Reine Glückssache
Tasche auf ihn einschlagen sollen, aber ich wollte ihn zu fassen kriegen. Seine blöden Stielaugen wollte ich ihm ausstechen. Dieser kleine Hirni hatte Menschen ermordet, einfach so, aus Lust am Spiel. Sogar ein Polizist war darunter. Meine Schwester lag im Krankenhaus, bekam ein Kind, und dieser Arsch wollte mich umbringen. Echt krass.
Ich packte ihn an seinen dämlichen grünen Haaren und stieß seinen Kopf einige Male gegen den Truck. Er stocherte mit den Armen in der Luft herum, trat gegen meine Beine. Wir gingen beide zu Boden, wälzten uns im Dreck, ineinander verkeilt wie zwei Eichhörnchen, kratzend und kreischend. Hier keiften sich nicht zwei Weiber an, die Gift ablassen wollten, so wie Lula und Mrs. Apusenja. Es war ein Kampf um Leben und Tod. Zum Glück fand bei dem ganzen Herumwälzen mein Knie seinen Weg zu Fisher Cats Schritt, und ich rammte ihm seine Klöten die Kehle hoch.
Fisher Cat wurde auf einmal ganz still, und eine Faust zertrümmerte, fast wie in Zeitlupe, seine Nase. Im Rückblick muss ich sagen, dass es wohl meine Faust gewesen war. In dem Moment schien es keine Verbindung zwischen der Faust und meinem Gehirn zu geben. Das Nasenbein gab mit einem ekligen Knirschen nach, Blut spritzte hervor, und mein Zorn erstarb.
»Oh, Scheiße!«, sagte ich. »Das tut mir jetzt aber wirklich Leid.« Ich weiß auch nicht, warum ich das sagte, denn richtig Leid tat es mir eigentlich gar nicht. So etwas gehört wohl zu den weiblichen Reflexen.
Er holte blind mit seiner Rechten aus und traf mich am Arm, dann gingen bei mir die Lichter aus.
Als ich wieder zur Besinnung kam, lag ich mit dem Rücken auf dem Bürgersteig. Der Nieselregen tropfte mir voll ins Gesicht. Es war dunkel, aber überall waren Lichter. Rote, blaue und weiße. Die Lichtpunkte hatten in dem Regen so eine Art Heiligenschein, was dem Ganzen eine surreale Note verlieh. Der Schleier vor meinen Augen verzog sich. Ich blinzelte, und Ranger und Morelli schoben sich in mein Blickfeld. Hinter ihnen gab es noch viele andere Menschen, Lärm, Polizisten, gelbes Absperrband, das vom Regenwasser glänzte.
»Was ist passiert?«, fragte ich.
»Du hast anscheinend einige Volts abbekommen«, sagte Morelli. Seine Lippen waren schmal, sein Blick streng.
Es dauerte eine Sekunde, bis es mir wieder einfiel … Fisher Cat, der mit dem Arm ausgeholt hatte. »Ein Elektroschocker«, sagte ich. »Als ich es erkannte, war es schon zu spät.«
Morelli und Ranger schoben je eine Hand unter meine Achselhöhlen und stellten mich auf die Beine. Als Erstes sah ich Fisher Cat regungslos neben seinem Truck auf dem Rasen liegen. Ein paar Polizisten waren dabei, Scheinwerfer aufzustellen, um die Leiche auszuleuchten.
»Ach, du grüne Neune«, sagte ich. »Der ist ja tot.« Im ersten Moment erfasste mich Panik, ich könnte ihn getötet haben. Irgendwie ein befriedigendes Gefühl, dass ich ihm seine Nase gebrochen hatte, weil er mich mit seinem Elektroschocker matt gesetzt hatte, aber von dem Gedanken, dass ich ihn zu Tode geprügelt haben könnte, war ich ganz und gar nicht erbaut. Ich sah genauer hin und entdeckte das Einschussloch in seiner Stirn. Ein
Puh
! der Erleichterung war die Folge. Ich war mir sicher, dass ich ihn nicht erschossen hatte.
»Die Einschusslöcher stammen nicht von mir, oder?«, fragte ich Morelli.
»Nein. Wir haben deine Pistole überprüft. Damit ist kein Schuss abgegeben worden.«
Ranger grinste. »Aber es hat ihn jemand ganz schön vermöbelt, bevor er erschossen wurde.«
»Das kann nur ich gewesen sein«, sagte ich.
»Babe«, lautete Rangers Kommentar nur, und sein Grinsen wurde noch breiter.
Mein Arm fühlte sich an, als würde er brennen. Der ganze Oberarm war mit einem Mullverband umwickelt, und in einer feinen Linie sickerte Blut durch den Mull. »Mir fehlt ein ganzer Zeitabschnitt«, sagte ich. »Was ist passiert, als bei mir das Licht ausging?«
»Ranger und ich sind kurz nacheinander hier eingetroffen, und als wir dich nicht fanden, haben wir uns natürlich Sorgen gemacht«, sagte Morelli. »Wir wussten, dass du rausgegangen bist, um zu telefonieren, deswegen haben wir angefangen, nach dir zu suchen.«
»Und dann habt ihr mich hier bewusstlos liegen sehen, und der Typ mit den grünen Haaren war tot.«
»Ja.« Morelli presste wieder die Lippen zusammen, seine Stimme war ausdruckslos.
Er hatte mich bewusstlos gesehen, das gefiel ihm nicht. Morelli liebte mich. Ranger liebte mich auch. Aber Ranger tickte anders.
»Jetzt bist du
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