Reine Glückssache
völlig anderen Bereich des Gehirns, eine Rivalität.
Morelli und ich fragten uns bis zur Entbindungsstation durch und fanden Valerie. Meine Eltern waren gegangen, nur Kloughn war noch da, saß auf der Kante eines Stuhls neben dem Bett.
»Tut mir Leid, dass ich das große Ereignis verpasst habe«, sagte ich zu Valerie. »Mir ist ein Malheur mit meinem Arm passiert.«
»Sie war Spitze«, sagte Kloughn. »Einfach bewundernswert. Ich weiß nicht, wie sie das geschafft hat. So etwas habe ich noch nie erlebt. Keine Ahnung, wie sie das Baby da rausgekriegt hat. Ein Wunder.« Sein Gesicht glühte förmlich, und der Krankenhauskittel war durchgeschwitzt. Er sah benommen aus, ungläubig. »Ich bin Vater«, sagte er. »Ich bin Vater.« Sein Blick wurde glasig, sein Lachen zittrig. Er wischte sich die Augen und schnäuzte sich die Nase. »Ich glaube, ich bin immer noch wie behämmert«, sagte er.
Valerie sah Kloughn lachend an. »Mein Held«, sagte sie.
»Ich war gut, nicht? Ich war dir doch eine Hilfe, oder?«
»Du warst sehr, sehr gut«, sagte Valerie zu ihm.
Das Baby lag bei Valerie im Zimmer, in eine Decke gewickelt, ein Häkelmützchen auf dem Kopf. Es kam mir wahnsinnig klein vor und gleichzeitig viel zu groß, um einfach so rauszuflutschen.
»Wir haben sie Lisa getauft«, sagte Valerie.
»War es schwierig, sich für einen Namen zu entscheiden?«, fragte ich.
»Nein«, sagte Valerie. »Wir haben uns beide auf Lisa geeinigt. Es ist der Familienname, der uns Kopfzerbrechen macht.«
Valerie sah erschöpft aus, ich drückte sie und gab ihr einen Kuss. Dann drückte ich Kloughn und gab ihm auch einen Kuss. Danach gingen wir. Ich bin sonst nicht so der Drücken-und-küssen-Mensch, aber das war ein Anlass zum Drücken und Küssen.
Morelli und ich fuhren nach dem Besuch im Krankenhaus direkt zu Pino’s und bestellten was zum Mitnehmen. Zehn Minuten später schlossen wir die Tür zu Morellis Haus auf, unterm Arm ein Sixpack Corona und eine Tüte Baguettebrötchen mit Fleischbällchen. Bob war überglücklich, Fleischbällchen konnte er nämlich zehn Meilen gegen den Wind wittern.
Ich schleppte mich ins Wohnzimmer, ließ mich auf das Sofa fallen, machte die Tüte mit den Fressalien auf und verteilte sie. Ein Brötchen für mich, eins für Morelli und zwei für Bob. Morelli riss zwei Dosen Bier auf. Wir tranken beide einen kräftigen Schluck und verdrückten dann die Brötchen. Morelli zappte sich beim Essen durch die Sender und blieb schließlich bei einer Wrestling-Veranstaltung hängen.
»Ich hab’s satt«, sagte Morelli. »Dauernd versetzt du mich in Angst und Schrecken. Ich hab’s einfach satt.«
Ich hatte es auch satt. Gründlich. Ich war wie gerädert. Ich hatte einen Haufen Fragen an Morelli, aber die Antworten darauf konnten warten. Ich war nicht in Stimmung, mir großartig Gedanken zu machen. Ich konnte ja kaum noch kauen und schlucken.
Morgen musste ich auf die Wache und einem Tonbandgerät alles über Fisher Cat und das Game erzählen. Morgen würde ein anstrengender Frage-und-Antwort-Tag werden. Ich konnte nur hoffen, dass mein Verstand beim Aufwachen in Denklaune war.
Gut, dass Wrestling im Fernseher lief. Für Wrestling brauchte man keinen scharfen Verstand. Lance Storm schlug irgend so einen Neuen zu Brei, der aussah wie ein geklonter Bruder von King Kong. Storm trug einen superknappen knallroten Slip, so dass ich ihn in meinem benebelten Zustand auf dem Bildschirm immer leicht erkennen konnte. Ich machte eine zweite Dose Bier auf und trank insgeheim auf Storms scharfes Teil.
13
Morelli weckte mich mit einem Stups. »Aufstehen. Neuer Tag, neues Glück«, sagte er. »Ich muss zur Arbeit, und du musst mitkommen.«
»Irgendwas sticht mir da in den Rücken.«
Er schlang seine Arme um mich. »Eigentlich haben wir noch einige Minuten Zeit.«
»Wie viele?«
»Um es hinter sich zu bringen, reicht es.«
»Dir oder mir?«
Seine Hand glitt meinen Bauch entlang und kam zwischen meinen Beinen zum Liegen. »Wir vergeuden wertvolle Zeit.«
Also – wollen Sie wissen, was der Unterschied zwischen Männern und Frauen ist? Ich denke beim Aufwachen an Kaffee und Doughnuts, und Morelli denkt beim Aufwachen nur an Sex. Morelli küsste meinen Hals, während er mit seinen flinken Fingern unten rum wahre kleine Zauberkunststücke vollführte, so dass der Gedanke an Kaffee sich verflüchtigte. In Wahrheit war ich bereits voll konzentriert auf seine Zaubergriffel, und der Gedanke an Kaffee wich der Sorge, die
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