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Reinheit: Chronik der Freiheit - Band I (German Edition)

Reinheit: Chronik der Freiheit - Band I (German Edition)

Titel: Reinheit: Chronik der Freiheit - Band I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Hottenrott
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Boden. „Gebt mir meine Kinder zurück!“
    Ein paar andere Menschen kamen dazu. Sie wollten der Frau Trost spenden. Auch ich hatte Tränen in den Augen. Tränen der Trauer und auch Tränen der Wut.
    Ich setzte mich ebenfalls auf den Boden, legte meinen Kopf zwischen die Knie. Ich atmete schwer. Ein Schrei versuchte, sich seinen Weg nach draußen zu bahnen, aber ich unterdrückte ihn.
    Ich schloss einfach die Augen.
     
     
     
     
    Es war eine ruhige Nacht. Solche Nächte waren sehr selten, denn meist wurden wir von den Truppen terrorisiert. Sie gönnten uns keinen Schlaf, keine Sekunde der Ruhe.
    Hin und wieder führten sie ihre Razzien in der Nacht durch, doch meist machten sie einfach nur so viel Lärm wie möglich.
    Trotzdem konnte ich nicht schlafen. Ich sah zu meiner Mutter herüber, die seelenruhig schlief. Sie hatte den Verlust meines Bruders, ihres eigenen Sohnes, noch nicht realisiert.
    Ich hatte es realisiert, aber nicht verwunden. Noch immer kann ich sein Gesicht sehen, die blut ige Wolke und die Stille danach. Immer wenn ich daran dachte, überkam mich Trauer und Zorn.
    Schnell versuchte ich , meine Gedanken wieder abzulenken. Manchmal stellte ich mir ein anderes Leben in einer anderen Welt vor. Ein Leben und eine Welt ohne Armut, ohne Gettos.
    Doch war so eine Welt überhaupt möglich?
    Ich drehte mich zur anderen Seite, starrte auf die bröckelige Wand und schloss meine Augen. Der Versuch zu schlafen war zum Scheitern verurteilt und dennoch versuchte ich es immer wieder.
     
     
     
     
    Ein rauschendes Geräusch riss mich aus dem Schlaf. Der Geruch von verbranntem Fleisch lag in der Luft. Ich musste würgen. Es war unerträglich.
    Ich wandte mich zu meiner Mutter herum, die bereits wach war und direkt vor mir stand. Sie sah aus dem Fenster heraus.
    „Sie sind wieder hier.“
    Ich wusste nicht, wovon sie sprach. Mühselig versuchte ich, ebenfalls aufzustehen. Das fehlende Essen machte mich schwach. Mit letzter Kraft zog ich mich am Fensterbrett nach oben und hier war der Geruch noch viel stärker, und es war warm.
    Das Rauschen war ein Flammenwerfer. Die Wärme seiner erbarmungslosen Flammen reichte bis zu uns herüber.
    Ein Mensch in einem merkwürdig aussehenden Anzug stand vor einem Haus und schien es abzubrennen. So etwas hatte ich noch nie direkt gesehen, aber ich wusste, dass es passierte.
    Direkt vor ihm lag ein brennender Mensch, und er war noch am Leben! Er stand lichterloh in Flammen, aber er windete sich am Boden. Doch der Mann im Anzug ignorierte ihn.
    „Helft… mir!“, drang es schwach an mein Ohr. War das der Mann? Er versuchte, über den Boden zu kriechen, er rollte sich auf dem Boden herum, um das Feuer irgendwie zu löschen. Doch es brannte einfach weiter.
    Das Haus, es war noch aus Holz gebaut worden, brannte ebenfalls lichterloh.
    So bekämpfen sie die Armut auch. Alles, was auch nur an Armut erinnern könnte, wurde verbrannt. So etwas taten sie vor allem dann, wenn man einer Familie die Kinder genommen hatte. Als wären sie nur dafür da gewesen, Kinder zu produzieren.
    Eine weitere Person, die ebenfalls in Flammen stand, kam aufrechten Ganges aus dem Haus he raus. Wie eine lebende Fackel lief sie langsam auf den Mann mit dem Flammenwerfer zu. Sie kam ihm gefährlich nah. Doch dann schlug er sie mit dem Kolben des Flammenwerfers zu Boden.
    Ein widerliches Geräusch. Ihr Schädel wurde s icher dabei gebrochen. Reglos lag sie am Boden. Ich glaube, es war eine Frau, möglicherweise die Mutter, die ich gestern noch flehend sah.
    Kurz sah ich zu meiner Mutter. Sie hatte Tränen in den Augen, doch sie weinte nicht wirklich.
    Instinktiv nahm ich sie in den Arm, doch sie stand weiterhin paralysiert da.
    „Uns wird das nicht passieren, versprochen!“
     
     
     
     
    Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen war, aber etwas später am Tag kam ein anderer Transporter an, ein lang ersehnter Transporter.
    Er sah weitaus weniger militärisch aus als der, der gestern noch die Kinder mitnahm.
    Es dauerte nur wenige Sekunden, dann hatten sich unzählige Menschen um diesen Wagen versammelt, sodass er nicht mehr weiterfahren konnte. Lediglich der Fahrer wurde noch raus- und durchgelassen.
    Die umstehenden Menschen sahen ihn hof fnungsvoll, erwartungsvoll an. Er hingegen lief seelenruhig am Wagen entlang, bis er dessen Heck erreichte und dort öffnete er eine Tür.
    Die Menschen drängten sich nun noch dichter an dem Wagen zusammen.
    Der Mann stieg auf die Ladefläche und nur wenige Sekunden

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