Reiche dem Tod nie die Hand (German Edition)
haben. Ob positiv oder negativ, wage ich jetzt nicht zu erraten. „Okay Vater, Mutter, das hier ist Barry, mein Verlobter! Lasst uns doch in den Speisesaal gehen und zu Abend essen und uns etwas unterhalten!“, sagt Tom und führt mich an der Hand mit sich, die Eltern hinter uns laufend. Auf dem großen Tisch stehen schon alle möglichen Köstlichkeiten, dass mir eigentlich das Wasser im Mund zusammen laufen würde, wäre ich hier nicht der ungewollte Zukünftige, der seinen definitiv unsympathischen Schwiegereltern vorgestellt wird, bzw. wurde. Mit ihnen zu reden wird mir heute wohl kaum erspart bleiben. Leider …
Mit einem Mal schaut Tom mir tief in die Augen. Ich weiß, was er will und ich weiß, dass ich es tun muss. Würden wir uns die ganze Zeit nicht einmal küssen, würde das schon komisch und nicht wirklich glaubhaft rüberkommen. Ich hab nicht mal die Zeit, mir noch weiter irgendwelche Gedanken zu machen, da liegen Toms Lippen schon auf Meinen. Er zögert nicht lange und leckt mir mit der Zunge über die Lippen. Am liebsten würde ich mich übergeben, aber das würde nicht gut kommen und ich will das auch nicht. Ich verkneife es mir zu würgen und gebe mir redliche Mühe, auch wenigstens nur ein bisschen liebevoll zu wirken. Nachdem wir den Kuss gelöst haben und ich heilfroh bin, dass es vorbei ist, lässt Tom sich auf einen der Stühle fallen und ich setze mich neben ihn auf den Stuhl, die Eltern gegenüber von uns. Es herrscht eine unangenehme Stimmung. Jedenfalls zwischen mir und meinen Schwiegereltern. „Na Barry, dann erzähle doch mal was über dich!“, fordert mich der ältere Mann auf einmal auf und lächelt mich an. Sind die etwa doch freundlich oder tut der gerade nur so? Ich bin mir nicht sicher … Fragend schaue ich zu Tom auf, um zu sehen, ob es denn überhaupt in seinem Sinne ist, dass ich denen was über mich erzähle, aber er nickt mir nur zu und beobachtet die Haushälterin, oder Küchenfrau, oder was auch immer, wie sie das Essen auf die Teller gibt. „Ja, also ... ich bin 20 Jahre alt und ... bin zurzeit arbeitslos. Ich hab gerade mein Abi gemacht und noch nichts weiter gefunden. Na ja, also ... ich komme von hier und lebe eigentlich noch bei meinen Eltern, aber in letzter Zeit ...“, stoppe ich kurz und schaue wieder prüfend zu Tom, welcher wieder nickt. „... wohne ich hier. Na ja ... ja, also ich hab noch einen Bruder, der 25 Jahre alt ist und in die USA gezogen ist und ... joah, mehr fällt mir gerade nicht ein!“, lächle ich meine Schwiegereltern unsicher an und hoffe, dass ich alles richtig gemacht habe. „Und wie habt ihr euch kennengelernt?“, fragt mich dieses Mal Toms Mutter und schaut mich musternd an. „Wir haben uns in einer Disko kennengelernt!“, fällt Tom dazwischen, bevor ich überhaupt zu einer Antwort ansetzen kann und bedankt sich bei der Angestellten, die ihm das Essen auf den Teller gemacht hat. „Dann wünsche ich euch mal einen guten Appetit und hoffe, dass es euch schmeckt!“, nickt Tom uns noch allen zu und deutet uns an, dass wir anfangen können, mit essen. Eine Weile ist es auch still und alle essen, bis auf einmal Toms Mutter wieder das Wort erhebt. „Und wie ist euer Sexleben? Ich meine, da muss es ja auch stimmen. Wenn das nicht klappt, dann wird das wahrscheinlich eh nichts!“
Prustend spucke ich meine Vorsuppe wieder aus und nehme mir sofort eine der Stoffservietten, die hier herumliegen, und tupfe die Suppe von meinem Jackett und der Tischdecke und tupfe dann auch noch mal um meinen Mund herum, die angeekelten Blicke nicht sehend. Beschämt schaue ich auf meinen Teller und entschuldige mich vielmals für diese Unannehmlichkeit. „Mutter, so was fragt man nicht! Erst recht nicht am Esstisch!“, schimpft Tom auch gleich los und wischt mir noch mal über den Mundwinkel. „Tut mir leid, mein Sohn, ich will nur das Beste für dich!“, empört sie sich aber auch gleich und widmet sich genüsslich wieder ihrem Essen. Na schönen Dank auch, ist Sex der Hauptpunkt oder was? Solche Leute kann ich nicht ab, so was will ich gar nicht kennen! „Lass gut sein, Mutter, darüber sprechen wir morgen früh noch mal!“, brummt Tom und widmet sich ebenfalls wieder seinem Essen. Wie ... die bleiben über Nacht, oder was? ... Oh nein, können die nicht gleich wieder gehen? Ich will nicht, dass die bis morgen hier bleiben! Es ist ja so schon schlimm genug hier, geschweige denn … Das Essen geht recht schnell vorbei, schneller als ich gedacht
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