Reiche dem Tod nie die Hand (German Edition)
Außerdem ist er dann vielleicht auch wieder entspannter und besser gelaunt. Ich hoffe es jedenfalls. „Hör mal, Barry ... Ich ... Also ich hab ja deine Tasche und Handy und so. Na ja, da sind einige Anrufe und SMS eingegangen. Ich würde dich drum bitten nachher ein paar Freunde und deine Eltern anzurufen. Sag ihnen, dass du zurzeit bei deinem Freund bist, der ein Stück weit weg wohnt und du erst in ein paar Wochen wieder kommst!“, hält mich Tom fest, als ich in unser Schlafzimmer gehen will. Ich soll was? „Ich bin aber nicht offiziell schwul, Tom, das würden die mir nicht abnehmen!“ Und das ist nur eins von den Sachen, die mir gegen den Strich gehen, denn ich hasse es meine Familie und Freunde anzulügen, allerdings ... Vielleicht könnte ich ja ... „Dann sag halt bei deiner Freundin!“, grunzt Tom und rümpft fast schon angewidert seine Nase. Was ist denn jetzt? Passt es ihm nicht, dass ich ihn als „Freundin“ bezeichnen muss, oder passt es ihm nicht, dass ich nicht schwul bin und er somit gar keine Chancen bei mir hat, die er sich anscheinend schon erhofft und ausgerechnet hat? Wobei ich ja nur offiziell nicht schwul bin. Das heißt, ich habe mich bisher nicht getraut, mich zu outen. Außerdem bin ich mir nicht sicher ob ich wirklich schwul oder vielleicht nur bi bin. So dumm es in meinem Alter klingen mag, ich hab mich einfach noch nicht richtig entschieden, aber ich weiß, dass ich auf Männer stehe, nur bei den Frauen bin ich mir noch nicht so ganz sicher. „Und wo wohnt meine „Freundin“?“, frage ich aber dennoch einfach weiter, da ich das wohl wissen muss, ich weiß am Ende ja auch nicht, was er noch so vorhat. „Bochum!“, kommt es aber nur trocken über Toms Lippen, ehe er die Tür öffnet und mich mit ins Schlafzimmer zieht. „So, rede oder du kannst gleich wieder gehen!“
Klasse ... Wenn man sagen kann, dass seine Laune sich wieder etwas verbessert hat, vorhin, ist sie jetzt definitiv wieder am Tiefpunkt. Daumen hoch für dich, Barry, du musstest ihm das ja jetzt auch noch mal auf die Nase binden! „Also Tom. Ich bin immer noch dein bester Freund und nicht einer deiner Handlanger da unten, also mäßige deinen Ton, mein Lieber! Ja, ich wollte mich auch bei dir entschuldigen für das, was gestern war! Ich weiß, dass ich dich nicht bevormunden soll oder so und das wollte ich auch nicht, ich hab dir nur meine ehrliche Meinung gesagt! Auch ein bisschen schroff teilweise, das weiß ich und das tut mir auch leid, aber ich hab versucht dir meine Gedanken verständlich zu machen, aber du hast es ja irgendwie nicht kapiert! Ich will, dass das Thema vom Tisch ist! Es ist deine Sache und ich bin sicher, dass du recht hattest, als du sagtest, dass du alt genug bist. Du bist alt genug und wirst schon die richtige Entscheidung treffen, da vertraue ich dir und ich werde dich auch jederzeit unterstützen, du kannst immer zu mir kommen!“, lächelt Paul am Schluss. Anfangs hat Tom noch wütend geschnauft, mit der Zeit sind seine Gesichtszüge aber deutlich weicher geworden. Und ... sie umarmen sich sogar. „Ich nehme es dir immer noch übel, Paul, damit das klar ist! Es ist noch nicht alles in Ordnung, aber du bist mein bester Freund und jeder macht mal Fehler. Dennoch ... misch dich in solche Sachen nie wieder ein, ja? Du hast keine Ahnung davon und ... ja, also ... ich will dich jetzt echt nicht abwimmeln oder so, aber ich hab noch was mit Barry zu klären!“ Ich schiele zu meinem Entführer und muss wirklich staunen. Zu meiner Verwunderung ist nämlich Toms Stimme entgegen seiner Gesten und seines Blickes, noch immer deutlich angeraut und gibt seine innerliche Wut wider. Leider ... Aber dennoch ... Paul nickt, verabschiedet sich von uns und geht dann auch schon zur Tür raus.
Wie das Gespräch so schnell vergehen konnte, verstehe ich zwar nicht, vor allem, weil nichts geklärt ist und die Gemüter offensichtlich nur minder gemildert sind, aber na ja ... Ich bin halt fremd hier und habe wohl noch viel weniger Ahnung von allem als Paul. „So und jetzt hole ich mal dein Handy und du rufst deine Leute an!“, brummt Tom, als sei nichts gewesen und reißt mich damit aus den Gedanken. Stumm nicke ich und lasse mich auf das Bett fallen, während ich warte, dass Tom wiederkommt, was auch nicht lange dauert. In seiner Hand, mein Handy ... „Ich hatte noch so ein Ladekabel da und dein PIN ist ja sowieso ausgestellt, von daher war es nicht schwer das Teil wieder anzubekommen und mitzukriegen,
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