt eben in keine 38. Alles schon weg.
    »Nicht traurig sein«, sagt Laura.
    Als wir draußen sind, bin ich frustriert. Anne nicht. Sie hat eine Bluse mit grünen Bommeln als Schuhersatz mitgenommen und ein super-super-angesagtes Damen-Tuch, das Laura ihr empfohlen hat. Sie war in einer intimen Teeküche zum Bezahlen und kam raus mit einem Päckchen aus Seide.
    »Fahrt doch mal ins Ausland«, sagt Laura, »zu den Sales.« Da sei es noch billiger!
    In London gebe es nicht nur 50 Prozent, sondern 70, 80 Prozent. Da sei die Auswahl noch größer, noch gigantischer. Das Pfund stehe so gut. Das Pfund steht so günstig, dass es teuer nicht mehr gibt.
    London? Fahren wir nach London?
    Ja!
    London!
    ***
    Fünf Tage später stehen wir tatsächlich zwischen französisch sprechenden Libanesinnen mit Kindern im Chelsea-Trikot im Ur-Kaufhaus der Welt, im größten Shopping-Tempel der Erde. Im Harrods.
    Anne hat sich gerade einen Burberry-Mantel in Weiß eingesackt, für 477 Pfund, einen Klassiker, von dem sie sagt: »Ist der geil.« Von dem ich sage: »Ist der geil!«
    Mein Traum aus 1001 Naht hängt im Erdgeschoss unweit der Lebensmittelabteilung. Er ist dunkelblau und ganz weich. Ein Paul-Smith-Pullover für 219 Pfund.
    Mit einer Boss-Jacke, die der Wahnsinn ist, stehe ich vor dem Spiegel bei Harrods. Ich fühle mich ganz leicht mit ihr. Sie fällt, wie sie fallen muss, sie ist wie ein Kostüm, wie ein weicher Traum.
    Ich komme mir vor, als hätte ich immer die falschen Sachen getragen und als könne ich morgen überallhin.
    Es tut mir weh, so viel Geld auszugeben, aber es macht Spaß. Immer wieder möchte ich meine Jacke anziehen, zurück vor den Spiegel. Er wirkt so anziehend wie ein Magnet. Ich fühle mich so groß, so schön, so begehrt.
    So fühlt es sich also an.
    Draußen, auf der anderen Straßenseite, holen wir Polo-Shirts, nicht eins, gleich vier. Nicht die billigen aus dem Schlussverkauf, die teuren, weil sie noch besser sitzen.
    »Anne, habe ich nicht die falschen Farben genommen?«, frage ich.
    »Nein, es ist wie mit Juwelen, die sind immer gut.«
    Wir lachen in der Grafton Street. Wir lachen in der Dover Street. Jeder mit seinen Tüten.
    Wir laufen durch einen Schilderwald: »Sale!«, »50 % off«, »70 % off!« Ich bei Armani rein, ich mit Armani-Tüte wieder raus. Wir bei Gucci rein, bei Prada rein.
    Im Dover Street Market, der angesagtesten Shopping Location von London, haben wir plötzlich drei Kleider zur Auswahl. Drei Mal Haute Couture, verdammt runtergesetzt. Ein rosa Traum, ein weißer Traum, ein gelber. Oscar de la Renta …
    Anne sieht darin aus wie eine Braut, so unschuldig und klasse wie nie.
    »You like it? Is this good? You want to try?«
    »Yes«, sage ich.
    Dann gibt die Verkäuferin Anne die Kleider, eines nach dem anderen.
    »Come«, sagt die Verkäuferin, die sonst Naomi Campbell und Kate Moss bedient, und nimmt mich an der Hand. »Come.« Und führt mich zu noch mehr Ständern.
    Ich come.
    Das hier, das wäre doch auch schön? Oder?
    Und hier noch den Gürtel dazu, der betone die Taille meiner schönen Ehefrau noch besser.
    Ich fühle mich wie Richard Gere in »Pretty Woman«, ich stehe auch so da, nur dass Anne älter ist als Julia Roberts und ich jünger als Richard Gere.
    »You have a princess«, sagt die Verkäuferin, um mir zu schmeicheln, nicht Anne.
    Ich werde das gleich mit meiner Kreditkarte machen.
    Es wird richtig teuer.
    Die Kasse liegt in der Mitte der Etage, sie ist der leiseste Ort des ganzen Shops. Wie ein Loch, in dem das Geld verschwindet. Der Mann an der Kasse nimmt meine silberne Kreditkarte von der Sparkasse Schwerin, wirft einen Blick darauf. Er ist sich nicht zu schade, mir meinen Namen vorzulesen und anerkennend zu lächeln, als sei ich wichtig.
    Das schätze

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