Reich kann jeder
möchte ich auch mal leben«, sage ich. »Wir im Schloss, und draußen die Würstchen.«
Anne lacht und zeigt drüben auf ein anderes Schloss, ein weißes, und überall Villen.
»Diese Bäume, die habe ich alle gesetzt«, erzählt uns einer, der Johann heißt, im Altenheim Parterre wohnt und stolz darauf ist, dass Gloria so viel Grün sieht.
Johann war früher der Gärtner von der Gloria, und Hausmeister auch, noch immer halte sie vor seinem Fenster, wenn sie im August komme, mit der könne man ja so gut reden. Die sei ganz unkompliziert.
Einmal, sagt er, sei etwas Schlimmes passiert. Da sei er mit dem Benzinkanister auf dem Mahagoniholz ihres Bootes ausgerutscht. »Jetzt hat sie ja schon wieder ein neues.«
Er ist ein wirklich netter Mann, der den See kennt wie kein Zweiter. Er war Personal, sein Vater war Personal, sein Vater war mal drüben bei den Poccis Gärtner, er hier. Bei den Wittelsbachern auf Schloss Leutstetten, da habe man früher immer Mist geholt.
Wie es denn so gewesen sei, für die Gloria zu arbeiten, frage ich ihn, ich würde sie ja von früher kennen, hätte sie mal in Berlin getroffen. Ich flunkere, um ihn anzuspornen zu plaudern, aber Johann erzählt nicht viel, nur das, was eh schon in den Zeitungen stand. »So ein Personal möchte ich später auch mal haben«, denke ich. »Diskret!« Gute Leute haben gutes Personal.
Dann sage ich, dass es schon spät ist.
Wir fahren am Golfhotel »Kaiserin Elisabeth« vorbei, in dem Klaus Kinski geschlafen hat und König Carl Gustav auch, wir fahren am »Vier Jahreszeiten« in Starnberg vorbei und nehmen den günstigsten Gasthof, den wir kriegen können. Das Zimmer kostet nur 58 Euro die Nacht mit Blick auf den Misthaufen.
Vor dem Einschlafen, jeder auf seiner Seite, erzählt mir Anne, wie es früher bei ihr war, dass sie mal einen reichen Mann hätte haben können, einen ganz reichen, den Sven. Dass sie heute schon reich sein könnte, wenn sie sich damals nicht so geziert hätte.
Er sah sogar gut aus. »Aber ich habe ihn abgelehnt.«
»Wieso?«
»Weil mir das mit dem Ungleichgewicht unheimlich war. Ich wollte nicht an seiner langen Leine hängen. Ich glaube nicht, dass reiche Männer Frauen mit Widerworten gut finden.«
»Mir wäre das egal, solange sie gut aussieht«, sage ich.
In meinem Traum ertrinke ich im Geld.
Der nächste Tag wird anstrengend, weil wir versuchen, so viel wie nur möglich rauszufinden, und wir ja am Tag drauf wieder zur Arbeit müssen. Als Erstes fahren wir ins Immobilien-Büro und sagen, dass uns gute Nachbarschaft wichtig ist.
»Wir merken schnell, wenn jemand wirklich Interesse hat«, sagt die Maklerin mit Headset. »Das merken wir ganz schnell, das dauert nur Minuten.«
Wir kommen wieder, sagen wir, und sie lächelt.
»Man muss ihre Sprache sprechen, wenn man verstanden werden will«, verrät uns der Bürgermeister von Tutzing. »Und diese Sprache ist höflich.« Kultur, die Schönheit der Gärten, die Sehnsucht nach Ruhe gehöre dazu.
Der Bürgermeister sagt, dass er gerade von einer Beerdigung komme und wenig Zeit habe. Und er bestätigt, dass man am See schneller reich werden könne als anderswo, weil sie ja alle da säßen, die Vorstände der großen Aktiengesellschaften, Architekten, Patentanwälte und Ärzte.
Er nennt die Reichen aber nicht Reiche, sondern »Gutsituierte«, das gehört offenbar auch zu ihrer Sprache.
Der Himmel erstreckt sich hellblau über dem großen langen See, und die Chefin eines Golfplatzes informiert uns darüber, dass Reiche manchmal ganz schön geizig sind. »Wenn man etwas in die Duschen legt, Parfums, den nächsten Tag ist das weg. Sogar Klopapier wird geklaut, Handtücher. Ich weiß nicht, ob sie die zum Schuhe putzen hernehmen«, schimpft die Golfplatz-Chefin.
Kurz denke ich, dass man ihr besser keinen Schläger gibt, da schimpft sie schon weiter. Früher hätten die Promis bei ihr umsonst gespielt, seit sie zahlen müssten, kämen sie nicht mehr. Diese ganzen Schauspieler. Die Darstellerin aus dem »Marienhof«.
»Die Prominenten gehen gezielt da hin, wo sie wissen, dass sie nicht bloßgestellt werden, wenn sie fragen, ob sie nicht auch umsonst spielen könnten«, erklärt die Golfplatz-Chefin.
Wir kommen wieder, sagen wir, und sie lächelt.
»Schönen guten Tag, mein Name ist Rentzow«, stelle ich mich im exklusivsten Club des Sees vor, im Bayerischen Yacht-Club, in dem sie sogar den Gauweiler von der CSU nicht haben wollten.
»Ich würde mir gerne mal Ihren Club
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