Reinheit: Chronik der Freiheit - Band I (German Edition)
Verbündeten, doch nun zeigte er sein wahres G esicht, das der Regierung diente.
Er sah mich traurig an. Ich glaube sogar, dass er über etwas nachdachte.
„Es gäbe da eine Möglichkeit, wie man dir helfen könnte, aber die wird dir nicht gefallen.“
Ein lauter Knall hallte durch das kleine Zimmer und eine rot glühende Hand zeichnete sich auf der Wange einer Frau ab.
„Seht nur, sie hat noch immer diesen kämpferischen Blick“, spottete ein Mann in einer gut sitzenden Uniform aus schwarzem Stoff.
Seine beiden Begleiter, die schwer bewaffnet waren, lachten über die Aussage.
Der Mann in der Uniform massierte seine Hand. Offenbar war die Wange der am Boden knieenden Frau härter, als er vermutete.
„Was willst du?“, fragte sie. Aus einem ihrer Mundwinkel kroch ein wenig Blut hervor.
Der Mann beugte sich zu ihr herunter, schenkte ihr ein verräterisch falsches Lächeln. „Wo ist unsere Tochter hingegangen?“
Doch die Frau schwieg. In Gedanken war sie bei ihrer Tochter und sie wusste, dass sie sie schützen musste vor ihrem eigenen Vater.
Der Mann jedoch tippte mit seinen hochwertig aussehenden Stiefeln ungeduldig auf dem Boden herum. „Dir ist hoffentlich bewusst, dass ich nicht davor zurückschrecken werde, dich zu töten?“
Der Frau war es egal. Sie hatte hier nichts mehr zu verlieren. In gewisser Weise wäre der Tod für sie eine Erlösung, doch irgendwo in ihren tiefsten Gedanken kam ihre Tochter zum Vorschein. Serah. Sie war der Grund für ihr Leben.
Plötzlich hob der Mann mit schelmisch lachender Miene seinen Stiefel an und stürzte ihn direkt auf die Hand der Frau.
Ein abstoßendes Geräusch erklang. Doch die Frau blieb absolut ruhig. Keine einzige Schwäche wollte sie vor diesem Bastard offenbaren.
„Wie lange du wohl noch durchhalten wirst?“
„Wenn es sein muss bis zu deinem Tod!“
Plötzlich war das Lächeln aus seinem Gesicht verschwunden. Er war wirklich beeindruckt, wie sehr sie für ihre Tochter zu kämpfen bereit war.
„Was ist, wenn ich dir sage, dass ich unserer Tochter helfen werde? Sie soll hier rauskommen und zu mir ziehen. Dann wird sie auch ein Mitglied der oberen Schichten.“
„Lügner! Denkst du, ich kenne die Verfahrensweisen nicht? Glaubst du, ich weiß nicht, dass man als armer Mensch keine Chance hat, aufzusteigen?“ Wut schwang in der Stimme der Frau mit. Insgeheim war genau das ihre Hoffnung. Ihre Tochter sollte es besser haben.
Doch der Mann konnte nur lachen. „Als wüsstest du auch nur ein Stück darüber Bescheid, wie die Welt außerhalb dieses Gettos aussieht!“
Sie bereute die Liebschaft mit diesem Mann. Sie bereute den Gedanken, dass er ihr hätte helfen können. Jeder andere Mensch in ihrem Umfeld hatte sie davor gewarnt, doch sie war blind vor Hoffnung. Nun war sie allein.
„Ob du nun willst oder nicht, ich werde unsere Tochter finden und sie mitnehmen. Ich wollte dir lediglich die Chance geben, noch einmal nützlich zu sein. Deinem Leben als Hure, die die ganze Zeit nur daran denkt, wie sie aufsteigen kann, einen Sinn zu geben. Doch du bist eben wie jede Hure, du bleibst am Boden und wirst benutzt.“ Der Mann fing an, sehr laut zu lachen, als hätte er einen unwillkürlichen Lachanfall.
Seine beiden Wächter sahen sich fragend an.
„Und du wirst immer jemand bleiben, der sich auf eine Hure einließ“, sagte die Frau kaum hörbar, aber dennoch laut genug, sodass es der Mann hören konnte. Sein Lachen verstummte.
Er beugte sich zu ihr herunter, kam ihrem Gesicht so nahe, dass er es fast berührt hatte. „Was hast du da eben gesagt?“
Doch die Frau lächelte nur.
Kommentarlos drehte sich der Mann zu seinen Wächtern um und riss einem das Gewehr aus der Hand . Er drehte sich wieder zu der Frau und drückte den Lauf des Gewehres gegen ihren Kopf.
„Los! Sag das noch einmal!“ Er war wütend, er zitterte förmlich vor Wut.
Doch die Frau spürte keine Angst. Zum ersten Mal in ihrem Leben schien sie so etwas wie Genugtuung zu verspüren. Sie war zufrieden.
Die Wache schaute erst den Arzt und dann mich fragend an. Dann sah er wieder den Arzt an. „Und sie wollen mir jetzt erklären, dass dieses Mädchen entlaufen ist?“
Der Arzt nickte routiniert. Wie oft er wohl schon Menschen auf diese Weise geholfen hatte?
„Sie sehen doch dieses Bild hier, oder? Das ist das gesuchte Kind und die suchende Familie würde sich sicher sehr über sie freuen.“
Die Wache starrte einige Sekunden auf das kleine
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