Reiche dem Tod nie die Hand (German Edition)
heben und schubsen, sodass er mit dem Stein heruntergerissen wird und, mit einem erstickten Schrei durch das Klebeband, in dem trüben Wasser verschwindet.
Kapitel 12
„Ich ...“, versagt meine Stimme, als ich noch einige Momente da stehe und auf die Stelle starre, wo Laurent gerade untergegangen ist. Wie gebannt, als würde er jeden Moment wieder auftauchen, löse ich keine Sekunde meinen Blick und sehe immer wieder wie ein paar Luftblasen aufsteigen und an der Oberfläche zerplatzen. Mein Körper fängt an zu beben, weil mein Kopf sich strikt weigern will, aufzunehmen und zu realisieren, was gerade passiert ist. Schüttelnd lege ich wieder meine Arme um mich selbst und kralle mich an meinem Mantel fest. Irgendwann verschwinden die Luftblasen ganz … Ich weiß nicht, ob ich sie einfach nicht sehe, weil er zu sehr abgetrieben wurde, oder er jetzt ... Dass Tom sich umdreht und mich mit sich zieht, ist wohl Antwort genug.
Ich realisiere kaum, wie er mich ins Auto schubst und mich anschnallt, geschweige denn, wie er sich neben mich setzt und wir losfahren. „So das war‘s, fertig!“, brummt Tom und verschränkt ganz macholike die Arme. Fassungslos sehe ich ihn an und schüttle wie in Zeitlupe meinen Kopf. „Ist das dein Ernst?“, frage ich zittrig und hab das Gefühl gleich zusammenzubrechen. Mir ist schlecht und schwindelig und würde ich stehen, wären meine Beine sicher eingeknickt. „Natürlich ist das mein Ernst! Oder meinst du, der taucht wieder auf?“, lacht Tom und schüttelt belustigt seinen Kopf. „Nein ...“, hauche ich nur bedrückt und lege meinen Kopf an die kühle Fensterscheibe, nachdem ich meine Augen geschlossen hab. Ich kann nicht fassen, dass das gerade wirklich passiert ist. Dass ich wirklich dabei war, wie jemand gestorben ist. Okay, als ich erst ein paar Tage bei Tom gewesen bin und diese Typen erschossen wurden, bin ich auch dabei gewesen, aber … das ist irgendwie was anderes. Da hat Tom das getan um mich, sich und seine Leute zu schützen, aber das jetzt … Ich kann ja verstehen, dass er diesen Mann gehasst hat, weil er seinen Bruder umgebracht hat und ich kenne die ganzen Hintergründe ja auch nicht, aber … ihn umbringen? Wo sein Bruder doch eh schon tot ist? Ich kann es nicht nachvollziehen, auch wenn manch anderer es vielleicht könnte.
Schluchzend ziehe ich meine Nase hoch, will es nicht verstehen und kann es auch einfach nicht. Vor allem bin ich in gewisser Weise auch noch mit daran beteiligt. Ich hab das Zimmer mit durchsucht, bin dabei gewesen und vor allem habe ich den Jungs das Paketklebeband gegeben, womit sie ihn wehrlos gemacht haben … Oh … Gott … Ich bin wirklich mit daran beteiligt und habe geholfen! Verzweifelt kralle ich mich in meine Seite und versuche mir so irgendwie ein wenig Halt zu geben. Aber es ... funktioniert nicht ... Ich kann mir keinen Halt geben und niemand ... niemand anderes ist bereit ihn mir zu geben. Niemand hält mich fest! Niemand! „Barry? Barry, alles klar bei dir?“, reißt mich Tom aus meinen Gedanken, weshalb ich zusammenzucke und ihn mit großen Augen ansehe. Sofort schüttle ich wie wild meinen Kopf und schluchze auf. „Ich ... Ich bin schuld ... Ich hab geholfen!“, weine ich und sehe Tom nach Halt bettelnd an. Er scheint es sogar zu verstehen und nimmt mich mitleidig in den Arm, nachdem er sich abgeschnallt hat.
„Du bist NICHT schuld! Wenn jemand der Mörder von Laurent ist, dann bin ich das und ganz sicher nicht du! Auch wenn du nicht dabei gewesen wärst, hätten wir das ganz genauso auch gemacht und er wäre genauso gestorben! Egal, ob du dabei warst oder nicht dabei gewesen wärst, hätte er so oder so, heute, hier sein Ende gefunden, also mach dir keine Gedanken!“, streichelt mir Tom sanft über die Haare und den Rücken. Ich merke, dass er selbst ganz versteift, es wahrscheinlich überhaupt nicht gewohnt ist, Zärtlichkeiten zu verteilen. „Wirklich?“, frage ich ihn immer noch schluchzend und weiß nicht so recht, ob ich ihm glauben kann, denn auch wenn er genauso gestorben wäre, wenn ich nicht dabei gewesen wäre ... Ich bin daran mit beteiligt und hab mitgeholfen! Das ist eine Tatsache ... Langsam beruhige ich mich in Toms Armen und schlafe sogar ein, was ich gar nicht mitbekomme. Erst als ich Zuhause in unserem Bett aufwache, kriege ich mit, dass ich wohl wirklich eingeschlafen bin. Seufzend wische ich mir mit meiner Hand durchs Gesicht. Jetzt nenne ich das hier doch tatsächlich schon Zuhause und
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